Das Unternehmen ClearOps bietet intelligente digitale Dealer-Management-Systeme in der Maschinenindustrie an. Wir sprechen mit CEO William Barkawi über die Vorteile dieser Lösung und den russischen IT-Markt.
Herr Barkawi, Sie haben bereits im Alter von 16 Jahren Ihr erstes Start-up gegründet. Was war das?
Es ging um eine Jobbörse für Studenten und Schüler. Der Hintergrund war, dass ich mich damals nach einem kleinen Nebenverdienst umgeschaut hatte, aber einerseits etwas Sinnstiftendes schaffen wollte und andererseits keinerlei Lust verspürte, ewig lange herum zu recherchieren. Daraus entstand die Idee einer Plattform, in der sich Arbeitgeber und -nehmer möglichst einfach suchen und finden können. Diese habe ich dann schließlich auch umgesetzt. Mit dem Beginn meines Studiums konzentrierte ich mich dann allerdings zunehmend auf Projekte im Bereich Supply Chain Management.
Wie kamen Sie auf die Idee mit ClearOps? Haben Sie damit eine Nische gefunden oder gibt es Konkurrenz?
Der Ursprung von ClearOps lag in einem Beratungsprojekt mit einem großen Landmaschinenhersteller, der international tätig ist. Ein grundsätzliches Problem der gesamten Maschinenindustrie war und ist die Stillstandszeit von Maschinen. Wenn eine Maschine stillsteht, dann wird das schnell unheimlich teuer. Die Herausforderung ist also sicherzustellen, dass das richtige Teil zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung gestellt wird.
Was die Konkurrenz angeht, so gibt es sie in jedem Bereich. Aber da wir mittlerweile nicht nur im Part- und Inventarmanagement tätig sind, sondern auch im Service-Management, IoT- (Internet der Dinge, Anm. d. Red.) sowie Governance- und Analytik-Module anbieten, gibt es derzeit tatsächlich keine Konkurrenten, die diese Bandbreite an Dienstleistungen so ausgereift aus einer Hand anbieten.
Erklären Sie uns bitte in aller Kürze die Vorteile Ihrer Lösung.
In der Maschinenindustrie gibt es einen typischen Aufbau: Es gibt einen Hersteller, der sich auf die Produktion von Maschinen und Ersatzteilen konzentriert. Den Vertrieb übernehmen allerdings oft Händler, die teilweise zum Hersteller gehören, aber oftmals unabhängig sind. Und schließlich gibt es den Endkunden mit seiner Maschine. Alle arbeiten in der Regel in unterschiedlichen Systemen und keiner weiß deshalb, was bei dem anderen so genau passiert und benötigt wird. Hier kommen wir ins Spiel: Wir sind eine Art Add-on auf die bestehende Systeminfrastruktur und verbinden alle Systeme miteinander auf einer Plattform. Auf dieser Plattform kann man anschließend unterschiedliche Micro-Services aktivieren, etwa das Inventarmanagement, in welchem wir versuchen, die Nachfrage zu antizipieren und vorherzusehen, wann genau welches Produkt oder Teil in welcher Menge benötigt wird. Einen zweiten großen Bereich stellt das Service Management dar, in welchem wir Techniker, egal ob in der Werkstatt oder „On-Field“, über eine App aussteuern und die benötigten Teile rechtzeitig zur Verfügung stellen. Den zukunftsträchtigsten Pfeiler stellt IoT dar: Wir verbinden uns dabei mit der Maschine selbst und versuchen alle Daten, die uns diese zur Verfügung stellt, zu analysieren, Verhaltensmuster zu erkennen und somit Probleme proaktiv zu vermeiden. Im Normalfall resultiert daraus ein erheblicher Umsatzanstieg, weil die Teilverfügbarkeit und die Service Levels hochgehen, die Kunden sind zufrieden und es kommt netzwerkweit zu großen Zeitersparnissen durch die Automatisierung von vielen Planungs- und Workflow-Prozessen.
Neben der Zentrale in München betreiben Sie auch Niederlassungen in San José (Costa Rica) und dem russischen Sankt Petersburg. Wie kamen Sie auf Russland?
Grundsätzlich bietet Russland hoch qualifizierte und disziplinierte Ingenieure. Zurzeit wird zudem sehr viel in die Ausbildung von Ingenieuren investiert, was ein gutes Angebot an hoch qualifizierten Software-Architekten zur Folge hat. Und auch in der Pandemie hat sich Russland sehr bewährt, weil wir gesehen haben, dass das ganze Thema Remote-Arbeit sehr gut funktioniert. Wir konnten keine Effizienzeinbußen in diesem Zusammenhang feststellen. Aktuell haben wir ein Team von 13 Software-Ingenieuren, Customer-Support-Mitarbeitern und Planern in Sankt Petersburg im Einsatz.
Welche Kunden haben Sie vor Ort? Oder arbeiten Sie aus Russland heraus für westliche Unternehmen?
Wir haben international agierende Kunden, die aber natürlich auch mit ihren Netzwerken in Russland Projekte betreiben. Allerdings haben wir aktuell keinen Maschinenbauer, der konkret aus Russland kommt. Das muss aber in der Zukunft nicht so bleiben. Wir würden sehr gerne auch in den russischen und generell östlichen Raum expandieren. Westliche als auch östliche Firmen haben die gleichen Probleme, hier müssen wir ansetzen.
Was sind die Vorteile und Herausforderungen in Russland und was unterscheidet die Geschäftssituation dort von Deutschland?
Eine Herausforderung ist das Management. In Russland gibt es zwar sehr disziplinierte und gut ausgebildete Spezialisten, aber die klassischen Management-Skills sind im Vergleich zum Westen noch nicht sehr stark ausgeprägt. Hinzu kommt die gesamte Mentalität, die sich in vielen Punkten von der deutschen unterscheidet. Aber wenn man sich erst darauf eingestellt hat, dann ist das auch kein großes Problem. Wir haben in Russland ein ganz tolles Team gefunden, das extrem gut miteinander zusammenarbeiten kann. Dies zeigt, dass alle Herausforderungen lösbar sind.
Greifen Sie auf lokale Dienstleister zurück und wenn ja für welche Tätigkeiten?
Wir haben unterschiedliche Dienstleister, wobei es einmal um HR und Recruiting geht und zum anderen um administrative Dinge – also alles rund um das Thema Legal- und Tax Consulting.
Russland hat sich die Digitalisierung der heimischen Industrie auf die Fahnen geschrieben und will dafür eine Menge Geld in die Hand nehmen. Wie ernst nehmen Sie die Initiative?
Sehr ernst. Wir sehen gerade im internationalen Wettstreit um die Führerschaft im Technologiebereich, dass man mitziehen muss, um nicht abgehängt zu werden. China presst massiv vor in Sachen Telekommunikation, was die Grundlage für das Thema Industrie 4.0 darstellt. Die USA sind im Bereich KI-gesteuerter Systeme weit vorne. In Russland gibt es noch viele Baustellen, aber auch Möglichkeiten und Fortschritte. Angefangen beim Thema E-Government, wo es die ersten vielversprechenden Erfolge gibt. Ein anderes Beispiel ist der Wandel Moskaus zu einer Smart City, was vor dem Hintergrund der Größe der Stadt ein wirkliches Mammutprojekt ist. Auch bei der Digitalisierung des Verkehrs- und Energiesektors bewegt sich in Russland einiges. Letztens wurde zum Beispiel ein neues Satelliten-Navigationssystem auf den Weg gebracht, welches die Grundlage für autonomes Fahren bildet.
Was dagegen noch eine Baustelle ist, ist die Digitalisierung der Verwaltung. Diese ist in Russland oftmals noch sehr analog. Eine sehr interessante Herausforderung wird dabei nicht nur die Digitalisierung von Prozessen innerhalb einer Region werden. Die wahre Herausforderung liegt dann sogar im Zweifel bei der flächendeckenden Vereinheitlichung digitalisierter Prozesse auf ein und demselben System, ähnlich wie es ClearOps für gesamte Netzwerke in der Maschinenindustrie macht.
Die Fragen stellte Frank Ebbecke und Dimitri Kling.
Interview: „Westliche und östliche Firmen haben die gleichen Probleme“
Das Unternehmen ClearOps bietet intelligente digitale Dealer-Management-Systeme in der Maschinenindustrie an. Wir sprechen mit CEO William Barkawi über die Vorteile dieser Lösung und den russischen IT-Markt.
Herr Barkawi, Sie haben bereits im Alter von 16 Jahren Ihr erstes Start-up gegründet. Was war das?
Es ging um eine Jobbörse für Studenten und Schüler. Der Hintergrund war, dass ich mich damals nach einem kleinen Nebenverdienst umgeschaut hatte, aber einerseits etwas Sinnstiftendes schaffen wollte und andererseits keinerlei Lust verspürte, ewig lange herum zu recherchieren. Daraus entstand die Idee einer Plattform, in der sich Arbeitgeber und -nehmer möglichst einfach suchen und finden können. Diese habe ich dann schließlich auch umgesetzt. Mit dem Beginn meines Studiums konzentrierte ich mich dann allerdings zunehmend auf Projekte im Bereich Supply Chain Management.
Wie kamen Sie auf die Idee mit ClearOps? Haben Sie damit eine Nische gefunden oder gibt es Konkurrenz?
Der Ursprung von ClearOps lag in einem Beratungsprojekt mit einem großen Landmaschinenhersteller, der international tätig ist. Ein grundsätzliches Problem der gesamten Maschinenindustrie war und ist die Stillstandszeit von Maschinen. Wenn eine Maschine stillsteht, dann wird das schnell unheimlich teuer. Die Herausforderung ist also sicherzustellen, dass das richtige Teil zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung gestellt wird.
Was die Konkurrenz angeht, so gibt es sie in jedem Bereich. Aber da wir mittlerweile nicht nur im Part- und Inventarmanagement tätig sind, sondern auch im Service-Management, IoT- (Internet der Dinge, Anm. d. Red.) sowie Governance- und Analytik-Module anbieten, gibt es derzeit tatsächlich keine Konkurrenten, die diese Bandbreite an Dienstleistungen so ausgereift aus einer Hand anbieten.
Erklären Sie uns bitte in aller Kürze die Vorteile Ihrer Lösung.
In der Maschinenindustrie gibt es einen typischen Aufbau: Es gibt einen Hersteller, der sich auf die Produktion von Maschinen und Ersatzteilen konzentriert. Den Vertrieb übernehmen allerdings oft Händler, die teilweise zum Hersteller gehören, aber oftmals unabhängig sind. Und schließlich gibt es den Endkunden mit seiner Maschine. Alle arbeiten in der Regel in unterschiedlichen Systemen und keiner weiß deshalb, was bei dem anderen so genau passiert und benötigt wird. Hier kommen wir ins Spiel: Wir sind eine Art Add-on auf die bestehende Systeminfrastruktur und verbinden alle Systeme miteinander auf einer Plattform. Auf dieser Plattform kann man anschließend unterschiedliche Micro-Services aktivieren, etwa das Inventarmanagement, in welchem wir versuchen, die Nachfrage zu antizipieren und vorherzusehen, wann genau welches Produkt oder Teil in welcher Menge benötigt wird. Einen zweiten großen Bereich stellt das Service Management dar, in welchem wir Techniker, egal ob in der Werkstatt oder „On-Field“, über eine App aussteuern und die benötigten Teile rechtzeitig zur Verfügung stellen. Den zukunftsträchtigsten Pfeiler stellt IoT dar: Wir verbinden uns dabei mit der Maschine selbst und versuchen alle Daten, die uns diese zur Verfügung stellt, zu analysieren, Verhaltensmuster zu erkennen und somit Probleme proaktiv zu vermeiden. Im Normalfall resultiert daraus ein erheblicher Umsatzanstieg, weil die Teilverfügbarkeit und die Service Levels hochgehen, die Kunden sind zufrieden und es kommt netzwerkweit zu großen Zeitersparnissen durch die Automatisierung von vielen Planungs- und Workflow-Prozessen.
Neben der Zentrale in München betreiben Sie auch Niederlassungen in San José (Costa Rica) und dem russischen Sankt Petersburg. Wie kamen Sie auf Russland?
Grundsätzlich bietet Russland hoch qualifizierte und disziplinierte Ingenieure. Zurzeit wird zudem sehr viel in die Ausbildung von Ingenieuren investiert, was ein gutes Angebot an hoch qualifizierten Software-Architekten zur Folge hat. Und auch in der Pandemie hat sich Russland sehr bewährt, weil wir gesehen haben, dass das ganze Thema Remote-Arbeit sehr gut funktioniert. Wir konnten keine Effizienzeinbußen in diesem Zusammenhang feststellen. Aktuell haben wir ein Team von 13 Software-Ingenieuren, Customer-Support-Mitarbeitern und Planern in Sankt Petersburg im Einsatz.
Welche Kunden haben Sie vor Ort? Oder arbeiten Sie aus Russland heraus für westliche Unternehmen?
Wir haben international agierende Kunden, die aber natürlich auch mit ihren Netzwerken in Russland Projekte betreiben. Allerdings haben wir aktuell keinen Maschinenbauer, der konkret aus Russland kommt. Das muss aber in der Zukunft nicht so bleiben. Wir würden sehr gerne auch in den russischen und generell östlichen Raum expandieren. Westliche als auch östliche Firmen haben die gleichen Probleme, hier müssen wir ansetzen.
Was sind die Vorteile und Herausforderungen in Russland und was unterscheidet die Geschäftssituation dort von Deutschland?
Eine Herausforderung ist das Management. In Russland gibt es zwar sehr disziplinierte und gut ausgebildete Spezialisten, aber die klassischen Management-Skills sind im Vergleich zum Westen noch nicht sehr stark ausgeprägt. Hinzu kommt die gesamte Mentalität, die sich in vielen Punkten von der deutschen unterscheidet. Aber wenn man sich erst darauf eingestellt hat, dann ist das auch kein großes Problem. Wir haben in Russland ein ganz tolles Team gefunden, das extrem gut miteinander zusammenarbeiten kann. Dies zeigt, dass alle Herausforderungen lösbar sind.
Greifen Sie auf lokale Dienstleister zurück und wenn ja für welche Tätigkeiten?
Wir haben unterschiedliche Dienstleister, wobei es einmal um HR und Recruiting geht und zum anderen um administrative Dinge – also alles rund um das Thema Legal- und Tax Consulting.
Russland hat sich die Digitalisierung der heimischen Industrie auf die Fahnen geschrieben und will dafür eine Menge Geld in die Hand nehmen. Wie ernst nehmen Sie die Initiative?
Sehr ernst. Wir sehen gerade im internationalen Wettstreit um die Führerschaft im Technologiebereich, dass man mitziehen muss, um nicht abgehängt zu werden. China presst massiv vor in Sachen Telekommunikation, was die Grundlage für das Thema Industrie 4.0 darstellt. Die USA sind im Bereich KI-gesteuerter Systeme weit vorne. In Russland gibt es noch viele Baustellen, aber auch Möglichkeiten und Fortschritte. Angefangen beim Thema E-Government, wo es die ersten vielversprechenden Erfolge gibt. Ein anderes Beispiel ist der Wandel Moskaus zu einer Smart City, was vor dem Hintergrund der Größe der Stadt ein wirkliches Mammutprojekt ist. Auch bei der Digitalisierung des Verkehrs- und Energiesektors bewegt sich in Russland einiges. Letztens wurde zum Beispiel ein neues Satelliten-Navigationssystem auf den Weg gebracht, welches die Grundlage für autonomes Fahren bildet.
Was dagegen noch eine Baustelle ist, ist die Digitalisierung der Verwaltung. Diese ist in Russland oftmals noch sehr analog. Eine sehr interessante Herausforderung wird dabei nicht nur die Digitalisierung von Prozessen innerhalb einer Region werden. Die wahre Herausforderung liegt dann sogar im Zweifel bei der flächendeckenden Vereinheitlichung digitalisierter Prozesse auf ein und demselben System, ähnlich wie es ClearOps für gesamte Netzwerke in der Maschinenindustrie macht.
Die Fragen stellte Frank Ebbecke und Dimitri Kling.