Am 1. Januar übernahm Polen turnusgemäß von Ungarn den rotierenden EU-Ratsvorsitz. Nach den sechsmonatigen Kapriolen des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán sehnen sich viele EU-Länder nach Normalität. Alle sechs Monate wechselt der Vorsitz der europäischen Ministertreffen zwischen den 27 Mitgliedsländern, schreibt die „AFP“. Guntram Wolff von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel rechnet hierbei mit einem „großen Unterschied“ durch Polen. Er verweist darauf, dass Ungarn die Mehrheit der Mitgliedsländer „stark irritiert“ habe. Deshalb blieben auch deutsche Ministerinnen und Minister Treffen in Ungarn zum Teil fern. „Make Europe Great Again“ – Macht Europa wieder groß! Unter dieses Motto hatte Orbán den ungarischen Ratsvorsitz des Landes gestellt. Eine Anlehnung an den Slogan „Make America Great Again“ von Donald Trump. Orbán ist nicht nur eingefleischter Trump-Fan, sondern in der EU auch einer der größten Anhänger von Kreml-Chef Wladimir Putin. Er verärgerte die Partner monatelang mit unangekündigten Treffen mit Putin, Trump und anderen im Rahmen einer selbst ernannten „Friedensmission“ für die Ukraine. Polens Regierungschef Donald Tusk gilt dagegen als Pro-Europäer. Er war bis 2019 Präsident des Europäischen Rates und leitete in dieser Funktion die Gipfel der Staats- und Regierungschefs. Anders als Ungarn will Polen zudem im ersten Halbjahr wieder klare Kante gegen Putin zeigen. Die polnische EU-Botschafterin Agnieszka Bartol kündigte ein 16. Sanktionspaket gegen Russland an. Laut Diplomaten soll es kurz vor dem dritten Jahrestag der russischen Vollinvasion in der Ukraine am 24. Februar beschlossen werden. Zudem wolle Polen mit dazu beitragen, einen neuen Zollstreit mit Trump abzuwenden. Ziel sei „kein Handelskrieg, sondern gute Handelsbeziehungen“ zu den USA, betonte Bartol. Allerdings startet Polen mit einem Handicap in den Ratsvorsitz: Voraussichtlich im Mai wählt das Land einen Nachfolger für Präsident Andrzej Duda. Dieser steht der früheren Regierungspartei PiS nahe, ist ein Rivale von Tusk und kann nach zwei Amtszeiten nicht wieder antreten. Manche Diplomaten fürchten, der Wahlkampf könne die Ratspräsidentschaft überschatten, wie es bereits bei Frankreichs Ratsvorsitz im ersten Halbjahr 2022 der Fall war. Keine Fortschritte werden zudem bei zwei Schlüsseldossiers erwartet: Polen lehnt wie Ungarn den EU-Asylpakt ab, den die Mitgliedsländer bis 2026 in nationales Recht umsetzen sollen. Warschau kritisiert unter anderem den Solidaritätsmechanismus zur Umverteilung von Geflüchteten aus Italien oder Griechenland. Polen hat fast eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen und sieht sich überlastet – auch wenn zahlreiche Flüchtlinge inzwischen nach Deutschland und anderswo weitergereist oder auch in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Außerdem ist Polen inzwischen stark abhängig vom Beitrag ukrainischer Menschen zum einheimischen Arbeitsmarkt. Kritisch sieht Polen zudem das EU-Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten Südamerikas. Das Agrarland Polen fürchtet ebenso wie Frankreich Einbußen für seine Bauern durch billigere Rindfleisch- und Geflügelimporte aus Argentinien oder Brasilien. Um die Bedeutung der Landwirtschaft zu unterstreichen, hat Warschau sogar eine „offizielle Frucht“ für seinen Ratsvorsitz bestimmt: Den polnischen Apfel. Dieser gilt als Exportschlager des Landes.
OID+: Europa atmet auf: Polen übernimmt EU-Ratsvorsitz
Am 1. Januar übernahm Polen turnusgemäß von Ungarn den rotierenden EU-Ratsvorsitz. Nach den sechsmonatigen Kapriolen des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán sehnen sich viele EU-Länder nach Normalität. Alle sechs Monate wechselt der Vorsitz der europäischen Ministertreffen zwischen den 27 Mitgliedsländern, schreibt die „AFP“.
Guntram Wolff von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel rechnet hierbei mit einem „großen Unterschied“ durch Polen. Er verweist darauf, dass Ungarn die Mehrheit der Mitgliedsländer „stark irritiert“ habe. Deshalb blieben auch deutsche Ministerinnen und Minister Treffen in Ungarn zum Teil fern.
„Make Europe Great Again“ – Macht Europa wieder groß! Unter dieses Motto hatte Orbán den ungarischen Ratsvorsitz des Landes gestellt. Eine Anlehnung an den Slogan „Make America Great Again“ von Donald Trump. Orbán ist nicht nur eingefleischter Trump-Fan, sondern in der EU auch einer der größten Anhänger von Kreml-Chef Wladimir Putin. Er verärgerte die Partner monatelang mit unangekündigten Treffen mit Putin, Trump und anderen im Rahmen einer selbst ernannten „Friedensmission“ für die Ukraine.
Polens Regierungschef Donald Tusk gilt dagegen als Pro-Europäer. Er war bis 2019 Präsident des Europäischen Rates und leitete in dieser Funktion die Gipfel der Staats- und Regierungschefs.
Anders als Ungarn will Polen zudem im ersten Halbjahr wieder klare Kante gegen Putin zeigen. Die polnische EU-Botschafterin Agnieszka Bartol kündigte ein 16. Sanktionspaket gegen Russland an. Laut Diplomaten soll es kurz vor dem dritten Jahrestag der russischen Vollinvasion in der Ukraine am 24. Februar beschlossen werden.
Zudem wolle Polen mit dazu beitragen, einen neuen Zollstreit mit Trump abzuwenden. Ziel sei „kein Handelskrieg, sondern gute Handelsbeziehungen“ zu den USA, betonte Bartol.
Allerdings startet Polen mit einem Handicap in den Ratsvorsitz: Voraussichtlich im Mai wählt das Land einen Nachfolger für Präsident Andrzej Duda. Dieser steht der früheren Regierungspartei PiS nahe, ist ein Rivale von Tusk und kann nach zwei Amtszeiten nicht wieder antreten. Manche Diplomaten fürchten, der Wahlkampf könne die Ratspräsidentschaft überschatten, wie es bereits bei Frankreichs Ratsvorsitz im ersten Halbjahr 2022 der Fall war.
Keine Fortschritte werden zudem bei zwei Schlüsseldossiers erwartet: Polen lehnt wie Ungarn den EU-Asylpakt ab, den die Mitgliedsländer bis 2026 in nationales Recht umsetzen sollen. Warschau kritisiert unter anderem den Solidaritätsmechanismus zur Umverteilung von Geflüchteten aus Italien oder Griechenland. Polen hat fast eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen und sieht sich überlastet – auch wenn zahlreiche Flüchtlinge inzwischen nach Deutschland und anderswo weitergereist oder auch in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Außerdem ist Polen inzwischen stark abhängig vom Beitrag ukrainischer Menschen zum einheimischen Arbeitsmarkt.
Kritisch sieht Polen zudem das EU-Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten Südamerikas. Das Agrarland Polen fürchtet ebenso wie Frankreich Einbußen für seine Bauern durch billigere Rindfleisch- und Geflügelimporte aus Argentinien oder Brasilien.
Um die Bedeutung der Landwirtschaft zu unterstreichen, hat Warschau sogar eine „offizielle Frucht“ für seinen Ratsvorsitz bestimmt: Den polnischen Apfel. Dieser gilt als Exportschlager des Landes.