Russland und Deutschland haben gewählt. Wir haben für Sie einige Stimmen aus Politik und Wirtschaft über die Bewertung des deutschen Urnengangs zusammengestellt.
Dmitri Peskow, Kreml-Sprecher
„Russland erwartet Kontinuität in den bilateralen Beziehungen nach den Wahlen in Deutschland“, erklärte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. „Deutschland ist ein wichtiger Handels-, Wirtschafts- und Investitionspartner und Moskau an einem Ausbau dieser Beziehungen interessiert“, ergänzte er. Man beobachte die Wahlen in Deutschland deshalb mit großer Aufmerksamkeit. „Russland und Deutschland haben ihre Differenzen, aber beide Länder eint die Einsicht, dass Probleme im Dialog gelöst werden müssen.“
Konstantin Kossatschow, stv. Vorsitzender des Russischen Föderationsrates
„Da das Amt des Außenministers in Deutschland traditionell an den kleineren Koalitionspartner vergeben wird, besteht die Chance, dass ein Minister von den Grünen oder der FDP kommt. Das sind natürlich nicht die ermutigendsten Aussichten für die Außenpolitik“, schrieb der stv. Vorsitzende des Föderationsrates Konstantin Kossatschow. Die Grünen seien eine Partei, die fast immer scharfe antirussische Positionen vertreten habe, ergänzte er. Aber auch die FDP sei eine sehr ideologisch aufgeladene Partei, die aber zumindest in der Tradition von Genscher, dem unermüdlich pragmatischen Außenminister aus Zeiten der Annäherung zwischen Deutschland und Russland, für dialogische Annährung stehe.
Alexej Puschkow, Mitglied des Ausschusses für Verfassungsgesetzgebung und Staatsaufbau im Russischen Föderationsrat
„Die Kanzlerin selbst ist schuld daran, dass die CDU fast die Hälfte der Stimmen verloren hat“, schrieb Alexej Puschkow, Mitglied des Ausschusses des Föderationsrates für Verfassungsgesetzgebung und Staatsaufbau im Russischen Föderationsrat. Merkel habe die CDU so lange „regiert“, dass die Partei keine Führungspersönlichkeiten mehr habe, erklärte Puschkow. Ein weiterer Fehler Merkels sei es gewesen, liberale Prinzipien über die Sicherheit der Bürger zu stellen.
Leonid Slutskij, Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten der Duma
„Es wird schwierige Verhandlungen zwischen den Parteien geben, die sich hinziehen und noch Überraschungen bringen können“, sagte Slutskij. Selbstverständlich werde man aber mit jeder Regierung zusammenarbeiten. „Der deutsche Bundeskanzler lenkt die Lokomotive der Europäischen Union und wird die Entwicklung der Beziehungen Russlands sowohl zur BRD als auch zur gesamten EU weitgehend bestimmen“, ergänzte der Politiker. Bezüglich der beiden möglichen Kandidaten Scholz und Laschet sagte er: „Beide kritisieren Moskau zwar in verschiedenen Fragen, sehen aber gleichzeitig die Notwendigkeit eines Dialogs mit Moskau, sowohl in Deutschland als auch in der EU insgesamt. Beide unterstützen das Nord Stream 2-Projekt“.
Wladimir Gutenew, Duma-Abgeordneter für „Einiges Russland“
„Nord Stream 2 ist für Deutschland selbst von großem Nutzen. Viele pragmatische Politiker im Land sind sich dessen bewusst. Das bedeutet, dass sich die Situation des Projekts mit dem Regierungsantritt der Sozialdemokraten deutlich verbessern könnte“, sagte der Duma-Abgeordnete Wladimir Gutenew. All dies, zusammen mit dem zu erwartenden kalten Winter, wird dazu beitragen, das deutsche Parlament davon zu überzeugen, die Zertifizierung der Pipeline zu beschleunigen und die Energiesicherheit sowie die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken“.
Sergej Netschajew, russischer Botschafter in Deutschland
„Wir sind bereit, mit jeder Regierung zusammenzuarbeiten, die als Ergebnis der Wahlen in Deutschland gebildet wird“, sagte Netschajew. Russland und Deutschland hätten eine sehr umfangreiche positive Agenda – dazu gehörten die Wirtschaft, die Energie, die technischen Beziehungen und die kulturelle und humanitäre Zusammenarbeit.
Ulf Schneider, Vorstandsvorsitzender der Initiative für einen gemeinsamen Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok, Moskau
„Es klingt aberwitzig, aber für die deutsch-russischen Beziehungen wäre eine neue große Koalition aus SPD und Union der konstruktivste Ansatz“, sagt Ulf Schneider. FDP und Grüne scheinen gerade gemeinsam große Forderungen an den Hauptkoalitionspartner aufzubauen. Dies könnte Union und SPD verärgern und wieder zusammenbringen, dann jedoch wohl ohne Laschet, was vielen in der Union ggf. recht wäre.
Matthias Schepp, Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) und Delegierter der Deutschen Wirtschaft in Russland
„Die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen stehen auf einem breiten, über viele Jahrzehnte bewährten und krisenfesten Fundament, sie hängen deshalb weniger von den Politikern ab, die eine Regierung oder den Staat führen. Ob die Regierung deshalb von dem Sozialdemokraten Olaf Scholz oder doch von Armin Laschet, dem zweitplatzierten Kandidaten der Union, geführt wird, ist, was die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen betrifft, zweitrangig, von beiden wäre sicherlich eine Fortführung des pragmatischen Kurses gegenüber Russland zu erwarten.“
Wladislaw Below, Leiter des Zentrums für Deutschlandstudien am Institut für Europastudien der Russischen Akademie der Wissenschaften
„Beide Kanzlerkandidaten haben nicht die Absicht, die Politik gegenüber Russland zu ändern und ,rote Linien’ zu überschreiten, während die Grünen und die FDP versuchen werden, die Situation zu verschärfen“, behauptet Wladislaw Below. In jedem Fall werde das konstruktiv-kritische Engagement zwischen Deutschland und Russland fortgesetzt.
Fjodor Lukjanow, Chefredakteur der einflussreichen russischen Fachzeitschrift „Russia in Global Affairs“
„Wenn es zum Beispiel eine Koalition der Sozialdemokraten gibt, an der auch die Grünen beteiligt sind, wird es schwierig sein, eine Linie zu Russland zu finden, da die Sozialdemokraten im Allgemeinen positiv eingestellt sind und die Grünen nicht“, erklärt der Experte. Lukjanow glaubt, dass Deutschland weiterhin einen vorsichtigen Konsensansatz verfolgen wird, der kritische Rhetorik mit dem Wunsch nach pragmatischem Engagement in wichtigen Fragen verbindet.
Grafik: Bundestagswahlen 2021: Was sagt Russland dazu?
Russland und Deutschland haben gewählt. Wir haben für Sie einige Stimmen aus Politik und Wirtschaft über die Bewertung des deutschen Urnengangs zusammengestellt.
Dmitri Peskow, Kreml-Sprecher
„Russland erwartet Kontinuität in den bilateralen Beziehungen nach den Wahlen in Deutschland“, erklärte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. „Deutschland ist ein wichtiger Handels-, Wirtschafts- und Investitionspartner und Moskau an einem Ausbau dieser Beziehungen interessiert“, ergänzte er. Man beobachte die Wahlen in Deutschland deshalb mit großer Aufmerksamkeit. „Russland und Deutschland haben ihre Differenzen, aber beide Länder eint die Einsicht, dass Probleme im Dialog gelöst werden müssen.“
Konstantin Kossatschow, stv. Vorsitzender des Russischen Föderationsrates
„Da das Amt des Außenministers in Deutschland traditionell an den kleineren Koalitionspartner vergeben wird, besteht die Chance, dass ein Minister von den Grünen oder der FDP kommt. Das sind natürlich nicht die ermutigendsten Aussichten für die Außenpolitik“, schrieb der stv. Vorsitzende des Föderationsrates Konstantin Kossatschow. Die Grünen seien eine Partei, die fast immer scharfe antirussische Positionen vertreten habe, ergänzte er. Aber auch die FDP sei eine sehr ideologisch aufgeladene Partei, die aber zumindest in der Tradition von Genscher, dem unermüdlich pragmatischen Außenminister aus Zeiten der Annäherung zwischen Deutschland und Russland, für dialogische Annährung stehe.
Alexej Puschkow, Mitglied des Ausschusses für Verfassungsgesetzgebung und Staatsaufbau im Russischen Föderationsrat
„Die Kanzlerin selbst ist schuld daran, dass die CDU fast die Hälfte der Stimmen verloren hat“, schrieb Alexej Puschkow, Mitglied des Ausschusses des Föderationsrates für Verfassungsgesetzgebung und Staatsaufbau im Russischen Föderationsrat. Merkel habe die CDU so lange „regiert“, dass die Partei keine Führungspersönlichkeiten mehr habe, erklärte Puschkow. Ein weiterer Fehler Merkels sei es gewesen, liberale Prinzipien über die Sicherheit der Bürger zu stellen.
Leonid Slutskij, Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten der Duma
„Es wird schwierige Verhandlungen zwischen den Parteien geben, die sich hinziehen und noch Überraschungen bringen können“, sagte Slutskij. Selbstverständlich werde man aber mit jeder Regierung zusammenarbeiten. „Der deutsche Bundeskanzler lenkt die Lokomotive der Europäischen Union und wird die Entwicklung der Beziehungen Russlands sowohl zur BRD als auch zur gesamten EU weitgehend bestimmen“, ergänzte der Politiker. Bezüglich der beiden möglichen Kandidaten Scholz und Laschet sagte er: „Beide kritisieren Moskau zwar in verschiedenen Fragen, sehen aber gleichzeitig die Notwendigkeit eines Dialogs mit Moskau, sowohl in Deutschland als auch in der EU insgesamt. Beide unterstützen das Nord Stream 2-Projekt“.
Wladimir Gutenew, Duma-Abgeordneter für „Einiges Russland“
„Nord Stream 2 ist für Deutschland selbst von großem Nutzen. Viele pragmatische Politiker im Land sind sich dessen bewusst. Das bedeutet, dass sich die Situation des Projekts mit dem Regierungsantritt der Sozialdemokraten deutlich verbessern könnte“, sagte der Duma-Abgeordnete Wladimir Gutenew. All dies, zusammen mit dem zu erwartenden kalten Winter, wird dazu beitragen, das deutsche Parlament davon zu überzeugen, die Zertifizierung der Pipeline zu beschleunigen und die Energiesicherheit sowie die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken“.
Sergej Netschajew, russischer Botschafter in Deutschland
„Wir sind bereit, mit jeder Regierung zusammenzuarbeiten, die als Ergebnis der Wahlen in Deutschland gebildet wird“, sagte Netschajew. Russland und Deutschland hätten eine sehr umfangreiche positive Agenda – dazu gehörten die Wirtschaft, die Energie, die technischen Beziehungen und die kulturelle und humanitäre Zusammenarbeit.
Ulf Schneider, Vorstandsvorsitzender der Initiative für einen gemeinsamen Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok, Moskau
„Es klingt aberwitzig, aber für die deutsch-russischen Beziehungen wäre eine neue große Koalition aus SPD und Union der konstruktivste Ansatz“, sagt Ulf Schneider. FDP und Grüne scheinen gerade gemeinsam große Forderungen an den Hauptkoalitionspartner aufzubauen. Dies könnte Union und SPD verärgern und wieder zusammenbringen, dann jedoch wohl ohne Laschet, was vielen in der Union ggf. recht wäre.
Matthias Schepp, Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) und Delegierter der Deutschen Wirtschaft in Russland
„Die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen stehen auf einem breiten, über viele Jahrzehnte bewährten und krisenfesten Fundament, sie hängen deshalb weniger von den Politikern ab, die eine Regierung oder den Staat führen. Ob die Regierung deshalb von dem Sozialdemokraten Olaf Scholz oder doch von Armin Laschet, dem zweitplatzierten Kandidaten der Union, geführt wird, ist, was die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen betrifft, zweitrangig, von beiden wäre sicherlich eine Fortführung des pragmatischen Kurses gegenüber Russland zu erwarten.“
Wladislaw Below, Leiter des Zentrums für Deutschlandstudien am Institut für Europastudien der Russischen Akademie der Wissenschaften
„Beide Kanzlerkandidaten haben nicht die Absicht, die Politik gegenüber Russland zu ändern und ,rote Linien’ zu überschreiten, während die Grünen und die FDP versuchen werden, die Situation zu verschärfen“, behauptet Wladislaw Below. In jedem Fall werde das konstruktiv-kritische Engagement zwischen Deutschland und Russland fortgesetzt.
Fjodor Lukjanow, Chefredakteur der einflussreichen russischen Fachzeitschrift „Russia in Global Affairs“
„Wenn es zum Beispiel eine Koalition der Sozialdemokraten gibt, an der auch die Grünen beteiligt sind, wird es schwierig sein, eine Linie zu Russland zu finden, da die Sozialdemokraten im Allgemeinen positiv eingestellt sind und die Grünen nicht“, erklärt der Experte. Lukjanow glaubt, dass Deutschland weiterhin einen vorsichtigen Konsensansatz verfolgen wird, der kritische Rhetorik mit dem Wunsch nach pragmatischem Engagement in wichtigen Fragen verbindet.