Die zunehmende Ausbreitung des Coronavirus belastet die russische Wirtschaft. An den Börsen geht die Pandemie-Angst um, und die Kurse sacken ab.
Das Coronavirus hat Europa erreicht, aber auch die USA, Südkorea und den Iran. Die globalen Aktienmärkte, die die Auswirkungen des Virus lange Zeit ignoriert hatten, reagierten teils heftig. In den führenden Industrieländern fielen die Kurse in der letzten Februarwoche um mehr als Prozent am Tag. Am vergangenen Freitag (28. Februar) kam es schließlich zu einem massiven Einbruch. Europäische Indizes verloren an nur einem Tag 3,5 bis vier Prozent. Und die Börsen in den USA und Asien verzeichneten einen Kursrückgang von bis zu 4,5 Prozent.
Diese Entwicklung machte auch vor Russland nicht halt. Der russische RTS-Index verlor am jenem Freitag 6,24 Prozent und auch die Moskauer Börse gab kräftig nach, um 4,5 Prozent. Die Verkäufe auf dem russischen Markt waren teilweise sogar intensiver als in Europa oder den USA. Denn im Vergleich zu den anderen Regionen hängt die Entwicklung in Russland zusätzlich noch von der geopolitischen Situation ab – insbesondere der Eskalation des Konflikts zwischen Syrien und der Türkei, an der Russland direkt beteiligt ist. Da zeichnen sich weitere mögliche Sanktionen des Westens gegen Russland bereits ab.
Auch der Rubel ist von der negativen Entwicklung nicht verschont geblieben und verlor in nur einer Woche etwa sechs Prozent gegenüber dem US-Dollar und dem Euro. Diese Entwicklung war größtenteils auf den Rückgang der Ölpreise zurückzuführen, die für die russische Wirtschaft von zentraler Bedeutung sind. Im Laufe der vergangenen Woche fielen die Notierungen für das „schwarze Gold“ unter die Marke von 49 US-Dollar pro Barrel. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass auch das ansonsten stabile Anlagegut Gold Ende Februar zwischenzeitlich stark im Preis gefallen ist.
Unangenehme Episode oder Beginn einer neuen Krise?
Um fair zu bleiben, muss man sagen, dass die Aktienmärkte, schon längere Zeit „überkauft“ waren. Die Geldspritzen der Zentralbanken in aller Welt haben die Märkte lange Zeit nach oben getrieben. Denn langsam geht die Wirkung der Geldspritzen verloren. Es entsteht fast der Eindruck, dass die Märkte auf ein negatives Signal gewartet haben, um eine natürliche Abwärtskorrektur einzuleiten. Das Coronavirus ist deshalb so etwas wie ein „Trojanisches Pferd“, das sich Zugang zu den Märkten Europas verschafft.
Die aktuell wichtigste Frage lautet, ob sich der derzeitige Zustand der Aktienmärkte nur auf bestimmte Wirtschaftszweige wie Tourismus und Flugverkehr beschränkt oder ob sie in eine globale Wirtschaftskrise mündet. Meiner Ansicht nach kann das Coronavirus beim derzeitigen Stand der medizinischen Entwicklung relativ rasch besiegt werden. Auf das Jahr gerechnet ist die Opferzahl immer noch deutlich kleiner als bei einer Grippe.
Gleichzeitig gehöre ich bekanntermaßen zu jenen Experten, die seit Langem voraussagen, dass die Weltwirtschaft im laufenden Kalenderjahr in eine Rezession geraten wird. Wachstum kann nicht ewig anhalten. In den meisten entwickelten Ländern kann eine Verschlechterung der Makrostatistik beobachtet werden. Die Wirtschaft in den USA, Europa und insbesondere in China verlangsamt sich. Im Januar stieg die Arbeitslosigkeit in Japan unerwartet an. Die Rendite der kurzfristigen US-Anleihen übertraf bereits im Herbst 2019 die Rendite der langfristigen, was einer der wichtigen Indikatoren dafür ist, dass die Anleger auf Schwierigkeiten am Markt warten. Die meisten Experten reduzierten deshalb schon ihre Prognosen für das Wachstum der Weltwirtschaft.
Die Experten streiten darüber, ob eine weltweite Rezession Mitte 2020 oder spätestens Anfang 2021 zu erwarten sei. Die Bedrohung durch eine Coronavirus-Epidemie und die manchmal panische Reaktion der Behörden vieler Länder darauf (es gibt sogar Vorschläge zur vorübergehenden Schließung des Schengen-Raums) kann ein Auslöser für den Beginn einer zyklischen Krise sein.
Ist Russland auf eine Krise vorbereitet?
Sollte es tatsächlich zu einer Krise kommen, werden die Folgen für die russische Wirtschaft von deren Dauer bestimmt. Die angehäuften Gold- und Devisenreserven und die allgemein gute Situation im Bereich der öffentlichen Finanzen werden es Russland meiner Meinung nach ermöglichen, die Rezession der Weltwirtschaft bis zu einem Jahr relativ schmerzfrei zu überstehen. Die zusätzlichen sozialen Verpflichtungen, die die russischen Behörden in letzter Zeit eingegangen sind, und die milliardenschweren Nationalen Projekte, die gegen die Stagnation der Wirtschaft gestartet wurden, könnten jedoch zu einer raschen Erschöpfung dieser Finanzreserven führen. So ist der Reservefonds während der Krise 2008/2009 innerhalb von anderthalb Jahren deutlich geschrumpft. Der langwierige Charakter der globalen Rezession, begleitet von einem schmerzhaften Rückgang der Rohstoffpreise für die russische Wirtschaft, könnte ihr ernsthafte Schocks versetzen.
Nechaev Analysiert: Coronavirus bringt Aktienmärkte ins Schleudern
Die zunehmende Ausbreitung des Coronavirus belastet die russische Wirtschaft. An den Börsen geht die Pandemie-Angst um, und die Kurse sacken ab.
Das Coronavirus hat Europa erreicht, aber auch die USA, Südkorea und den Iran. Die globalen Aktienmärkte, die die Auswirkungen des Virus lange Zeit ignoriert hatten, reagierten teils heftig. In den führenden Industrieländern fielen die Kurse in der letzten Februarwoche um mehr als Prozent am Tag. Am vergangenen Freitag (28. Februar) kam es schließlich zu einem massiven Einbruch. Europäische Indizes verloren an nur einem Tag 3,5 bis vier Prozent. Und die Börsen in den USA und Asien verzeichneten einen Kursrückgang von bis zu 4,5 Prozent.
Diese Entwicklung machte auch vor Russland nicht halt. Der russische RTS-Index verlor am jenem Freitag 6,24 Prozent und auch die Moskauer Börse gab kräftig nach, um 4,5 Prozent. Die Verkäufe auf dem russischen Markt waren teilweise sogar intensiver als in Europa oder den USA. Denn im Vergleich zu den anderen Regionen hängt die Entwicklung in Russland zusätzlich noch von der geopolitischen Situation ab – insbesondere der Eskalation des Konflikts zwischen Syrien und der Türkei, an der Russland direkt beteiligt ist. Da zeichnen sich weitere mögliche Sanktionen des Westens gegen Russland bereits ab.
Auch der Rubel ist von der negativen Entwicklung nicht verschont geblieben und verlor in nur einer Woche etwa sechs Prozent gegenüber dem US-Dollar und dem Euro. Diese Entwicklung war größtenteils auf den Rückgang der Ölpreise zurückzuführen, die für die russische Wirtschaft von zentraler Bedeutung sind. Im Laufe der vergangenen Woche fielen die Notierungen für das „schwarze Gold“ unter die Marke von 49 US-Dollar pro Barrel. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass auch das ansonsten stabile Anlagegut Gold Ende Februar zwischenzeitlich stark im Preis gefallen ist.
Unangenehme Episode oder Beginn einer neuen Krise?
Um fair zu bleiben, muss man sagen, dass die Aktienmärkte, schon längere Zeit „überkauft“ waren. Die Geldspritzen der Zentralbanken in aller Welt haben die Märkte lange Zeit nach oben getrieben. Denn langsam geht die Wirkung der Geldspritzen verloren. Es entsteht fast der Eindruck, dass die Märkte auf ein negatives Signal gewartet haben, um eine natürliche Abwärtskorrektur einzuleiten. Das Coronavirus ist deshalb so etwas wie ein „Trojanisches Pferd“, das sich Zugang zu den Märkten Europas verschafft.
Die aktuell wichtigste Frage lautet, ob sich der derzeitige Zustand der Aktienmärkte nur auf bestimmte Wirtschaftszweige wie Tourismus und Flugverkehr beschränkt oder ob sie in eine globale Wirtschaftskrise mündet. Meiner Ansicht nach kann das Coronavirus beim derzeitigen Stand der medizinischen Entwicklung relativ rasch besiegt werden. Auf das Jahr gerechnet ist die Opferzahl immer noch deutlich kleiner als bei einer Grippe.
Gleichzeitig gehöre ich bekanntermaßen zu jenen Experten, die seit Langem voraussagen, dass die Weltwirtschaft im laufenden Kalenderjahr in eine Rezession geraten wird. Wachstum kann nicht ewig anhalten. In den meisten entwickelten Ländern kann eine Verschlechterung der Makrostatistik beobachtet werden. Die Wirtschaft in den USA, Europa und insbesondere in China verlangsamt sich. Im Januar stieg die Arbeitslosigkeit in Japan unerwartet an. Die Rendite der kurzfristigen US-Anleihen übertraf bereits im Herbst 2019 die Rendite der langfristigen, was einer der wichtigen Indikatoren dafür ist, dass die Anleger auf Schwierigkeiten am Markt warten. Die meisten Experten reduzierten deshalb schon ihre Prognosen für das Wachstum der Weltwirtschaft.
Die Experten streiten darüber, ob eine weltweite Rezession Mitte 2020 oder spätestens Anfang 2021 zu erwarten sei. Die Bedrohung durch eine Coronavirus-Epidemie und die manchmal panische Reaktion der Behörden vieler Länder darauf (es gibt sogar Vorschläge zur vorübergehenden Schließung des Schengen-Raums) kann ein Auslöser für den Beginn einer zyklischen Krise sein.
Ist Russland auf eine Krise vorbereitet?
Sollte es tatsächlich zu einer Krise kommen, werden die Folgen für die russische Wirtschaft von deren Dauer bestimmt. Die angehäuften Gold- und Devisenreserven und die allgemein gute Situation im Bereich der öffentlichen Finanzen werden es Russland meiner Meinung nach ermöglichen, die Rezession der Weltwirtschaft bis zu einem Jahr relativ schmerzfrei zu überstehen. Die zusätzlichen sozialen Verpflichtungen, die die russischen Behörden in letzter Zeit eingegangen sind, und die milliardenschweren Nationalen Projekte, die gegen die Stagnation der Wirtschaft gestartet wurden, könnten jedoch zu einer raschen Erschöpfung dieser Finanzreserven führen. So ist der Reservefonds während der Krise 2008/2009 innerhalb von anderthalb Jahren deutlich geschrumpft. Der langwierige Charakter der globalen Rezession, begleitet von einem schmerzhaften Rückgang der Rohstoffpreise für die russische Wirtschaft, könnte ihr ernsthafte Schocks versetzen.
Andrey Nechaev, Wirtschaftsminister a. D.