PEKING. Kein konkretes Wachstumsziel für Chinas Wirtschaft in diesem Jahr, Milliardenausgaben zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie, ein neues – umstrittenes – Sicherheitsgesetz für die SVR Hongkong und die Verabschiedung des lange erwarteten Zivilgesetzbuches der VR China – das sind wichtige Eckpunkte der diesjährigen Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses, die vom 22. bis 28. Mai in Peking stattfand.
Mit Milliarden gegen Pandemie und Rezession Die durch Sars-CoV-2 verursachte Epidemie mit all ihren Folgen für die Wirtschaftstätigkeit wie Lockdown, zeitweiligen Betriebsschließungen und Reisebeschränkungen hat dazu geführt, dass Chinas Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal um 6,8 Prozent im Jahresvergleich geschrumpft ist. Vor diesem Hintergrund und angesichts der globalen Rezession und der damit einhergehenden Unwägbarkeiten wurden auf der diesjährigen NVK-Tagung nur allgemeine Ziele formuliert, und nicht wie sonst üblich ein konkretes Wachstumsziel für Chinas Wirtschaft definiert.
So will das Land an seinen Entwicklungszielen im Kampf gegen die Armut festhalten und den Aufbau einer in jeder Hinsicht mäßig wohlhabenden Gesellschaft in diesem Jahr vollenden. Priorität genießt dabei der Arbeitsmarkt: Um die Arbeitslosenquote in den Städten bei rund sechs Prozent zu halten, sollen mehr als neun Millionen neue Jobs geschaffen werden. Besondere Aufmerksamkeit erhalten in diesem Kontext Hochschulabsolventen, demobilisiertes Militärpersonal, Wanderarbeiter und im Arbeitsmarkt schwer zu vermittelnde Personen. Außerdem sollen in den kommenden zwei Jahren 35 Millionen berufliche Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden. Für die Armutsbekämpfung werden allein in diesem Jahr 146,1 Milliarden Yuan zur Verfügung gestellt (etwa 18,4 Milliarden Euro); es gilt den verbliebenen 5,51 Millionen Menschen, die Ende 2019 noch unter der Armutsgrenze lebten, ebenfalls eine Perspektive zu geben.
Um all diese Aufgaben stemmen zu können und um die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen plant China, sein Haushaltsdefizit auf über 3,6 Prozent des BIP zu erhöhen. Das bedeutet einen Anstieg des Defizits um eine Billion Yuan (rund 126 Milliarden Euro) im Vergleich zum Vorjahr. Außerdem sollen Staatsanleihen im Wert von einer Billion Yuan begeben werden, um so die weitere Eindämmung von COVID-19 zu finanzieren.
Unterstützung gibt es auch für Unternehmen in Abhängigkeit der Unternehmensgröße. Sie sollen um mehr als 2,5 Billionen Yuan entlastet werden. Neben der Senkung von Steuern und Abgaben – die über diesen Juni hinaus bis Ende 2020 verlängert wird (insgesamt 500 Milliarden Yuan), enthält das Paket Senkungen bei den von den Arbeitgebern zu zahlenden Sozialbeiträgen für die Beschäftigten, die ebenfalls bis zum Jahresende verlängert werden. Dazu kommen Mehrwertsteuersenkungen. Außerdem gilt die fünfprozentige Strompreissenkung für allgemeine Industrie- und Gewerbebetriebe nun ebenfalls bis Ende dieses Jahres. Die Tarife für Breitband- und bestimmte Internetzugangsdienste werden um durchschnittlich 15 Prozent gesenkt.
Verteidigungshaushalt wächst um 6,6 Prozent Eine andere Zahl, die im Umfeld der jährlichen NVK-Tagungen regelmäßig thematisiert wird, wurde dagegen bekanntgegeben. Chinas Verteidigungshaushalt soll in diesem Jahr um 6,6 Prozent wachsen und soll rund 1,27 Billionen Yuan (etwa 160 Milliarden Euro) betragen. Betont wurde, dass der Verteidigungshaushalt in diesem Jahr das fünfte Mal in Folge einstellig wachse, und dass es sich um die niedrigste Wachstumsrate der letzten Jahre handele.
Laut Angaben des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) lag China 2018 nach den USA auf Rang zwei der Liste der Länder mit den höchsten Ausgaben für militärische Zwecke, vor Saudi-Arabien, Indien, Frankreich und Russland. Für 2018 schätzte SIPRI Chinas Militärausgaben auf 250 Milliarden US-Dollar.
Weitere Öffnung versprochen Um für ausländische Investoren interessant zu bleiben, werde China seine Öffnung weiter vorantreiben, betonte Ministerpräsident Li Keqiang in der Eröffnungssitzung. Er stellte eine weitere deutliche Verkürzung der Negativliste für ausländische Investitionen in Aussicht sowie eine Negativliste für den grenzüberschreitenden Handel mit Dienstleistungen. Zudem kündigte er an, dass neue Pilot-Freihandelszonen und Zollfreilager in Zentral- und Westchina eingerichtet werden.
Chinas Führung ist davon überzeugt, auch diese Krise erfolgreich meistern zu können. „China sieht sich derzeit mit nie dagewesenen Risiken und Herausforderungen konfrontiert, und dieser Zustand wird auch noch einige Zeit anhalten“, so Li Keqiang zu den Delegierten. „Wir verfügen jedoch über einzigartige politische und institutionelle Stärken, eine robuste wirtschaftliche Basis, ein enormes Marktpotenzial sowie Hunderte Millionen Menschen, die klug sind und fleißig.“
Umstrittenes Sicherheitsgesetz Mit 2.878 Ja-Stimmen, sechs Enthaltungen und nur einer Gegenstimme sprachen sich die NVK-Delegierten so gut wie einstimmig für das neue Sicherheitsgesetz aus, das dem Basic Law der Sonderverwaltungsregion Hongkong als Anhang beigefügt werden soll, und sie beauftragten den Ständigen Ausschuss des Parlaments damit, das Gesetz auszuarbeiten und zu erlassen. Das Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong richtet sich gegen terroristische Aktivitäten und es stellt jede Art der Untergrabung der Staatsgewalt unter Strafe. Zudem ermöglicht es China in Hongkong eigene Sicherheitsbehörden einzusetzen.
Auf der nachfolgenden Pressekonferenz betonte Li Keqiang, Hongkongs Autonomie werde nicht angetastet. Das neue Sicherheitsgesetz stelle das Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ sicher und erlaube „Stabilität und Wohlstand für Hongkong“. Soweit die Ansage aus Peking, Kritiker sehen das jedoch anders und fürchten um Hongkongs Souveränität. Die Pläne der chinesischen Regierung stoßen auf Kritik, nicht nur bei den Anhängern der jungen Demokratiebewegung in Hongkong, sondern auch in der EU und insbesondere in den USA, die Hongkong den bisher gewährten Sonderstatus in Zollfragen nun aberkennen wollen.
Seit der Rückgabe an China im Jahr 1997 hätte die Sonderverwaltungsregion laut Artikel 23 ihrer Verfassung selbst ein Sicherheitsgesetz auf den Weg bringen können. Das war bisher – auch aufgrund von Protesten – nicht geschehen. Die chinesische Regierung wiederum hat die Möglichkeit, Gesetze über den Anhang der Hongkonger Verfassung in der SVR einzuführen und nutzt dies nun, um auf diese Art und Weise die Proteste in Hongkong unter Kontrolle zu bringen.
Zivilgesetzbuch verabschiedet Ein anderer, Jahrzehnte andauernder Gesetzgebungsprozess fand jedoch am 28. Mai sein lang ersehntes Ende. Die Delegierten der 3. Tagung des 13. Nationalen Volkskongress verabschiedeten das erste Zivilgesetzbuch der Volksrepublik China. Es umfasst sieben Bücher und weit mehr als tausend Artikel, die nicht nur die Rechte von Privatpersonen regeln, sondern auch die von Unternehmen. Mit dem Zivilgesetzbuch wurden bestehende Gesetze aktualisiert und zusammengefasst. Bislang bestehende Widersprüche wurden beseitigt.
Mehr zu Hongkong und seiner Integration in die Greater Bay Area erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe von ChinaContact.
Wie sich das Zivilgesetzbuch auf bestehende und künftige Verträge von in China tätigen ausländischen Unternehmen auswirkt, lesen Sie in einer der nächsten Ausgaben von ChinaContact.
Schwierige Lage: Mit Milliarden gegen Pandemiefolgen
PEKING. Kein konkretes Wachstumsziel für Chinas Wirtschaft in diesem Jahr, Milliardenausgaben zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie, ein neues – umstrittenes – Sicherheitsgesetz für die SVR Hongkong und die Verabschiedung des lange erwarteten Zivilgesetzbuches der VR China – das sind wichtige Eckpunkte der diesjährigen Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses, die vom 22. bis 28. Mai in Peking stattfand.
Mit Milliarden gegen Pandemie und Rezession
Die durch Sars-CoV-2 verursachte Epidemie mit all ihren Folgen für die Wirtschaftstätigkeit wie Lockdown, zeitweiligen Betriebsschließungen und Reisebeschränkungen hat dazu geführt, dass Chinas Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal um 6,8 Prozent im Jahresvergleich geschrumpft ist. Vor diesem Hintergrund und angesichts der globalen Rezession und der damit einhergehenden Unwägbarkeiten wurden auf der diesjährigen NVK-Tagung nur allgemeine Ziele formuliert, und nicht wie sonst üblich ein konkretes Wachstumsziel für Chinas Wirtschaft definiert.
So will das Land an seinen Entwicklungszielen im Kampf gegen die Armut festhalten und den Aufbau einer in jeder Hinsicht mäßig wohlhabenden Gesellschaft in diesem Jahr vollenden. Priorität genießt dabei der Arbeitsmarkt: Um die Arbeitslosenquote in den Städten bei rund sechs Prozent zu halten, sollen mehr als neun Millionen neue Jobs geschaffen werden. Besondere Aufmerksamkeit erhalten in diesem Kontext Hochschulabsolventen, demobilisiertes Militärpersonal, Wanderarbeiter und im Arbeitsmarkt schwer zu vermittelnde Personen. Außerdem sollen in den kommenden zwei Jahren 35 Millionen berufliche Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden. Für die Armutsbekämpfung werden allein in diesem Jahr 146,1 Milliarden Yuan zur Verfügung gestellt (etwa 18,4 Milliarden Euro); es gilt den verbliebenen 5,51 Millionen Menschen, die Ende 2019 noch unter der Armutsgrenze lebten, ebenfalls eine Perspektive zu geben.
Um all diese Aufgaben stemmen zu können und um die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen plant China, sein Haushaltsdefizit auf über 3,6 Prozent des BIP zu erhöhen. Das bedeutet einen Anstieg des Defizits um eine Billion Yuan (rund 126 Milliarden Euro) im Vergleich zum Vorjahr. Außerdem sollen Staatsanleihen im Wert von einer Billion Yuan begeben werden, um so die weitere Eindämmung von COVID-19 zu finanzieren.
Unterstützung gibt es auch für Unternehmen in Abhängigkeit der Unternehmensgröße. Sie sollen um mehr als 2,5 Billionen Yuan entlastet werden. Neben der Senkung von Steuern und Abgaben – die über diesen Juni hinaus bis Ende 2020 verlängert wird (insgesamt 500 Milliarden Yuan), enthält das Paket Senkungen bei den von den Arbeitgebern zu zahlenden Sozialbeiträgen für die Beschäftigten, die ebenfalls bis zum Jahresende verlängert werden. Dazu kommen Mehrwertsteuersenkungen. Außerdem gilt die fünfprozentige Strompreissenkung für allgemeine Industrie- und Gewerbebetriebe nun ebenfalls bis Ende dieses Jahres. Die Tarife für Breitband- und bestimmte Internetzugangsdienste werden um durchschnittlich 15 Prozent gesenkt.
Verteidigungshaushalt wächst um 6,6 Prozent
Eine andere Zahl, die im Umfeld der jährlichen NVK-Tagungen regelmäßig thematisiert wird, wurde dagegen bekanntgegeben. Chinas Verteidigungshaushalt soll in diesem Jahr um 6,6 Prozent wachsen und soll rund 1,27 Billionen Yuan (etwa 160 Milliarden Euro) betragen. Betont wurde, dass der Verteidigungshaushalt in diesem Jahr das fünfte Mal in Folge einstellig wachse, und dass es sich um die niedrigste Wachstumsrate der letzten Jahre handele.
Laut Angaben des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) lag China 2018 nach den USA auf Rang zwei der Liste der Länder mit den höchsten Ausgaben für militärische Zwecke, vor Saudi-Arabien, Indien, Frankreich und Russland. Für 2018 schätzte SIPRI Chinas Militärausgaben auf 250 Milliarden US-Dollar.
Weitere Öffnung versprochen
Um für ausländische Investoren interessant zu bleiben, werde China seine Öffnung weiter vorantreiben, betonte Ministerpräsident Li Keqiang in der Eröffnungssitzung. Er stellte eine weitere deutliche Verkürzung der Negativliste für ausländische Investitionen in Aussicht sowie eine Negativliste für den grenzüberschreitenden Handel mit Dienstleistungen. Zudem kündigte er an, dass neue Pilot-Freihandelszonen und Zollfreilager in Zentral- und Westchina eingerichtet werden.
Chinas Führung ist davon überzeugt, auch diese Krise erfolgreich meistern zu können. „China sieht sich derzeit mit nie dagewesenen Risiken und Herausforderungen konfrontiert, und dieser Zustand wird auch noch einige Zeit anhalten“, so Li Keqiang zu den Delegierten. „Wir verfügen jedoch über einzigartige politische und institutionelle Stärken, eine robuste wirtschaftliche Basis, ein enormes Marktpotenzial sowie Hunderte Millionen Menschen, die klug sind und fleißig.“
Umstrittenes Sicherheitsgesetz
Mit 2.878 Ja-Stimmen, sechs Enthaltungen und nur einer Gegenstimme sprachen sich die NVK-Delegierten so gut wie einstimmig für das neue Sicherheitsgesetz aus, das dem Basic Law der Sonderverwaltungsregion Hongkong als Anhang beigefügt werden soll, und sie beauftragten den Ständigen Ausschuss des Parlaments damit, das Gesetz auszuarbeiten und zu erlassen. Das Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong richtet sich gegen terroristische Aktivitäten und es stellt jede Art der Untergrabung der Staatsgewalt unter Strafe. Zudem ermöglicht es China in Hongkong eigene Sicherheitsbehörden einzusetzen.
Auf der nachfolgenden Pressekonferenz betonte Li Keqiang, Hongkongs Autonomie werde nicht angetastet. Das neue Sicherheitsgesetz stelle das Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ sicher und erlaube „Stabilität und Wohlstand für Hongkong“. Soweit die Ansage aus Peking, Kritiker sehen das jedoch anders und fürchten um Hongkongs Souveränität. Die Pläne der chinesischen Regierung stoßen auf Kritik, nicht nur bei den Anhängern der jungen Demokratiebewegung in Hongkong, sondern auch in der EU und insbesondere in den USA, die Hongkong den bisher gewährten Sonderstatus in Zollfragen nun aberkennen wollen.
Seit der Rückgabe an China im Jahr 1997 hätte die Sonderverwaltungsregion laut Artikel 23 ihrer Verfassung selbst ein Sicherheitsgesetz auf den Weg bringen können. Das war bisher – auch aufgrund von Protesten – nicht geschehen. Die chinesische Regierung wiederum hat die Möglichkeit, Gesetze über den Anhang der Hongkonger Verfassung in der SVR einzuführen und nutzt dies nun, um auf diese Art und Weise die Proteste in Hongkong unter Kontrolle zu bringen.
Zivilgesetzbuch verabschiedet
Ein anderer, Jahrzehnte andauernder Gesetzgebungsprozess fand jedoch am 28. Mai sein lang ersehntes Ende. Die Delegierten der 3. Tagung des 13. Nationalen Volkskongress verabschiedeten das erste Zivilgesetzbuch der Volksrepublik China. Es umfasst sieben Bücher und weit mehr als tausend Artikel, die nicht nur die Rechte von Privatpersonen regeln, sondern auch die von Unternehmen. Mit dem Zivilgesetzbuch wurden bestehende Gesetze aktualisiert und zusammengefasst. Bislang bestehende Widersprüche wurden beseitigt.
Mehr zu Hongkong und seiner Integration in die Greater Bay Area erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe von ChinaContact.
Wie sich das Zivilgesetzbuch auf bestehende und künftige Verträge von in China tätigen ausländischen Unternehmen auswirkt, lesen Sie in einer der nächsten Ausgaben von ChinaContact.