Der starke Inflationspfad der russischen Wirtschaft gibt viel Raum für Pessimismus. Nachdem wir in der vergangenen Woche einen deutschen Experten zu Wort kommen ließen, ist diesmal ein russischer Fachwissenschaftler an der Reihe eine Prognose abzugeben.
Mitte Oktober hob das Wirtschaftsministerium seine Inflationsprognose für 2021 auf 7,4 Prozent an – den höchsten Wert seit fünf Jahren. Mit anderen Worten: Einen so starken Anstieg der Verbraucherpreise hat es in Russland seit dem Krisenjahr 2015 schon lange nicht mehr gegeben. Die von Rosstat für die ersten neun Monate des Jahres 2021 berechnete Inflationsrate beträgt 5,2 Prozent bzw. sieben Prozent bis Jahresende. Nach der offiziellen Prognose ist daher in den kommenden Monaten trotz einer ernsthaften und systematischen Straffung der Geldpolitik durch die russische Zentralbank nicht mit einer Verlangsamung des Verbraucherpreiswachstums zu rechnen.
Es sei daran erinnert, dass der Leitzins – das wichtigste Instrument zur Regulierung der Liquidität im Bankensektor und in diesem Fall zur Eindämmung des Anstiegs der Verbraucherpreise – im Jahr 2021 bereits sechsmal angehoben worden ist – im März, April, Juni, Juli, September und Oktober. Lag der Leitzins Mitte März 2021 bei 4,25 Prozent, so erreichte er sieben Monate später 7,5 Prozent.
Gleichzeitig ist das Inflationsziel für Russland seit vielen Jahren unverändert geblieben und liegt bei genau vier Prozent. An dieser Stelle ist erwähnenswert, dass dieses Ziel nach einer langen Periode mit hohen Inflationswerten in den Jahren 2000 bis 2010 zaghaft und unerreichbar schien, aber in den Jahren 2017 bis 2019 tatsächlich erreicht wurde. Prognosen zufolge wird es nicht vor 2023 möglich sein, das gewünschte Inflationsziel von vier Prozent wieder zu erreichen.
Gefühlte Inflation deutlich höher
Zum besseren Verständnis der gegenwärtigen Situation sollten auch die Inflationserwartungen der Bevölkerung und die beobachtete Inflation berücksichtigt werden. Dabei handelt es sich um zwei verschiedene Schätzungen der Wahrnehmung des aktuellen und künftigen Preiswachstums durch die Menschen selbst, die im Auftrag der russischen Zentralbank berechnet werden. Statistischen Berichten zufolge haben diese Indikatoren in den letzten Monaten ebenfalls ein Fünfjahreshoch erreicht, wobei die Inflationserwartungen bei 13,5 Prozent und die beobachtete Inflation bei 16,5 Prozent liegen. Die negative Wahrnehmung steigender Preise wird durch die sinkenden Einkommen in Russland noch verschärft.
Unterschiedliche Gründe für Preisanstieg
Die Behörden führen steigende Lebensmittelpreise – insbesondere für Obst, Gemüse und Fleischprodukte – als Hauptursache für die derzeitige Beschleunigung der Inflation an. Darüber hinaus wirken sich die weltweit steigenden Energiepreise und -kosten unweigerlich auf fast alle Kategorien von Konsumgütern aus. Es sollte dabei jedoch nicht vergessen werden, dass 2021 in Bezug auf die Inflation sowohl in Russland als auch weltweit ein sehr ungewöhnliches Jahr war. Aufgrund pandemiebedingter langfristiger Einschränkungen des internationalen Verkehrs, des Reisens, der Unterhaltung und anderer Dienstleistungen haben sich die Nachfragestruktur und das Verbraucherverhalten im Allgemeinen bereits im Jahr 2020 erheblich verändert. Die der Bevölkerung zur Verfügung stehenden Ressourcen wurden zugunsten des inländischen Konsums umverteilt.
Der Inflationsdruck im Jahr 2021 speist sich daher aus mehreren Quellen gleichzeitig: dem Wunsch der Unternehmen, die während der Abriegelung entstandenen Verluste auszugleichen, dem Nachholbedarf in den Bereichen Tourismus und Unterhaltung, den weltweit steigenden Energiepreisen und den durch verschiedene Verbote unterbrochenen Lieferketten. In diesem Sinne passt die Situation in Russland gut zu den globalen Trends – Wirtschaftsexperten aus vielen Ländern sprechen einhellig von der wachsenden Gefahr einer Stagflation, einem schwachen oder gar keinem Wirtschaftswachstum in Verbindung mit stetig steigenden Preisen, und nennen dabei dieselben Hauptgründe – eine durch die Beschränkungen des Coronavirus gestörte internationale Logistik und die sich auf mehreren Kontinenten gleichzeitig zusammenbrauende Energiekrise.
Kommentar: Preise steigen, Löhne sinken
Der starke Inflationspfad der russischen Wirtschaft gibt viel Raum für Pessimismus. Nachdem wir in der vergangenen Woche einen deutschen Experten zu Wort kommen ließen, ist diesmal ein russischer Fachwissenschaftler an der Reihe eine Prognose abzugeben.
Mitte Oktober hob das Wirtschaftsministerium seine Inflationsprognose für 2021 auf 7,4 Prozent an – den höchsten Wert seit fünf Jahren. Mit anderen Worten: Einen so starken Anstieg der Verbraucherpreise hat es in Russland seit dem Krisenjahr 2015 schon lange nicht mehr gegeben. Die von Rosstat für die ersten neun Monate des Jahres 2021 berechnete Inflationsrate beträgt 5,2 Prozent bzw. sieben Prozent bis Jahresende. Nach der offiziellen Prognose ist daher in den kommenden Monaten trotz einer ernsthaften und systematischen Straffung der Geldpolitik durch die russische Zentralbank nicht mit einer Verlangsamung des Verbraucherpreiswachstums zu rechnen.
Es sei daran erinnert, dass der Leitzins – das wichtigste Instrument zur Regulierung der Liquidität im Bankensektor und in diesem Fall zur Eindämmung des Anstiegs der Verbraucherpreise – im Jahr 2021 bereits sechsmal angehoben worden ist – im März, April, Juni, Juli, September und Oktober. Lag der Leitzins Mitte März 2021 bei 4,25 Prozent, so erreichte er sieben Monate später 7,5 Prozent.
Gleichzeitig ist das Inflationsziel für Russland seit vielen Jahren unverändert geblieben und liegt bei genau vier Prozent. An dieser Stelle ist erwähnenswert, dass dieses Ziel nach einer langen Periode mit hohen Inflationswerten in den Jahren 2000 bis 2010 zaghaft und unerreichbar schien, aber in den Jahren 2017 bis 2019 tatsächlich erreicht wurde. Prognosen zufolge wird es nicht vor 2023 möglich sein, das gewünschte Inflationsziel von vier Prozent wieder zu erreichen.
Gefühlte Inflation deutlich höher
Zum besseren Verständnis der gegenwärtigen Situation sollten auch die Inflationserwartungen der Bevölkerung und die beobachtete Inflation berücksichtigt werden. Dabei handelt es sich um zwei verschiedene Schätzungen der Wahrnehmung des aktuellen und künftigen Preiswachstums durch die Menschen selbst, die im Auftrag der russischen Zentralbank berechnet werden. Statistischen Berichten zufolge haben diese Indikatoren in den letzten Monaten ebenfalls ein Fünfjahreshoch erreicht, wobei die Inflationserwartungen bei 13,5 Prozent und die beobachtete Inflation bei 16,5 Prozent liegen. Die negative Wahrnehmung steigender Preise wird durch die sinkenden Einkommen in Russland noch verschärft.
Unterschiedliche Gründe für Preisanstieg
Die Behörden führen steigende Lebensmittelpreise – insbesondere für Obst, Gemüse und Fleischprodukte – als Hauptursache für die derzeitige Beschleunigung der Inflation an. Darüber hinaus wirken sich die weltweit steigenden Energiepreise und -kosten unweigerlich auf fast alle Kategorien von Konsumgütern aus. Es sollte dabei jedoch nicht vergessen werden, dass 2021 in Bezug auf die Inflation sowohl in Russland als auch weltweit ein sehr ungewöhnliches Jahr war. Aufgrund pandemiebedingter langfristiger Einschränkungen des internationalen Verkehrs, des Reisens, der Unterhaltung und anderer Dienstleistungen haben sich die Nachfragestruktur und das Verbraucherverhalten im Allgemeinen bereits im Jahr 2020 erheblich verändert. Die der Bevölkerung zur Verfügung stehenden Ressourcen wurden zugunsten des inländischen Konsums umverteilt.
Der Inflationsdruck im Jahr 2021 speist sich daher aus mehreren Quellen gleichzeitig: dem Wunsch der Unternehmen, die während der Abriegelung entstandenen Verluste auszugleichen, dem Nachholbedarf in den Bereichen Tourismus und Unterhaltung, den weltweit steigenden Energiepreisen und den durch verschiedene Verbote unterbrochenen Lieferketten. In diesem Sinne passt die Situation in Russland gut zu den globalen Trends – Wirtschaftsexperten aus vielen Ländern sprechen einhellig von der wachsenden Gefahr einer Stagflation, einem schwachen oder gar keinem Wirtschaftswachstum in Verbindung mit stetig steigenden Preisen, und nennen dabei dieselben Hauptgründe – eine durch die Beschränkungen des Coronavirus gestörte internationale Logistik und die sich auf mehreren Kontinenten gleichzeitig zusammenbrauende Energiekrise.