Der Chemielogistikkonzern aus Shanghai stärkt seine Marktposition durch Firmenübernahmen in einem schwierigen Umfeld. Während die globale Chemieindustrie schwächelt, kann Milkyway den Umsatz um ein Viertel steigern. Partner in Deutschland sind Gadot Germany und die Geis Gruppe.
Cremige Geburtstagstorten, bunte Luftballons und Gruppenfotos von gut gelaunten Mitarbeitenden ohne Masken – so inszenierte Milkyway Chemical Supply Chain Services Mitte Juli im Internet das 22. Firmenjubiläum. Klare Botschaft des Shanghaier Chemielogistikers mit über 2.300 Beschäftigten: Die Coronakrise ist überstanden, dem Unternehmen geht es prächtig, und die führende Marktposition in China wird weiter ausgebaut. Ray Lei, Verkaufsdirektor Übersee bei dem 1998 gegründeten Dienstleister, beobachtet aktuell eine beschleunigte Marktkonsolidierung. Seinen Angaben zufolge ist Milkyway mit einem Marktanteil von nur einem Prozent bei den Chemielogistikern in China führend und gewinnt täglich Marktanteile dazu. „Im ersten Halbjahr sind unsere Einnahmen um mehr als 33,5 Prozent gestiegen“, berichtet er. Für Januar bis Juni nennt er 1,49 Milliarden Yuan (181,38 Millionen Euro), für den Vergleichszeitraum 2019 umgerechnet 135,12 Millionen Euro (1,11 Milliarden Yuan).
Als im Januar die Coronawelle China überrollte, habe Milkyway frühzeitig Pläne zur Risikokontrolle aufgestellt, sagt Lei. Geholfen habe dabei die weltweit stark gewachsene Nachfrage nach Schutzmasken aus China. Diese werden beispielsweise aus Kunststoffen wie Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PE) hergestellt. Hinzu komme weiteres Schutzmaterial wie medizinische Handschuhe aus Polyvinylchlorid (PVC). „Im Juli haben wir per Luftfracht mehr als 20 Tonnen Masken nach Großbritannien gebracht und über 30 Tonnen Covid-19-Testkits nach Indonesien“, berichtet Lei.
Gleichzeitig schrumpfen die Gewinne in der Chemieindustrie, schon vor der Coronakrise gab es Bremsspuren. So berichtet Germany Trade & Invest in einem Branchenreport von „einem relativ schwierigen Jahr 2019 mit nur mäßigem Wachstum“. Milkyway hat Lei zufolge „weltweit stabile Aufträge“ von Großkunden in China wie BASF oder ExxonMobil. Aber die Kunden machten Druck, „dass wir Logistikunternehmen unsere Kosten verringern“. Milkyway hat einen Weg gefunden, wie das gelingen kann: „Wir wachsen sehr schnell, indem wir überall in China viele kleinere Unternehmen mit Chemietanklastzügen und eigenen Lagerhäusern kaufen“, erklärt der Manager. Durch ein immer engmaschigeres Netzwerk könne Milkyway dann bessere Preise anbieten. Das Logistikunternehmen ist seit 2018 an der Shanghaier Börse notiert, mit der chinesischen Risikokapitalbeteiligungsgesellschaft Legend Capital als Haupteigner.
In China betreibt Milkyway 350.000 Quadratmeter Lagerhausfläche. Die Dienstleistungen umfassen auch Auslieferung, intermodale Transporte auf der Wasserstraße/Schiene, Werkslogistik und seit Neuestem einen Gefahrgut- und Chemie-Express per Lkw. Milkyway verfügt über Gefahrgutzertifizierungen, während lokale Kleintransporteure an von der Regierung heraufgesetzten Sicherheits- und Umweltschutzauflagen scheitern. Außerhalb des Heimatmarktes ist der Chemielogistiker über Partner präsent – in der Asien-Pazifik-Region, Nordamerika und Europa. Generalagenten in Deutschland sind Gadot Germany (Gadot Group, Israel) und die Geis Gruppe, in den Niederlanden Jan de Rijk Logistics und Broekman Logistics.
China ist der mit Abstand weltgrößte Chemieproduzent, nach Angaben des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) in Frankfurt lag der chinesische Umsatz im vergangenen Jahr umgerechnet bei 1.400 Milliarden Euro. Das entspricht 40,6 Prozent des globalen Umsatzes der chemischen Industrie (zum Vergleich Deutschland: 4,3 Prozent). In der Quartalsanalyse von MERICS zur Konjunkturentwicklung in China erreichte die Auslastung der nationalen Chemieindustriekapazitäten Ende Juni fast drei Viertel des Vorkrisenniveaus. Und der VCI berichtet im „World Chemistry Report“, dass die Chemieproduktion in China im Juni 2020 um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zulegen konnte. Laut VCI investiert kein Land so viel in die Chemieindustrie wie China. Milkyway ist ein gutes Beispiel dafür.
Zukäufe im Inland, Partner im Ausland Anfang Juli verleibte sich Milkyway 100 Prozent der Anteile von Dazhengxin (Zhangjiagang) Logistics ein – und damit nicht nur eine Flotte für Container- und Schwerguttransporte, sondern auch wertvolle, langfristige Kundenbeziehungen vor allem zu japanischen und koreanischen Unternehmen. Filetstück ist der Firmensitz in Zhangjiagang bei Shanghai, das Gelände grenzt an eine Freihandelszone und umfasst Landnutzungsrechte für über 22 Hektar. Im „Jiangsu Yangtze River International Chemical Industrial Park“ von Zhangjiagang hat sich ein wichtiges Chemiecluster angesiedelt, darunter der US-Konzern DuPont de Nemours oder Wacker Chemie aus München, beides Milkyway-Kunden. Der Standort verfügt über einen Jangtse-Hafen für Import/Export und Distribution von Chemikalien.
Milkyway hat in Zhangjiagang vor Kurzem ein 8.000 Quadratmeter großes Klasse-A-/C-Warehouse in Betrieb genommen. Laut Lei ist dort „das erste intelligente, unbemannte Lager für gefährliche Chemikalien“ geplant; in Zukunft soll auf 40.666 Quadratmetern für unterschiedliche Kunden Gefahrgut gelagert und in Isotanks abgefüllt werden. Auch Dazhengxin habe kürzlich ein 20.000 Quadratmeter großes Lager der Klasse C hochgezogen, teilt Milkyway mit. Dieses unbemannte Lager solle aufgerüstet werden, um den Durchsatz des Schmalgassen-Regalsystems zu erhöhen. Doch alle Pläne liegen derzeit auf Eis – wegen Corona.
Die Pandemie ist weltweit noch lange nicht überwunden und verändert die globale Verbrauchsstruktur. Im Automobilsektor hätten Lieferanten von Kunststoffteilen ihre Produktion beispielsweise zurückgefahren, berichtet Lei: „Auf diesem Markt konnten wir bislang keinen Anstieg des Exportvolumens feststellen. Die Fabriken stehen noch immer unter dem Einfluss fehlender Aufträge.“ Lei geht auch davon aus, dass Chemieunternehmen ihre Produktion dezentralisieren und zurück nach Europa oder in die USA holen, um das Supply-Chain-Risiko zu verringern.
Zusätzliche Sorge: Vor Corona habe die globale Chemieindustrie im Jahr 2020 ein Wachstum von 2,8 Prozent erwartet, zwischenzeitlich wurde die Prognose auf plus 0,3 Prozent angepasst. So rechnet BASF nicht damit, dass der durch Corona verursachte Nachfragerückgang im Laufe des Jahres vollständig aufgeholt werden kann: „Eine schwächere Endnachfrage und Produktionsstillstände in den Abnehmerbranchen dürften das Chemiewachstum in China deutlich negativ beeinflussen.“
Doch Lei bleibt optimistisch: „Wir sind zuversichtlich, auch in diesem Jahr zu wachsen.“ Denn internationale Chemieriesen würden weiterhin in China investieren. Und Ende Juli erwarb Milkyway 80 Prozent der Anteile von Jiangsu Zhong Teng Bulk Cargo Transportation Co., Ltd. Das Unternehmen wickelt multimodale Transporte für Groß- und Sondergüter im Rahmen von Projekten im In- und Ausland ab. Durch den Zukauf kann Milkyway Chemiekunden jetzt auch Fabrikgebäude, Umzüge und Ausrüstungsbeschaffung anbieten. Künftig will der Logistiker eigene sogenannte Self-Propelled Modular Transporters (SPMTs) für punktgenaues Positionieren schwerster Lasten einsetzen. Zum nächsten Firmenjubiläum dürfte es dann noch mehr Torten und Ballons geben.
Milkyway: Wachsen mit cleveren Zukäufen
Der Chemielogistikkonzern aus Shanghai stärkt seine Marktposition durch Firmenübernahmen in einem schwierigen Umfeld. Während die globale Chemieindustrie schwächelt, kann Milkyway den Umsatz um ein Viertel steigern. Partner in Deutschland sind Gadot Germany und die Geis Gruppe.
Cremige Geburtstagstorten, bunte Luftballons und Gruppenfotos von gut gelaunten Mitarbeitenden ohne Masken – so inszenierte Milkyway Chemical Supply Chain Services Mitte Juli im Internet das 22. Firmenjubiläum. Klare Botschaft des Shanghaier Chemielogistikers mit über 2.300 Beschäftigten: Die Coronakrise ist überstanden, dem Unternehmen geht es prächtig, und die führende Marktposition in China wird weiter ausgebaut. Ray Lei, Verkaufsdirektor Übersee bei dem 1998 gegründeten Dienstleister, beobachtet aktuell eine beschleunigte Marktkonsolidierung. Seinen Angaben zufolge ist Milkyway mit einem Marktanteil von nur einem Prozent bei den Chemielogistikern in China führend und gewinnt täglich Marktanteile dazu. „Im ersten Halbjahr sind unsere Einnahmen um mehr als 33,5 Prozent gestiegen“, berichtet er. Für Januar bis Juni nennt er 1,49 Milliarden Yuan (181,38 Millionen Euro), für den Vergleichszeitraum 2019 umgerechnet 135,12 Millionen Euro (1,11 Milliarden Yuan).
Als im Januar die Coronawelle China überrollte, habe Milkyway frühzeitig Pläne zur Risikokontrolle aufgestellt, sagt Lei. Geholfen habe dabei die weltweit stark gewachsene Nachfrage nach Schutzmasken aus China. Diese werden beispielsweise aus Kunststoffen wie Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PE) hergestellt. Hinzu komme weiteres Schutzmaterial wie medizinische Handschuhe aus Polyvinylchlorid (PVC). „Im Juli haben wir per Luftfracht mehr als 20 Tonnen Masken nach Großbritannien gebracht und über 30 Tonnen Covid-19-Testkits nach Indonesien“, berichtet Lei.
Gleichzeitig schrumpfen die Gewinne in der Chemieindustrie, schon vor der Coronakrise gab es Bremsspuren. So berichtet Germany Trade & Invest in einem Branchenreport von „einem relativ schwierigen Jahr 2019 mit nur mäßigem Wachstum“. Milkyway hat Lei zufolge „weltweit stabile Aufträge“ von Großkunden in China wie BASF oder ExxonMobil. Aber die Kunden machten Druck, „dass wir Logistikunternehmen unsere Kosten verringern“. Milkyway hat einen Weg gefunden, wie das gelingen kann: „Wir wachsen sehr schnell, indem wir überall in China viele kleinere Unternehmen mit Chemietanklastzügen und eigenen Lagerhäusern kaufen“, erklärt der Manager. Durch ein immer engmaschigeres Netzwerk könne Milkyway dann bessere Preise anbieten. Das Logistikunternehmen ist seit 2018 an der Shanghaier Börse notiert, mit der chinesischen Risikokapitalbeteiligungsgesellschaft Legend Capital als Haupteigner.
In China betreibt Milkyway 350.000 Quadratmeter Lagerhausfläche. Die Dienstleistungen umfassen auch Auslieferung, intermodale Transporte auf der Wasserstraße/Schiene, Werkslogistik und seit Neuestem einen Gefahrgut- und Chemie-Express per Lkw. Milkyway verfügt über Gefahrgutzertifizierungen, während lokale Kleintransporteure an von der Regierung heraufgesetzten Sicherheits- und Umweltschutzauflagen scheitern. Außerhalb des Heimatmarktes ist der Chemielogistiker über Partner präsent – in der Asien-Pazifik-Region, Nordamerika und Europa. Generalagenten in Deutschland sind Gadot Germany (Gadot Group, Israel) und die Geis Gruppe, in den Niederlanden Jan de Rijk Logistics und Broekman Logistics.
China ist der mit Abstand weltgrößte Chemieproduzent, nach Angaben des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) in Frankfurt lag der chinesische Umsatz im vergangenen Jahr umgerechnet bei 1.400 Milliarden Euro. Das entspricht 40,6 Prozent des globalen Umsatzes der chemischen Industrie (zum Vergleich Deutschland: 4,3 Prozent). In der Quartalsanalyse von MERICS zur Konjunkturentwicklung in China erreichte die Auslastung der nationalen Chemieindustriekapazitäten Ende Juni fast drei Viertel des Vorkrisenniveaus. Und der VCI berichtet im „World Chemistry Report“, dass die Chemieproduktion in China im Juni 2020 um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zulegen konnte. Laut VCI investiert kein Land so viel in die Chemieindustrie wie China. Milkyway ist ein gutes Beispiel dafür.
Zukäufe im Inland, Partner im Ausland
Anfang Juli verleibte sich Milkyway 100 Prozent der Anteile von Dazhengxin (Zhangjiagang) Logistics ein – und damit nicht nur eine Flotte für Container- und Schwerguttransporte, sondern auch wertvolle, langfristige Kundenbeziehungen vor allem zu japanischen und koreanischen Unternehmen. Filetstück ist der Firmensitz in Zhangjiagang bei Shanghai, das Gelände grenzt an eine Freihandelszone und umfasst Landnutzungsrechte für über 22 Hektar. Im „Jiangsu Yangtze River International Chemical Industrial Park“ von Zhangjiagang hat sich ein wichtiges Chemiecluster angesiedelt, darunter der US-Konzern DuPont de Nemours oder Wacker Chemie aus München, beides Milkyway-Kunden. Der Standort verfügt über einen Jangtse-Hafen für Import/Export und Distribution von Chemikalien.
Milkyway hat in Zhangjiagang vor Kurzem ein 8.000 Quadratmeter großes Klasse-A-/C-Warehouse in Betrieb genommen. Laut Lei ist dort „das erste intelligente, unbemannte Lager für gefährliche Chemikalien“ geplant; in Zukunft soll auf 40.666 Quadratmetern für unterschiedliche Kunden Gefahrgut gelagert und in Isotanks abgefüllt werden. Auch Dazhengxin habe kürzlich ein 20.000 Quadratmeter großes Lager der Klasse C hochgezogen, teilt Milkyway mit. Dieses unbemannte Lager solle aufgerüstet werden, um den Durchsatz des Schmalgassen-Regalsystems zu erhöhen. Doch alle Pläne liegen derzeit auf Eis – wegen Corona.
Die Pandemie ist weltweit noch lange nicht überwunden und verändert die globale Verbrauchsstruktur. Im Automobilsektor hätten Lieferanten von Kunststoffteilen ihre Produktion beispielsweise zurückgefahren, berichtet Lei: „Auf diesem Markt konnten wir bislang keinen Anstieg des Exportvolumens feststellen. Die Fabriken stehen noch immer unter dem Einfluss fehlender Aufträge.“ Lei geht auch davon aus, dass Chemieunternehmen ihre Produktion dezentralisieren und zurück nach Europa oder in die USA holen, um das Supply-Chain-Risiko zu verringern.
Zusätzliche Sorge: Vor Corona habe die globale Chemieindustrie im Jahr 2020 ein Wachstum von 2,8 Prozent erwartet, zwischenzeitlich wurde die Prognose auf plus 0,3 Prozent angepasst. So rechnet BASF nicht damit, dass der durch Corona verursachte Nachfragerückgang im Laufe des Jahres vollständig aufgeholt werden kann: „Eine schwächere Endnachfrage und Produktionsstillstände in den Abnehmerbranchen dürften das Chemiewachstum in China deutlich negativ beeinflussen.“
Doch Lei bleibt optimistisch: „Wir sind zuversichtlich, auch in diesem Jahr zu wachsen.“ Denn internationale Chemieriesen würden weiterhin in China investieren. Und Ende Juli erwarb Milkyway 80 Prozent der Anteile von Jiangsu Zhong Teng Bulk Cargo Transportation Co., Ltd. Das Unternehmen wickelt multimodale Transporte für Groß- und Sondergüter im Rahmen von Projekten im In- und Ausland ab. Durch den Zukauf kann Milkyway Chemiekunden jetzt auch Fabrikgebäude, Umzüge und Ausrüstungsbeschaffung anbieten. Künftig will der Logistiker eigene sogenannte Self-Propelled Modular Transporters (SPMTs) für punktgenaues Positionieren schwerster Lasten einsetzen.
Zum nächsten Firmenjubiläum dürfte es dann noch mehr Torten und Ballons geben.
Kerstin Kloss
Dieser Beitrag ist in ChinaContact 4-2020 erschienen.