Usbekistan will die regionale Zusammenarbeit und den Ausbau neuer Transportkorridore fördern, um das ungenutzte Handelspotenzial in der Region besser zu nutzen.
Einleitung eines Öffnungsprozesses
Schawkat Mirsijojew ist seit Ende 2016 Präsident Usbekistans, nachdem er zuvor rund 13 Jahre lang als Regierungschef unter dem damaligen Staatsoberhaupt Islam Karimow in führender Position tätig war. Sein mittlerweile verstorbener Vorgänger hatte Usbekistan ein Vierteljahrhundert praktisch vollständig von der Außenwelt abgeschottet. Unter ihm blieb die strenge Kontrolle des Staates über alles und jeden, einschließlich der Wirtschaft, weitestgehend bestehen – ganz nach sowjetischer Tradition. Karimow fürchtete sich vor allem vor Unruhen und Instabilität – und ausländischen Einfluss, sei es durch Islamisten, Amerikaner, Chinesen oder Russen. Selbst die Beziehungen zu den direkten Nachbarn blieben in seiner Amtszeit auf ein Minimum begrenzt.
Dies hat sich mittlerweile geändert. Schawkat Mirsijojew begann mit der Übernahme der Macht sofort, das Land zu öffnen – vorsichtig, aber konsequent. Mittlerweile hat Taschkent einen Beobachterstatus in der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) inne und zieht durchaus erfolgreich ausländische Investitionen an. Das alles kommt natürlich nicht von ungefähr: Zwar ist das industrielle Potenzial aus der Sowjetzeit während Karimows Regierungszeit weitgehend verloren gegangen, aber die usbekische Wirtschaft befindet sich dennoch im Aufwärtstrend. Das Potenzial ist riesig und beschränkt sich nicht nur auf die traditionell starken Sektoren wie Landwirtschaft und Textilindustrie. Auch die geografische Lage des Landes zwischen China im Osten und Russland im Westen ist ein großer Vorteil. Um das Potenzial auszuschöpfen ist es allerdings notwendig, weiter Investitionen für die Modernisierung von Wirtschaft und Infrastruktur anzuziehen. Dazu muss sich das Land noch weiter öffnen und die regionale wirtschaftliche Zusammenarbeit besser entwickeln.
Konkrete Initiativen
Genau in diese Kerbe schlug der usbekische Präsident auf der Konferenz in Taschkent. Unter anderem schlug Mirsijojew vor, ein multilaterales Abkommen über die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Zentral- und Südasien zu unterzeichnen und ein jährliches interregionales Forum zu veranstalten, um dringende Fragen der Erweiterung der wirtschaftlichen Agenda der Zusammenarbeit, der Vertiefung der Kooperation und der Investitionsinteraktion zwischen den Ländern zu diskutieren.
Weiterhin sollen wirksame Maßnahmen für den freien Verkehr von Investitionen, Waren und Dienstleistungen sowie die Schaffung eines fortschrittlichen Systems für die Verkehrs- und Energieinfrastruktur umgesetzt werden. Als ein konkretes Beispiel nannte der usbekische Staatschef u. a. die Fertigstellung der Eisenbahnstrecke Termez-Mazar-i-Sharif-Kabul-Peshawar. Diese werde das Transitpotenzial der beiden Regionen voll ausschöpfen und den Zeit- und Kostenaufwand für den Gütertransport zwischen Südasien und Europa über Zentralasien und die GUS erheblich verringern, so der Präsident. Insgesamt soll mit der Inbetriebnahme dieser grenzüberschreitenden Eisenbahnstrecke eine leistungsfähige Plattform für eine integrative wirtschaftliche Entwicklung in Zentral- und Südasien geschaffen werden. Zudem hätte das Projekt des transafghanischen Eisenbahnkorridors das Potenzial, Zentral- und Südasien mit China und anderen Staaten des asiatisch-pazifischen Raum zu verbinden.
Mirsijojews Initiativen rufen international positive Reaktionen hervor. So lobte Josep Borrell, Hoher Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, in seiner Rede auf der Konferenz den usbekischen Vorstoß und appellierte an den neuen Geist der regionalen Zusammenarbeit in der Region: „Die Verbindung Zentralasiens mit neuen Handelsrouten durch Südasien ist eine echte Chance zur Umgestaltung – sowohl in wirtschaftlicher als auch in politischer Hinsicht“.
Mit den vorgeschlagenen großen Infrastrukturprojekten will Mirsijojew gemeinsam mit Partnern in Zentral- und Südasien auch zur Befriedung seines südlichen Nachbarlands Afghanistans beitragen. In diesem Zusammenhang warf der russische Außenminister Sergej Lawrow am Rande der Konferenz den USA und der NATO vor, mit einem „hastigen Abzug“ eine „schnelle Verschlechterung der Lage in Afghanistan in den vergangenen Tagen“ mitverursacht zu haben. „Es gibt reale Gefahren eines Übergreifens der Instabilität auf benachbarte Länder“, sagte der russische Politiker in Taschkent.
Insgesamt verdeutlichte diese hochrangige Konferenz die Bereitschaft Usbekistans, enge regionale und interregionale Beziehungen in jeder Hinsicht zu fördern, den multilateralen Dialog zu verstärken und die zentralen Fragen der Gegenwart konstruktiv und zukunftsorientiert zu gestalten. Bleibt zu hoffen, dass es aus Theorie bald Realität wird.
Dimitri Kling
Diese Berichterstattung erfolgt im Rahmen einer Pressereise auf Einladung der usbekischen Botschaft in Berlin
EAWU Insights: Konferenz in Taschkent – Vernetzung von Zentral- und Südasien
Usbekistan will die regionale Zusammenarbeit und den Ausbau neuer Transportkorridore fördern, um das ungenutzte Handelspotenzial in der Region besser zu nutzen.
Einleitung eines Öffnungsprozesses
Schawkat Mirsijojew ist seit Ende 2016 Präsident Usbekistans, nachdem er zuvor rund 13 Jahre lang als Regierungschef unter dem damaligen Staatsoberhaupt Islam Karimow in führender Position tätig war. Sein mittlerweile verstorbener Vorgänger hatte Usbekistan ein Vierteljahrhundert praktisch vollständig von der Außenwelt abgeschottet. Unter ihm blieb die strenge Kontrolle des Staates über alles und jeden, einschließlich der Wirtschaft, weitestgehend bestehen – ganz nach sowjetischer Tradition. Karimow fürchtete sich vor allem vor Unruhen und Instabilität – und ausländischen Einfluss, sei es durch Islamisten, Amerikaner, Chinesen oder Russen. Selbst die Beziehungen zu den direkten Nachbarn blieben in seiner Amtszeit auf ein Minimum begrenzt.
Dies hat sich mittlerweile geändert. Schawkat Mirsijojew begann mit der Übernahme der Macht sofort, das Land zu öffnen – vorsichtig, aber konsequent. Mittlerweile hat Taschkent einen Beobachterstatus in der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) inne und zieht durchaus erfolgreich ausländische Investitionen an. Das alles kommt natürlich nicht von ungefähr: Zwar ist das industrielle Potenzial aus der Sowjetzeit während Karimows Regierungszeit weitgehend verloren gegangen, aber die usbekische Wirtschaft befindet sich dennoch im Aufwärtstrend. Das Potenzial ist riesig und beschränkt sich nicht nur auf die traditionell starken Sektoren wie Landwirtschaft und Textilindustrie. Auch die geografische Lage des Landes zwischen China im Osten und Russland im Westen ist ein großer Vorteil. Um das Potenzial auszuschöpfen ist es allerdings notwendig, weiter Investitionen für die Modernisierung von Wirtschaft und Infrastruktur anzuziehen. Dazu muss sich das Land noch weiter öffnen und die regionale wirtschaftliche Zusammenarbeit besser entwickeln.
Konkrete Initiativen
Genau in diese Kerbe schlug der usbekische Präsident auf der Konferenz in Taschkent. Unter anderem schlug Mirsijojew vor, ein multilaterales Abkommen über die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Zentral- und Südasien zu unterzeichnen und ein jährliches interregionales Forum zu veranstalten, um dringende Fragen der Erweiterung der wirtschaftlichen Agenda der Zusammenarbeit, der Vertiefung der Kooperation und der Investitionsinteraktion zwischen den Ländern zu diskutieren.
Weiterhin sollen wirksame Maßnahmen für den freien Verkehr von Investitionen, Waren und Dienstleistungen sowie die Schaffung eines fortschrittlichen Systems für die Verkehrs- und Energieinfrastruktur umgesetzt werden. Als ein konkretes Beispiel nannte der usbekische Staatschef u. a. die Fertigstellung der Eisenbahnstrecke Termez-Mazar-i-Sharif-Kabul-Peshawar. Diese werde das Transitpotenzial der beiden Regionen voll ausschöpfen und den Zeit- und Kostenaufwand für den Gütertransport zwischen Südasien und Europa über Zentralasien und die GUS erheblich verringern, so der Präsident. Insgesamt soll mit der Inbetriebnahme dieser grenzüberschreitenden Eisenbahnstrecke eine leistungsfähige Plattform für eine integrative wirtschaftliche Entwicklung in Zentral- und Südasien geschaffen werden. Zudem hätte das Projekt des transafghanischen Eisenbahnkorridors das Potenzial, Zentral- und Südasien mit China und anderen Staaten des asiatisch-pazifischen Raum zu verbinden.
Mirsijojews Initiativen rufen international positive Reaktionen hervor. So lobte Josep Borrell, Hoher Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, in seiner Rede auf der Konferenz den usbekischen Vorstoß und appellierte an den neuen Geist der regionalen Zusammenarbeit in der Region: „Die Verbindung Zentralasiens mit neuen Handelsrouten durch Südasien ist eine echte Chance zur Umgestaltung – sowohl in wirtschaftlicher als auch in politischer Hinsicht“.
Mit den vorgeschlagenen großen Infrastrukturprojekten will Mirsijojew gemeinsam mit Partnern in Zentral- und Südasien auch zur Befriedung seines südlichen Nachbarlands Afghanistans beitragen. In diesem Zusammenhang warf der russische Außenminister Sergej Lawrow am Rande der Konferenz den USA und der NATO vor, mit einem „hastigen Abzug“ eine „schnelle Verschlechterung der Lage in Afghanistan in den vergangenen Tagen“ mitverursacht zu haben. „Es gibt reale Gefahren eines Übergreifens der Instabilität auf benachbarte Länder“, sagte der russische Politiker in Taschkent.
Insgesamt verdeutlichte diese hochrangige Konferenz die Bereitschaft Usbekistans, enge regionale und interregionale Beziehungen in jeder Hinsicht zu fördern, den multilateralen Dialog zu verstärken und die zentralen Fragen der Gegenwart konstruktiv und zukunftsorientiert zu gestalten. Bleibt zu hoffen, dass es aus Theorie bald Realität wird.
Dimitri Kling
Diese Berichterstattung erfolgt im Rahmen einer Pressereise auf Einladung der usbekischen Botschaft in Berlin