Ein neuer Stern an Chinas E-Commerce-Himmel erfüllt den Wunsch der User nach interaktiven Einkaufserlebnissen – und wer sich an Gruppeneinkäufen beteiligt, kann zudem noch Geld sparen.
Über lange Zeit hinweg waren die Rollen an Chinas E-Commerce-Markt klar verteilt: Von TMall über 1688.com bis hin zu Taobao schien Alibaba alle Wünsche der chinesischen Konsumenten zu befriedigen. Mit Pinduoduo (拼多多) ist Jack Mas Imperium jedoch inzwischen ein ernstzunehmender Konkurrent erwachsen. Die „Marktplatz-App“ bietet mit dem Gruppenkauf eine Dienstleistung an, die von Alibaba lange Zeit vernachlässigt worden war. Gerade in Coronazeiten sehnen sich viele Konsumenten nach der damit verbundenen Komponente des „Social Shopping“.
Pinduoduo wurde im September 2015 vom chinesischen Entrepreneur Huang Zheng (黄峥) gegründet. Mit einem Vermögen von 36,1 Milliarden US-Dollar (Stand: Juni 2020) gilt der Unternehmer laut Forbes als einer der reichsten Personen Chinas. Huang lebte nach seinem Studium für einige Jahre in den USA, wo er unter anderem für Google arbeitete.
Innerhalb kürzester Zeit verwandelte Huang Pinduoduo in einen der bedeutendsten Internetkonzerne Chinas. Mit über 585 Millionen aktiven Käufern (2019) ist Pinduoduo nach Alibaba unschlagbar Nummer zwei in Chinas hart umkämpften E-Commerce-Markt und übertraf dabei erstmals JD.com. Pro Tag wurden im vergangenen Jahr durchschnittlich 54 Millionen Warensendungen abgewickelt.
Erfolgreich mit interaktiven Einkaufserlebnissen Die Wachstumsdynamik von Pinduoduo ist selbst für chinesische Verhältnisse atemberaubend: Um auf 600 Millionen Nutzer zu kommen, benötigte Taobao zehn Jahre. Huangs Unternehmen gelang dies in weniger als fünf Jahren. Der Erfolg von Pinduoduo ist nur dadurch zu erklären, dass die Plattform, im Gegensatz zu suchbasierten Apps und Webseiten wie Taobao, TMall oder JD.com, eine völlige neue Art von interaktiven und sozialen Einkaufserlebnissen ermöglicht. Wer sich eine neue Jeans kauft, möchte sich meist gerne in einer Gruppe von Gleichgesinnten über deren Qualität austauschen, um Fehlentscheidungen zu vermeiden. Gleiches gilt für eine Vielzahl anderer Produkte.
Bis Anfang 2017 konzentrierte sich Pinduoduo hauptsächlich auf den Vertrieb von Fast Moving Consumer Goods. Die sogenannten „Schnelldreher“ kaufte das Unternehmen direkt von den Erzeugern. Danach entwickelte es sich rasch zu einem Onlinemarktplatz für Drittanbieter. Empfehlungsmarketing und „Social Shopping“ sind dabei wichtige Pfeiler der Erfolgsstrategie.
Gruppenkauf schafft massive Anreize Um Rabatte zu erhalten, müssen sich Käufer in Gruppen von mindestens zwei Personen zusammentun. Käufer können entweder eine Gruppe selbst eröffnen oder bestehenden Gruppen beitreten. Dies schafft einen Anreiz für Kunden, Produkte mit ihrem Netzwerk zu teilen, was wiederum zu einem höheren Verkaufsvolumen für Verkäufer führt und es ihnen ermöglicht, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis anzubieten.
Der Erfolg dieses Konzepts ist eng mit den Interaktionsmöglichkeiten verknüpft, die sich durch die Social-Media-Plattform WeChat ergeben. In WeChat-Gruppen teilen User Informationen zu den auf Pinduoduo gelisteten Produkten, geben Empfehlungen ab und suchen Personen mit gleichen Kaufabsichten. WeChat hat so dafür gesorgt, dass die Popularität von Pinduoduo innerhalb kürzester Zeit stark zugenommen hat.
Beim Surfen auf der Plattform werden Produkte, die WeChat-Freunde zuvor gekauft oder positiv bewertet haben, als solche gekennzeichnet. Außerdem gibt es Funktionen, mit denen Benutzer gegenseitig um Empfehlungen bitten und sich die Bewertungen ihrer Freunde anzeigen lassen können. Das Prinzip der Gruppenkäufe bietet gewaltige Vorteile: Erzeuger können besser kalkulieren, und Käufer erhalten Produkte zu deutlich vergünstigten Preisen.
Verkauf von Agrarprodukten wird revolutioniert Besonders bedeutsam ist das beim Vertrieb landwirtschaftlicher Produkten, da es hier von entscheidender Bedeutung ist, möglichst hohe Stückzahlen zu verkaufen, um gewinnbringend arbeiten zu können. Das durch Pinduoduo ins Leben gerufene Programm zur ländlichen Armutsbekämpfung Duo Duo Farm (多多农场) ist dabei, den Vertrieb landwirtschaftlicher Produkte zu revolutionieren.
In diesem Kontext führt Pinduoduo einwöchige Workshops durch, um Bauern zu zeigen, wie sie ihre Produkte über die App direkt an die Endkunden vermarkten können. In den Workshops geht es zudem um Buchhaltung, Onlinemarketing und Vertriebsprozesse, aber es gibt auch Ratschläge, wie Nutzer am besten investieren können. Ein wichtiges Anliegen von Pinduoduo ist es, junge Talente, die vor Jahren ihre Dörfer verlassen haben, wieder zurückzuholen und ihnen ein stabiles Auskommen zu sichern. Aufgrund ihrer besseren Ausbildung sind diese Personen meist technisch versierter und in der Lage, Produkte erfolgreicher zu vermarkten.
Weleda, Lamy und Birkenstock: DACH-Unternehmen auf Pinduoduo Die Unternehmensgruppe Weleda mit Sitz im schweizerischen Arlesheim ist bereits seit vielen Jahren in China aktiv. Mit seinen hochwertigen Naturprodukten begeistert der Hersteller vor allem Konsumenten aus den Städten der ersten und der zweiten Reihe. Auf dem Pinduoduo-Account von Weleda finden sich 29 verschiedene Einträge. Die mit Abstand beliebteste Marke ist die Calendula-Wundschutzcreme für Babys, die bis August 2020 fast 1.600-mal über Pinduoduo verkauft wurde. Danach kommen mit großem Abstand Produkte wie das Birke Cellulite-Öl sowie das Schwangerschafts-Pflegeöl.
So wie Weleda ist auch Birkenstock mit einem offiziellen Store vertreten. Auf der Plattform finden Internetnutzer 152 verschiedene Einträge – besonders beliebt die Klassiker Arizona Eva und Gizeh Eva. Der Schuh kostet auf Pinduoduo regulär 349 Yuan (42 Euro). Wer jedoch erfolgreich einen Gruppenkauf startet oder einer Gruppe von Käufern beitritt, bezahlt stattdessen nur noch 239 Yuan (29 Euro).
Auch andere deutsche Unternehmen sind mittlerweile mit einem Store auf Pinduoduo präsent. Dazu zählen zum Beispiel Bosch, aber auch der Schreibgerätehersteller Lamy, dessen Füllfederhalter sich auch über unternehmenseigene Accounts auf TMall und JD.com erwerben lassen.
Coronakrise beschleunigt „Social Shopping“ Die Covid-19-Pandemie hat die Expansion von Pinduoduo noch zusätzlich beflügelt, da die Ausgangsbeschränkungen auch in China zu einer weiteren Verlagerung vom stationären Einzelhandel hin zum E-Commerce geführt haben. Menschen, für die zuvor der Einkauf im Supermarkt auch aufgrund der sozialen Interaktion wichtig war, sahen sich auf einmal dazu gezwungen, auch Produkte des täglichen Bedarfs übers Internet zu bestellen. Durch den Lockdown und die teilweise noch geltenden Einschränkungen im Handel vermissen viele Kunden gerade den menschlichen Faktor. Hier schafft Pinduoduo gegenüber Alibaba und JD.com mit der Komponente des „Social Shopping“ Abhilfe.
In Gruppen finden User zusammen und können sich dort über ihre Vorlieben und Bedürfnisse austauschen oder die Kommunikation in andere Netzwerke wie zum Beispiel WeChat verlagern. Durch die Pandemie hervorgerufene wirtschaftliche Zwänge haben auch dazu geführt, dass User ein gesteigertes Interesse an Rabatten haben – und das wiederum beflügelt zusätzlich das Interesse am Geschäftsmodell von Pinduoduo.
Der Erfolg der Marktplatz-App in China macht es wahrscheinlich, dass künftig auch in anderen Teilen der Welt die Komponente des „Social Shopping“ beim E-Commerce eine wichtigere Rolle spielen wird.
„Social Shopping“ mit Pinduoduo
Ein neuer Stern an Chinas E-Commerce-Himmel erfüllt den Wunsch der User nach interaktiven Einkaufserlebnissen – und wer sich an Gruppeneinkäufen beteiligt, kann zudem noch Geld sparen.
Über lange Zeit hinweg waren die Rollen an Chinas E-Commerce-Markt klar verteilt: Von TMall über 1688.com bis hin zu Taobao schien Alibaba alle Wünsche der chinesischen Konsumenten zu befriedigen. Mit Pinduoduo (拼多多) ist Jack Mas Imperium jedoch inzwischen ein ernstzunehmender Konkurrent erwachsen. Die „Marktplatz-App“ bietet mit dem Gruppenkauf eine Dienstleistung an, die von Alibaba lange Zeit vernachlässigt worden war. Gerade in Coronazeiten sehnen sich viele Konsumenten nach der damit verbundenen Komponente des „Social Shopping“.
Pinduoduo wurde im September 2015 vom chinesischen Entrepreneur Huang Zheng (黄峥) gegründet. Mit einem Vermögen von 36,1 Milliarden US-Dollar (Stand: Juni 2020) gilt der Unternehmer laut Forbes als einer der reichsten Personen Chinas. Huang lebte nach seinem Studium für einige Jahre in den USA, wo er unter anderem für Google arbeitete.
Innerhalb kürzester Zeit verwandelte Huang Pinduoduo in einen der bedeutendsten Internetkonzerne Chinas. Mit über 585 Millionen aktiven Käufern (2019) ist Pinduoduo nach Alibaba unschlagbar Nummer zwei in Chinas hart umkämpften E-Commerce-Markt und übertraf dabei erstmals JD.com. Pro Tag wurden im vergangenen Jahr durchschnittlich 54 Millionen Warensendungen abgewickelt.
Erfolgreich mit interaktiven Einkaufserlebnissen
Die Wachstumsdynamik von Pinduoduo ist selbst für chinesische Verhältnisse atemberaubend: Um auf 600 Millionen Nutzer zu kommen, benötigte Taobao zehn Jahre. Huangs Unternehmen gelang dies in weniger als fünf Jahren. Der Erfolg von Pinduoduo ist nur dadurch zu erklären, dass die Plattform, im Gegensatz zu suchbasierten Apps und Webseiten wie Taobao, TMall oder JD.com, eine völlige neue Art von interaktiven und sozialen Einkaufserlebnissen ermöglicht. Wer sich eine neue Jeans kauft, möchte sich meist gerne in einer Gruppe von Gleichgesinnten über deren Qualität austauschen, um Fehlentscheidungen zu vermeiden. Gleiches gilt für eine Vielzahl anderer Produkte.
Bis Anfang 2017 konzentrierte sich Pinduoduo hauptsächlich auf den Vertrieb von Fast Moving Consumer Goods. Die sogenannten „Schnelldreher“ kaufte das Unternehmen direkt von den Erzeugern. Danach entwickelte es sich rasch zu einem Onlinemarktplatz für Drittanbieter. Empfehlungsmarketing und „Social Shopping“ sind dabei wichtige Pfeiler der Erfolgsstrategie.
Gruppenkauf schafft massive Anreize
Um Rabatte zu erhalten, müssen sich Käufer in Gruppen von mindestens zwei Personen zusammentun. Käufer können entweder eine Gruppe selbst eröffnen oder bestehenden Gruppen beitreten. Dies schafft einen Anreiz für Kunden, Produkte mit ihrem Netzwerk zu teilen, was wiederum zu einem höheren Verkaufsvolumen für Verkäufer führt und es ihnen ermöglicht, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis anzubieten.
Der Erfolg dieses Konzepts ist eng mit den Interaktionsmöglichkeiten verknüpft, die sich durch die Social-Media-Plattform WeChat ergeben. In WeChat-Gruppen teilen User Informationen zu den auf Pinduoduo gelisteten Produkten, geben Empfehlungen ab und suchen Personen mit gleichen Kaufabsichten. WeChat hat so dafür gesorgt, dass die Popularität von Pinduoduo innerhalb kürzester Zeit stark zugenommen hat.
Beim Surfen auf der Plattform werden Produkte, die WeChat-Freunde zuvor gekauft oder positiv bewertet haben, als solche gekennzeichnet. Außerdem gibt es Funktionen, mit denen Benutzer gegenseitig um Empfehlungen bitten und sich die Bewertungen ihrer Freunde anzeigen lassen können. Das Prinzip der Gruppenkäufe bietet gewaltige Vorteile: Erzeuger können besser kalkulieren, und Käufer erhalten Produkte zu deutlich vergünstigten Preisen.
Verkauf von Agrarprodukten wird revolutioniert
Besonders bedeutsam ist das beim Vertrieb landwirtschaftlicher Produkten, da es hier von entscheidender Bedeutung ist, möglichst hohe Stückzahlen zu verkaufen, um gewinnbringend arbeiten zu können. Das durch Pinduoduo ins Leben gerufene Programm zur ländlichen Armutsbekämpfung Duo Duo Farm (多多农场) ist dabei, den Vertrieb landwirtschaftlicher Produkte zu revolutionieren.
In diesem Kontext führt Pinduoduo einwöchige Workshops durch, um Bauern zu zeigen, wie sie ihre Produkte über die App direkt an die Endkunden vermarkten können. In den Workshops geht es zudem um Buchhaltung, Onlinemarketing und Vertriebsprozesse, aber es gibt auch Ratschläge, wie Nutzer am besten investieren können. Ein wichtiges Anliegen von Pinduoduo ist es, junge Talente, die vor Jahren ihre Dörfer verlassen haben, wieder zurückzuholen und ihnen ein stabiles Auskommen zu sichern. Aufgrund ihrer besseren Ausbildung sind diese Personen meist technisch versierter und in der Lage, Produkte erfolgreicher zu vermarkten.
Weleda, Lamy und Birkenstock: DACH-Unternehmen auf Pinduoduo
Die Unternehmensgruppe Weleda mit Sitz im schweizerischen Arlesheim ist bereits seit vielen Jahren in China aktiv. Mit seinen hochwertigen Naturprodukten begeistert der Hersteller vor allem Konsumenten aus den Städten der ersten und der zweiten Reihe. Auf dem Pinduoduo-Account von Weleda finden sich 29 verschiedene Einträge. Die mit Abstand beliebteste Marke ist die Calendula-Wundschutzcreme für Babys, die bis August 2020 fast 1.600-mal über Pinduoduo verkauft wurde. Danach kommen mit großem Abstand Produkte wie das Birke Cellulite-Öl sowie das Schwangerschafts-Pflegeöl.
So wie Weleda ist auch Birkenstock mit einem offiziellen Store vertreten. Auf der Plattform finden Internetnutzer 152 verschiedene Einträge – besonders beliebt die Klassiker Arizona Eva und Gizeh Eva. Der Schuh kostet auf Pinduoduo regulär 349 Yuan (42 Euro). Wer jedoch erfolgreich einen Gruppenkauf startet oder einer Gruppe von Käufern beitritt, bezahlt stattdessen nur noch 239 Yuan (29 Euro).
Auch andere deutsche Unternehmen sind mittlerweile mit einem Store auf Pinduoduo präsent. Dazu zählen zum Beispiel Bosch, aber auch der Schreibgerätehersteller Lamy, dessen Füllfederhalter sich auch über unternehmenseigene Accounts auf TMall und JD.com erwerben lassen.
Coronakrise beschleunigt „Social Shopping“
Die Covid-19-Pandemie hat die Expansion von Pinduoduo noch zusätzlich beflügelt, da die Ausgangsbeschränkungen auch in China zu einer weiteren Verlagerung vom stationären Einzelhandel hin zum E-Commerce geführt haben. Menschen, für die zuvor der Einkauf im Supermarkt auch aufgrund der sozialen Interaktion wichtig war, sahen sich auf einmal dazu gezwungen, auch Produkte des täglichen Bedarfs übers Internet zu bestellen. Durch den Lockdown und die teilweise noch geltenden Einschränkungen im Handel vermissen viele Kunden gerade den menschlichen Faktor. Hier schafft Pinduoduo gegenüber Alibaba und JD.com mit der Komponente des „Social Shopping“ Abhilfe.
In Gruppen finden User zusammen und können sich dort über ihre Vorlieben und Bedürfnisse austauschen oder die Kommunikation in andere Netzwerke wie zum Beispiel WeChat verlagern. Durch die Pandemie hervorgerufene wirtschaftliche Zwänge haben auch dazu geführt, dass User ein gesteigertes Interesse an Rabatten haben – und das wiederum beflügelt zusätzlich das Interesse am Geschäftsmodell von Pinduoduo.
Der Erfolg der Marktplatz-App in China macht es wahrscheinlich, dass künftig auch in anderen Teilen der Welt die Komponente des „Social Shopping“ beim E-Commerce eine wichtigere Rolle spielen wird.
Stephan Mayer
Dieser Beitrag ist in ChinaContact 4-2020 erschienen.