Der russische Filterhersteller Fingo plant einen großflächigen Eintritt in den EU-Markt. Schon heute liegt der Exportanteil des Unternehmens bei 15 Prozent.
Im Jahr 1944 wurde in der UdSSR in der Oblast Jaroslawl eine Produktionsstätte für Gasreinigungsanlagen gegründet. Diese Anlage ist noch heute in Betrieb, gehört aber mittlerweile zu Fingo Complex, Russlands führendem Hersteller von Elektro- und Schlauchfiltern.
Nachdem man in den letzten mehr als 70 Jahren überwiegend auf dem heimischen Markt aktiv war, hat Fingo in den letzten drei Jahren nicht nur seine Produktionsleistung ausgebaut, sondern auch die Anzahl der Exportdestinationen deutlich erweitert. Mittlerweile werden die Produkte des Unternehmens an Kunden in mehr als fünfzig Ländern geliefert. Der Anteil an Exporten ist dadurch auf 15 Prozent angestiegen.
Dies soll aber nur der Anfang sein. Fingo will sich zukünftig noch internationaler positionieren und nimmt dabei vor allem den EU-Markt ins Visier. Um nicht ins kalte Wasser springen zu müssen, ordnete die Unternehmensführung zuvor eine umfassende Studie der Marktsituation im Bereich der Elektro- und Schlauchfilter an. Diese Marktstudie bestätigte die Hypothese, wonach der europäische Markt ein Ersatzteilmarkt ist, da in fast allen EU-Ländern bereits moderne Gasreinigungsanlagen installiert sind. Dennoch ist die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Filtern durchaus vorhanden. Viele europäische Unternehmen führen derzeit große Umweltprojekte zur Modernisierung bestehender und zum Bau neuer Industrieanlagen in Entwicklungsländern durch. Dies betrifft insbesondere die petrochemische Industrie, die Metallurgie sowie die Bergbau- und Zementindustrie.
Mission und Entwicklungsstrategie
Zudem hat man bei Fingo festgestellt, dass die Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Unternehmen auf dem europäischen Markt schwächer wird: Produkte aus dem Reich der Mitte werden zunehmend teurer und es gibt immer mehr Fragen bezüglich der Qualität. Für russische Hersteller bietet sich deshalb jetzt die Chance, die konstant wachsende Nachfrage durch die Herstellung hochwertiger Produkte mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis zu befriedigen.
In der Praxis ist der Ausbau des Exports nach Europa jedoch mit diversen Schwierigkeiten verbunden und erfordert eine Vielzahl an strategischen, wirtschaftlichen und unternehmerischen Entscheidungen. Hier wäre zunächst die große Anzahl an Konkurrenten zu nennen, die sich bereits positioniert haben. Allein um zu diesen Unternehmen aufschließen zu können, musste Fingo seine Produktion und die technologischen Prozesse modernisieren und die Qualität der produzierten Gasreinigungsanlagen an die europäischen Qualitätsstandards anpassen. „Die Modernisierung unseres Werks stand ganz oben auf der Liste unserer strategischen Prioritäten. Nur durch einen umfassenden Modernisierungsansatz konnten wir ein neues Niveau in der Ausstattung und Organisation der Produktion erreichen und dadurch europäische Qualitätsanforderungen sicherstellen“, blickt Produktionsleiter Alexander Pavlov auf den Transformationsprozess der vergangenen Jahre zurück.
Die Anstrengungen haben sich gelohnt. Mittlerweile ist Fingo der einzige russische Hersteller von Gasreinigungsanlagen, der durch den TÜV Rheinland zertifiziert wurde. Die Zertifikate EN 1090 und EN ISO 3834-2: 2005 bestätigen, dass die Metallprodukte des Unternehmens den Anforderungen der EU entsprechen und ermöglichen Fingo die Teilnahme an EU-Ausschreibungen. Auch deshalb sieht das Unternehmen seine Rolle auf den europäischen und anderen internationalen Märkten zukünftig nicht nur als reiner Lieferant von Filtern und Ersatzteilen, sondern auch als Auftraggeber für Maschinenbaufirmen.
Transformation und Ausweg aus der Krise
Trotz starker Globalisierungstendenzen in den vergangenen Jahren hat man bei Fingo im Rahmen der Marktanalyse mit Ernüchterung feststellen müssen, dass die westlichen Kunden in ihrem Verhalten nach wie vor stark vom Konservatismus geprägt sind. Europäische Unternehmen sind es gewohnt, jahrelang mit denselben Partnern zusammenzuarbeiten, weshalb es für neue Unternehmen sehr schwer ist, auf die Liste der Lieferanten zu kommen. Ein logischer Schritt von Fingo war deshalb eine radikale Änderung der Preispolitik und der Neupositionierung im Segment eines Low-Cost-Herstellers. „Ein hervorragendes Beispiel für den Erfolg eines solchen Geschäftsmodells ist die Lieferung von Filtern für die chemische Produktion nach Estland. Bei einer Ausschreibung haben wir dem Kunden einen Preis angeboten, der 40 Prozent unter dem unserer europäischen Wettbewerber lag und dennoch die erforderliche Qualität und den erforderlichen Reinigungsgrad gewährleisten konnte“, sagt Dmitry Zemlyakov, Handelsdirektor des Unternehmens.
Ein weiterer Vorteil, den Fingo seinen Kunden anbietet, ist die Möglichkeit zum Abschluss sogenannter Postpaid-Lieferverträge oder das Vorhandensein einer Bankbürgschaft von einer Staatsbank für die Ausführung des Vertrags. Diese Instrumente sind nötig, um das erforderliche Produktionswachstum aufrechtzuerhalten und die kommerzielle Attraktivität von Produkten zu erhöhen, ist man sich im Unternehmen sicher. Parallel dazu treibt Fingo zudem die Modernisierung seiner Personal- und Managementstruktur voran. Dazu gehören Mitarbeiterschulungen, Audits und Personalprüfungen. Auch das Beherrschen der englischen Sprache seitens der Mitarbeiter ist dem Unternehmen sehr wichtig – schließlich muss der Kontakt zu bestehenden und potenziellen Partnern auf allen Ebenen der Kooperation jederzeit sichergestellt sein. Allerdings wird diese Modernisierungsoffensive durch den Mangel an qualifiziertem Personal auf dem russischen Markt gebremst. In Russland gebe es praktisch keine Spezialisten, die Exportprojekte leiten könnten, heißt es bei Fingo. Diesem Problem will man mit intensiven Mitarbeiterschulungen begegnen.
Lokalisierung Insights: „Made in Russia“ für den europäischen Markt
Der russische Filterhersteller Fingo plant einen großflächigen Eintritt in den EU-Markt. Schon heute liegt der Exportanteil des Unternehmens bei 15 Prozent.
Im Jahr 1944 wurde in der UdSSR in der Oblast Jaroslawl eine Produktionsstätte für Gasreinigungsanlagen gegründet. Diese Anlage ist noch heute in Betrieb, gehört aber mittlerweile zu Fingo Complex, Russlands führendem Hersteller von Elektro- und Schlauchfiltern.
Nachdem man in den letzten mehr als 70 Jahren überwiegend auf dem heimischen Markt aktiv war, hat Fingo in den letzten drei Jahren nicht nur seine Produktionsleistung ausgebaut, sondern auch die Anzahl der Exportdestinationen deutlich erweitert. Mittlerweile werden die Produkte des Unternehmens an Kunden in mehr als fünfzig Ländern geliefert. Der Anteil an Exporten ist dadurch auf 15 Prozent angestiegen.
Dies soll aber nur der Anfang sein. Fingo will sich zukünftig noch internationaler positionieren und nimmt dabei vor allem den EU-Markt ins Visier. Um nicht ins kalte Wasser springen zu müssen, ordnete die Unternehmensführung zuvor eine umfassende Studie der Marktsituation im Bereich der Elektro- und Schlauchfilter an. Diese Marktstudie bestätigte die Hypothese, wonach der europäische Markt ein Ersatzteilmarkt ist, da in fast allen EU-Ländern bereits moderne Gasreinigungsanlagen installiert sind. Dennoch ist die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Filtern durchaus vorhanden. Viele europäische Unternehmen führen derzeit große Umweltprojekte zur Modernisierung bestehender und zum Bau neuer Industrieanlagen in Entwicklungsländern durch. Dies betrifft insbesondere die petrochemische Industrie, die Metallurgie sowie die Bergbau- und Zementindustrie.
Mission und Entwicklungsstrategie
Zudem hat man bei Fingo festgestellt, dass die Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Unternehmen auf dem europäischen Markt schwächer wird: Produkte aus dem Reich der Mitte werden zunehmend teurer und es gibt immer mehr Fragen bezüglich der Qualität. Für russische Hersteller bietet sich deshalb jetzt die Chance, die konstant wachsende Nachfrage durch die Herstellung hochwertiger Produkte mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis zu befriedigen.
In der Praxis ist der Ausbau des Exports nach Europa jedoch mit diversen Schwierigkeiten verbunden und erfordert eine Vielzahl an strategischen, wirtschaftlichen und unternehmerischen Entscheidungen. Hier wäre zunächst die große Anzahl an Konkurrenten zu nennen, die sich bereits positioniert haben. Allein um zu diesen Unternehmen aufschließen zu können, musste Fingo seine Produktion und die technologischen Prozesse modernisieren und die Qualität der produzierten Gasreinigungsanlagen an die europäischen Qualitätsstandards anpassen. „Die Modernisierung unseres Werks stand ganz oben auf der Liste unserer strategischen Prioritäten. Nur durch einen umfassenden Modernisierungsansatz konnten wir ein neues Niveau in der Ausstattung und Organisation der Produktion erreichen und dadurch europäische Qualitätsanforderungen sicherstellen“, blickt Produktionsleiter Alexander Pavlov auf den Transformationsprozess der vergangenen Jahre zurück.
Die Anstrengungen haben sich gelohnt. Mittlerweile ist Fingo der einzige russische Hersteller von Gasreinigungsanlagen, der durch den TÜV Rheinland zertifiziert wurde. Die Zertifikate EN 1090 und EN ISO 3834-2: 2005 bestätigen, dass die Metallprodukte des Unternehmens den Anforderungen der EU entsprechen und ermöglichen Fingo die Teilnahme an EU-Ausschreibungen. Auch deshalb sieht das Unternehmen seine Rolle auf den europäischen und anderen internationalen Märkten zukünftig nicht nur als reiner Lieferant von Filtern und Ersatzteilen, sondern auch als Auftraggeber für Maschinenbaufirmen.
Transformation und Ausweg aus der Krise
Trotz starker Globalisierungstendenzen in den vergangenen Jahren hat man bei Fingo im Rahmen der Marktanalyse mit Ernüchterung feststellen müssen, dass die westlichen Kunden in ihrem Verhalten nach wie vor stark vom Konservatismus geprägt sind. Europäische Unternehmen sind es gewohnt, jahrelang mit denselben Partnern zusammenzuarbeiten, weshalb es für neue Unternehmen sehr schwer ist, auf die Liste der Lieferanten zu kommen. Ein logischer Schritt von Fingo war deshalb eine radikale Änderung der Preispolitik und der Neupositionierung im Segment eines Low-Cost-Herstellers. „Ein hervorragendes Beispiel für den Erfolg eines solchen Geschäftsmodells ist die Lieferung von Filtern für die chemische Produktion nach Estland. Bei einer Ausschreibung haben wir dem Kunden einen Preis angeboten, der 40 Prozent unter dem unserer europäischen Wettbewerber lag und dennoch die erforderliche Qualität und den erforderlichen Reinigungsgrad gewährleisten konnte“, sagt Dmitry Zemlyakov, Handelsdirektor des Unternehmens.
Ein weiterer Vorteil, den Fingo seinen Kunden anbietet, ist die Möglichkeit zum Abschluss sogenannter Postpaid-Lieferverträge oder das Vorhandensein einer Bankbürgschaft von einer Staatsbank für die Ausführung des Vertrags. Diese Instrumente sind nötig, um das erforderliche Produktionswachstum aufrechtzuerhalten und die kommerzielle Attraktivität von Produkten zu erhöhen, ist man sich im Unternehmen sicher. Parallel dazu treibt Fingo zudem die Modernisierung seiner Personal- und Managementstruktur voran. Dazu gehören Mitarbeiterschulungen, Audits und Personalprüfungen. Auch das Beherrschen der englischen Sprache seitens der Mitarbeiter ist dem Unternehmen sehr wichtig – schließlich muss der Kontakt zu bestehenden und potenziellen Partnern auf allen Ebenen der Kooperation jederzeit sichergestellt sein. Allerdings wird diese Modernisierungsoffensive durch den Mangel an qualifiziertem Personal auf dem russischen Markt gebremst. In Russland gebe es praktisch keine Spezialisten, die Exportprojekte leiten könnten, heißt es bei Fingo. Diesem Problem will man mit intensiven Mitarbeiterschulungen begegnen.
Anna Ogarysheva