Stephan Schulte ist Geschäftsführer von Symrise Rogovo. 2011 startete das Holzmindener Unternehmen als erstes der Branche eine lokale Produktion in Russland. RI sprach mit ihm über aktuelle Wirtschaftstrends und die spannende Frage, wie sich unter der neuen Regierung das Investitionsklima entwickeln wird.
Symrise ist seit 1995 in Russland aktiv und hat im Sommer 2019 eine neue Produktionslinie für flüssige Geschmackstoffe im russischen Rogowo eröffnet. Entgegen dem allgemeinen Trend scheinen Sie von einer positiven Entwicklung der russischen Wirtschaft überzeugt zu sein?
Wir arbeiten zum Glück und in erster Linie in Russland mit der Lebensmittelindustrie– und gegessen wird immer, auch in Krisenzeiten. Unabhängig davon: Das Wachstumspotenzial ist da. Zudem sind wir mit einer starken Mannschaft vor Ort und sehr gut aufgestellt, dieses Potenzial auch zu nutzen. Es kommt hinzu, dass die Russen bei Lebensmitteln internationaler und damit anspruchsvoller werdenund zudem qualitätsbewusster. Das eröffnet zusätzliche Chancen. Und die russische Wirtschaft ist ja insgesamt einigermaßen stabil mit durchaus positiven Tendenzen, wenn man beispielsweise an die sehr erfolgreiche Geldpolitik denkt.
Derzeit ist ein Trend in Richtung „Made in Russia – Made for Russia“ zu beobachten. Wie bewerten Sie die zunehmende Importsubstitutionspolitik der russischen Regierung?
Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass Russland die eigene Industrie entwickeln will, auch die Agrar- und Lebensmittelindustrie. Es ist ja schwer vermittelbar, dass ein Land von dieser Größe und mit eigentlich hervorragenden Voraussetzungen in diesen Sektoren so stark vom Import abhängig war. Man darf aber die Kehrseite nicht vergessen: Autarkie um jeden Preis ist extrem teuer,undeine künstliche Reduzierung der Zahl von Anbietern führt zu deutlichen Preissteigerungen. Oder anders gesagt: Die Rechnung bei Lebensmitteln, für die die Russen Milliarden Euro pro Jahr zu vielausgeben, weil ein gesunder Wettbewerb fehlt oder eingeschränkt ist, zahlt das Volk.
Hat Symrise durch die Produktionserweiterungen auch andere GUS-Märkte im Blick? Wenn ja, in welche Richtung geht es?
Durchaus. Wir sind in Russland für die Eurasische Wirtschaftsunion gut positioniert und wollen künftig die Chancen, die ein Export bietet, besser nutzen. In Kasachstan sind wir bereits gut etabliert. Aber wir denken auch über die Grenzen der EAWU hinaus.
Russland ist im Doing Business Index 2020 der Weltbank in die Top 30 aufgestiegen. Wie würden Sie das Investitionsklima bewerten? Was glauben Sie, wie sich die Konsumgüter- und Pharmazeutische Industrie entwickeln werden?
Die Konsumgüter-und Pharmaindustrie werden sich positiv entwickeln, denn die Russen wollen ihr Leben genießen und sie haben recht damit.Wir sind stolz, dazu beitragen zu können.Aber viel hängt von dem zur Verfügung stehenden Einkommen der Bevölkerung ab– und das ist in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auf der anderen Seite helfen einem Unternehmen auch Subventionen und andere Vergünstigungen nicht, wenn der Business Case nicht stimmt. Wir haben unser Werk auf der grünen Wiese gebaut, vom Staat keine Hilfe in Anspruch genommen oder bekommen. Das war ein harter Lernprozess. Wesentlich für uns ist, dass Bürokratie und Korruption weiter reduziert werden, dass Behörden und die verschiedenen Kontrollorgane (Nadzory) uns nicht als Geldquelle für Strafzahlungen ansehen, sondern als Partner, um gemeinsam zukunftsfähige, ökologisch sichere Arbeitsplätze zu schaffen und sodie Wirtschaft weiter zu entwickeln.
Interview: Stephan Schulte
Stephan Schulte ist Geschäftsführer von Symrise Rogovo. 2011 startete das Holzmindener Unternehmen als erstes der Branche eine lokale Produktion in Russland. RI sprach mit ihm über aktuelle Wirtschaftstrends und die spannende Frage, wie sich unter der neuen Regierung das Investitionsklima entwickeln wird.
Symrise ist seit 1995 in Russland aktiv und hat im Sommer 2019 eine neue Produktionslinie für flüssige Geschmackstoffe im russischen Rogowo eröffnet. Entgegen dem allgemeinen Trend scheinen Sie von einer positiven Entwicklung der russischen Wirtschaft überzeugt zu sein?
Wir arbeiten zum Glück und in erster Linie in Russland mit der Lebensmittelindustrie– und gegessen wird immer, auch in Krisenzeiten. Unabhängig davon: Das Wachstumspotenzial ist da. Zudem sind wir mit einer starken Mannschaft vor Ort und sehr gut aufgestellt, dieses Potenzial auch zu nutzen. Es kommt hinzu, dass die Russen bei Lebensmitteln internationaler und damit anspruchsvoller werdenund zudem qualitätsbewusster. Das eröffnet zusätzliche Chancen. Und die russische Wirtschaft ist ja insgesamt einigermaßen stabil mit durchaus positiven Tendenzen, wenn man beispielsweise an die sehr erfolgreiche Geldpolitik denkt.
Derzeit ist ein Trend in Richtung „Made in Russia – Made for Russia“ zu beobachten. Wie bewerten Sie die zunehmende Importsubstitutionspolitik der russischen Regierung?
Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass Russland die eigene Industrie entwickeln will, auch die Agrar- und Lebensmittelindustrie. Es ist ja schwer vermittelbar, dass ein Land von dieser Größe und mit eigentlich hervorragenden Voraussetzungen in diesen Sektoren so stark vom Import abhängig war. Man darf aber die Kehrseite nicht vergessen: Autarkie um jeden Preis ist extrem teuer,undeine künstliche Reduzierung der Zahl von Anbietern führt zu deutlichen Preissteigerungen. Oder anders gesagt: Die Rechnung bei Lebensmitteln, für die die Russen Milliarden Euro pro Jahr zu vielausgeben, weil ein gesunder Wettbewerb fehlt oder eingeschränkt ist, zahlt das Volk.
Hat Symrise durch die Produktionserweiterungen auch andere GUS-Märkte im Blick? Wenn ja, in welche Richtung geht es?
Durchaus. Wir sind in Russland für die Eurasische Wirtschaftsunion gut positioniert und wollen künftig die Chancen, die ein Export bietet, besser nutzen. In Kasachstan sind wir bereits gut etabliert. Aber wir denken auch über die Grenzen der EAWU hinaus.
Russland ist im Doing Business Index 2020 der Weltbank in die Top 30 aufgestiegen. Wie würden Sie das Investitionsklima bewerten? Was glauben Sie, wie sich die Konsumgüter- und Pharmazeutische Industrie entwickeln werden?
Die Konsumgüter-und Pharmaindustrie werden sich positiv entwickeln, denn die Russen wollen ihr Leben genießen und sie haben recht damit.Wir sind stolz, dazu beitragen zu können.Aber viel hängt von dem zur Verfügung stehenden Einkommen der Bevölkerung ab– und das ist in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auf der anderen Seite helfen einem Unternehmen auch Subventionen und andere Vergünstigungen nicht, wenn der Business Case nicht stimmt. Wir haben unser Werk auf der grünen Wiese gebaut, vom Staat keine Hilfe in Anspruch genommen oder bekommen. Das war ein harter Lernprozess. Wesentlich für uns ist, dass Bürokratie und Korruption weiter reduziert werden, dass Behörden und die verschiedenen Kontrollorgane (Nadzory) uns nicht als Geldquelle für Strafzahlungen ansehen, sondern als Partner, um gemeinsam zukunftsfähige, ökologisch sichere Arbeitsplätze zu schaffen und sodie Wirtschaft weiter zu entwickeln.