Viele neue Minister sind in der Öffentlichkeit kaum bekannt, was Hoffnung auf einen politischen Wandel macht.
Bei der Bildung der neuen russischen Regierung haben alle „Macht“-Minister ihre Ämter behalten. Im wirtschaftlichen und sozialen Bereich kam es hingegen zu großen personellen Veränderungen. Viele neue Minister sind in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Ist das gut oder schlecht?
Zuversicht verbreiten
Die ersten Äußerungen des neuen Regierungschefs Michail Mischustin könnten in der Tat zu einem gewissen Optimismus in der Wirtschaft führen. So will er sich für institutionelle Reformen, die Verringerung des Drucks auf die Wirtschaft sowie die Wiederherstellung des Vertrauens zwischen Wirtschaft und Regierung einsetzen – alles wichtige Punkte, um eine Verbesserung des Investitionsklimas zu erreichen. Zudem gab der neue Regierungschef eine wichtige, aber wenig beachtete Erklärung ab, in der er die Stärkung der Eigentumsrechte betonte. In diesen Aussagen klingt viel Hoffnung mit. Allerdings muss man feststellen, dass Ähnliches in der Vergangenheit auch von anderen Regierungschefs verkündet wurde. Leider ging die tatsächliche Politik danach eher in die entgegengesetzte Richtung.
Belousow als Hoffnungsträger
Die größte Hoffnung ist die Ernennung von Andrej Belousow zum ersten Stellvertretender Mischustins und zum Chefökonom. Ich kenne Andrej seit vielen Jahrzehnten, weil ich ihn an der Wirtschaftsfakultät der Moskauer Staatsuniversität MGU unterrichtet hatte. Belousow ist ein guter Wirtschaftswissenschaftler und Befürworter eines Wirtschaftswachstums durch höhere öffentliche Ausgaben. Daher ist ein weiteres Wachstum im öffentlichen Sektor möglich, aber auch eine höhere Steuerbelastung der Wirtschaft.
Das Festhalten an Anton Siluanow als Finanzminister lässt hingegen die Fortsetzung einer konservativen Haushaltspolitik erwarten, einschließlich der Beibehaltung des Haushaltsüberschusses und der Aufstockung des Nationalen Wohlfahrtsfonds. Allerdings werden Lobbyisten vehement versuchen, die Ausgaben aus Mitteln des Nationalen Wohlfahrtsfonds zu steigern.
Wie ich bereits erwähnt habe, ist Belousow ein Befürworter höherer öffentlicher Ausgaben. So ist bereits die Entscheidung getroffen worden, die Mittel für alle Nationalen Projekte aufzustocken. Die entsprechenden Vorschläge werden bis zum 20. Februar 2020 vom Wirtschaftsministerium ausgearbeitet.
Steuerbelastung könnte wieder zunehmen
Alles deutet darauf hin, dass die Regierung ernsthafte Diskussionen über die Finanz- und Haushaltspolitik führen wird. Gleichzeitig werden die Gespräche mit der Zentralbank über den Refinanzierungssatz und den Wechselkurs des Rubels fortgesetzt. Die Umsetzung großer Regierungsprojekte erfordert viel Geld, was bedeutet, dass auch die Haushaltseinnahmen erhöht werden müssen. Es ist zu befürchten, dass bei den Steuern ein für die Wirtschaft unangenehmer Kompromiss gefunden wird.
Bereits vor einigen Monaten wollte Belousow die Steuerlast für Unternehmen aus dem Rohstoffsektor (außerhalb des Öl- und Gassektors) erhöhen. Ich schließe nicht aus, dass er diese Idee in seiner neuen Rolle wieder aufgreift. Auch Regierungschef Mischustin äußerte in einem aktuellen TV-Interview die Absicht, die Steuereinnahmen durch eine effizientere Immobilienbesteuerung besser auszuschöpfen. Tatsächlich bleiben Immobilien und Grundstücke in Zeiten geringer Arbeitsproduktivität und niedriger Einkommen eine der Hauptquellen für Steuererhöhungen. Die letzte Regierung hatte bereits damit begonnen, sich aktiv in diese Richtung zu bewegen.
Sind große Veränderungen zu erwarten?
Obwohl sich die öffentliche Finanzlage derzeit als hervorragend darstellt, glaube ich vor diesem Hintergrund nicht, dass die Steuerlast reduziert wird. Als sicher kann dagegen gelten, dass es in der Sozialpolitik eine neue Dynamik geben wird. Die in den letzten Jahren durchgeführten Reformen des Gesundheits-, Bildungs- und Rentensystems sind in der Gesellschaft, aber auch beim Präsidenten auf heftige Kritik gestoßen.
Sind große Veränderungen in der Regierungsarbeit insgesamt zu erwarten? Eher nein. Präsident Putin hat wiederholt gezeigt, dass er die politischen Risiken ernsthafter umfassender Reformen nicht eingehen will. Bleibt das Vorhaben der Regierung, das Justiz- und Strafverfolgungssystem zu reformieren. Das ist wohl das Einzige, was die wirtschaftliche Entwicklung auf eine neue Ebene heben könnte.
Nechaev analysiert: Neuer Wind in der Wirtschaftspolitik?
Viele neue Minister sind in der Öffentlichkeit kaum bekannt, was Hoffnung auf einen politischen Wandel macht.
Bei der Bildung der neuen russischen Regierung haben alle „Macht“-Minister ihre Ämter behalten. Im wirtschaftlichen und sozialen Bereich kam es hingegen zu großen personellen Veränderungen. Viele neue Minister sind in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Ist das gut oder schlecht?
Zuversicht verbreiten
Die ersten Äußerungen des neuen Regierungschefs Michail Mischustin könnten in der Tat zu einem gewissen Optimismus in der Wirtschaft führen. So will er sich für institutionelle Reformen, die Verringerung des Drucks auf die Wirtschaft sowie die Wiederherstellung des Vertrauens zwischen Wirtschaft und Regierung einsetzen – alles wichtige Punkte, um eine Verbesserung des Investitionsklimas zu erreichen. Zudem gab der neue Regierungschef eine wichtige, aber wenig beachtete Erklärung ab, in der er die Stärkung der Eigentumsrechte betonte. In diesen Aussagen klingt viel Hoffnung mit. Allerdings muss man feststellen, dass Ähnliches in der Vergangenheit auch von anderen Regierungschefs verkündet wurde. Leider ging die tatsächliche Politik danach eher in die entgegengesetzte Richtung.
Belousow als Hoffnungsträger
Die größte Hoffnung ist die Ernennung von Andrej Belousow zum ersten Stellvertretender Mischustins und zum Chefökonom. Ich kenne Andrej seit vielen Jahrzehnten, weil ich ihn an der Wirtschaftsfakultät der Moskauer Staatsuniversität MGU unterrichtet hatte. Belousow ist ein guter Wirtschaftswissenschaftler und Befürworter eines Wirtschaftswachstums durch höhere öffentliche Ausgaben. Daher ist ein weiteres Wachstum im öffentlichen Sektor möglich, aber auch eine höhere Steuerbelastung der Wirtschaft.
Das Festhalten an Anton Siluanow als Finanzminister lässt hingegen die Fortsetzung einer konservativen Haushaltspolitik erwarten, einschließlich der Beibehaltung des Haushaltsüberschusses und der Aufstockung des Nationalen Wohlfahrtsfonds. Allerdings werden Lobbyisten vehement versuchen, die Ausgaben aus Mitteln des Nationalen Wohlfahrtsfonds zu steigern.
Wie ich bereits erwähnt habe, ist Belousow ein Befürworter höherer öffentlicher Ausgaben. So ist bereits die Entscheidung getroffen worden, die Mittel für alle Nationalen Projekte aufzustocken. Die entsprechenden Vorschläge werden bis zum 20. Februar 2020 vom Wirtschaftsministerium ausgearbeitet.
Steuerbelastung könnte wieder zunehmen
Alles deutet darauf hin, dass die Regierung ernsthafte Diskussionen über die Finanz- und Haushaltspolitik führen wird. Gleichzeitig werden die Gespräche mit der Zentralbank über den Refinanzierungssatz und den Wechselkurs des Rubels fortgesetzt. Die Umsetzung großer Regierungsprojekte erfordert viel Geld, was bedeutet, dass auch die Haushaltseinnahmen erhöht werden müssen. Es ist zu befürchten, dass bei den Steuern ein für die Wirtschaft unangenehmer Kompromiss gefunden wird.
Bereits vor einigen Monaten wollte Belousow die Steuerlast für Unternehmen aus dem Rohstoffsektor (außerhalb des Öl- und Gassektors) erhöhen. Ich schließe nicht aus, dass er diese Idee in seiner neuen Rolle wieder aufgreift. Auch Regierungschef Mischustin äußerte in einem aktuellen TV-Interview die Absicht, die Steuereinnahmen durch eine effizientere Immobilienbesteuerung besser auszuschöpfen. Tatsächlich bleiben Immobilien und Grundstücke in Zeiten geringer Arbeitsproduktivität und niedriger Einkommen eine der Hauptquellen für Steuererhöhungen. Die letzte Regierung hatte bereits damit begonnen, sich aktiv in diese Richtung zu bewegen.
Sind große Veränderungen zu erwarten?
Obwohl sich die öffentliche Finanzlage derzeit als hervorragend darstellt, glaube ich vor diesem Hintergrund nicht, dass die Steuerlast reduziert wird. Als sicher kann dagegen gelten, dass es in der Sozialpolitik eine neue Dynamik geben wird. Die in den letzten Jahren durchgeführten Reformen des Gesundheits-, Bildungs- und Rentensystems sind in der Gesellschaft, aber auch beim Präsidenten auf heftige Kritik gestoßen.
Sind große Veränderungen in der Regierungsarbeit insgesamt zu erwarten? Eher nein. Präsident Putin hat wiederholt gezeigt, dass er die politischen Risiken ernsthafter umfassender Reformen nicht eingehen will. Bleibt das Vorhaben der Regierung, das Justiz- und Strafverfolgungssystem zu reformieren. Das ist wohl das Einzige, was die wirtschaftliche Entwicklung auf eine neue Ebene heben könnte.
Prof. Andrey Nechaev, Wirtschaftsminister a.D.