Das Coronavirus dominiert zurzeit die Agenda aller Unternehmen. Die Angst vor einer weiteren Ausbreitung sorgt für Einschränkungen im Arbeitsalltag. Wir sprachen mit Michael Germershausen, Managing Partner bei Antal Russland, über Homeoffice und Branchen, die auch in der Krise wachsen.
Wie gehen Sie mit Putins Verordnung zur arbeitsfreien Woche um? Wird bei Ihnen auf Homeoffice umgestellt oder wird gar nicht gearbeitet? Gibt es eine Regelung zur Gehaltszahlung in diesem Zeitraum?
Ich glaube die meisten Geschäftsleute waren überrascht von dieser Entscheidung der russischen Regierung. Für die Wirtschaft bedeutet das eine Woche Einnahmeausfall und eine Woche zusätzliche Kosten. Es ist davon auszugehen, dass spätere Feiertage kürzer ausfallen. Bei uns wurden auch die letzten Mitarbeiter auf Homeoffice umgestellt. Man sollte jetzt technisch durchspielen, was passiert im Business und beim Cashflow, wenn ich nicht mehr ins Büro komme. Und man sollte offen kommunizieren. Ich habe mich per YouTube an meine Mitarbeiter gewandt.
Hat das Virus bereits auf den russischen Arbeitsmarkt durchgeschlagen? Rekrutieren die Unternehmen in der gegenwärtigen Situation überhaupt noch Führungskräfte?
Ja, die Situation ist auch auf dem Arbeitsmarkt angekommen. Es werden zwar weiterhin neue Mitarbeiter eingestellt, aber viele Prozesse laufen jetzt sehr viel langsamer und es gibt auch genügend Fälle, wo neue Projekte erst einmal aufs Eis gelegt werden. Weiterhin werden aber händeringend gute Kandidaten im Bereich Verkauf, E-Commerce und IT gesucht.
Wie werden laufende Besetzungsprozesse derzeit abgewickelt? Finden persönliche Interviews noch statt?
Die Vorstellungsgespräche laufen jetzt natürlich online ab. Und die allermeisten Kandidaten fangen am ersten Arbeitstag gar nicht mehr im Büro sondern sofort im Homeoffice an. Die Herausforderung hierbei ist natürlich, das Vertrauen auf beiden Seiten (Kandidat/Arbeitgeber) herzustellen. Das gelingt uns durch zusätzliche Referenzen, Kontakte und online durchgeführte Persönlichkeitstests.
Wie haben Sie mit Ihrem Unternehmen auf die Ausbreitung des Coronavirus reagiert? Bieten Sie Ihren Kunden angepasste Krisenkonzepte an? Welche Lösungen werden nachgefragt?
80 Prozent unserer Kandidaten und Auftraggeber sitzen jetzt nicht mehr im Büro, sondern arbeiten von zu Hause aus. Das bedeutet zusätzliche Fragen, etwa wie man Verträge unterschreibt oder wie man Mitarbeitern Zugang zum Arbeitsplatz von zu Hause aus verschafft. Und ganz wichtig: Wie kann man aus „Offlinemanagern“, die bis jetzt nur im Büro gemanagt haben, „Onlinemanager“ machen?
Durch die Ausgangssperre müssen die meisten Arbeitnehmer jetzt zu Hause bleiben. Hier stellen wir temporäre Lösungen zur Verfügung, indem wir für einen Zeitraum von einigen Monaten schnell und unkompliziert jemanden finden, der das Interimsmanagement oder andere wichtige Funktionen im Unternehmen übernehmen kann. Dadurch können essenzielle Abläufe wie die Administration und der gesamte Belegfluss sicher weiterführen werden.
Ein weiteres Thema, was in Russland zunehmend aktuell wird ist die Personalpartnerschaft von Unternehmen, wie es zum Beispiel Aldi und McDonalds in Deutschland vorgemacht haben. In Russland betrifft dies zum Beispiel den Flughafen Scheremetjewo, wo diverse Terminals nicht mehr aktiv sind. Dadurch sind gleich mehrere Tausend Arbeitsplätze betroffen, die für den Betreiber schnell zu einem finanziellen Risiko werden. Gleichzeitig wird etwa bei Online-Zustelldiensten wie Yandex.Eda händeringend nach Personal gesucht. Aber auch von kleineren Firmen erreichen uns derzeit zahlreiche Anfragen, die gerne kurzfristig und oft nur für einige Wochen Personal in der Größenordnung von 40 oder 50 Personen einstellen wollen. Die einen müssen für einige Wochen/Monate Personal zeitweilig loswerden, die anderen brauchen zusätzliche Leute.
Wie wird sich aus Ihrer Sicht die Nachfrage nach Führungskräften in Russland in der nächsten Zeit entwickeln?
Wie auch im Rest der Welt. Von unserem Büro in China wissen wir, dass es dort langsam wieder aufwärts geht. Im Moment kann man dort keine neuen oder andere Einstellungstendenzen also vor der Krise beobachten. Der Trend zu Lokalisierung wird weitergehen. Vor dem Hintergrund der Coronakrise wird deutlich, wie vernetzt die Volkswirtschaften sind und wie abhängig die einzelnen Staaten im Notfall von bestimmten Importen werden. Ich glaube, dass insbesondere Russland das Ziel verfolgt, sich unabhängiger vom Ausland zu machen. Die sogenannte Lokalisierung, im Westen lange Zeit belächelt, wird von der russischen Regierung konsequent umgesetzt.
Außerdem wird uns in den nächsten Jahren das Thema Successionplanning/Generationswechsel beschäftigen. Nicht nur in russischen Firmen, sondern auch bei den Niederlassungen internationaler Firmen in Russland. Dies ist nicht vom Coronavirus abhängig, sondern ein allgemeiner Trend.
Welche Erfahrungen haben Sie als Geschäftsführer mit Homeoffice gemacht? Hat dies Auswirkungen auf die Arbeitsproduktivität?
Wenn ich als Manager im „normalen“ Bürobetrieb Probleme mit dem Vertrauen habe und Micromanagement betreibe, habe ich natürlich ein Problem, wenn die Leute auf einmal nicht mehr im Büro sind. Auch für mich ist das nicht einfach. Wir können im Moment nicht messen, was mehr Einfluss auf die Produktivität hat – die wirtschaftliche Situation oder die Arbeit von Zuhause. Auf jeden Fall kann nicht jeder Mitarbeiter problemlos von zu Hause arbeiten, wenn sich gleichzeitig noch die Kinder, die Schwiegermutter und die Eltern in der Zweizimmerwohnung aufhalten. Im Endeffekt sollte aber das Resultat zählen, nicht nur der Prozess dorthin.
Interview: Wie macht man aus „Offlinemanagern“ „Onlinemanager“?
Das Coronavirus dominiert zurzeit die Agenda aller Unternehmen. Die Angst vor einer weiteren Ausbreitung sorgt für Einschränkungen im Arbeitsalltag. Wir sprachen mit Michael Germershausen, Managing Partner bei Antal Russland, über Homeoffice und Branchen, die auch in der Krise wachsen.
Wie gehen Sie mit Putins Verordnung zur arbeitsfreien Woche um? Wird bei Ihnen auf Homeoffice umgestellt oder wird gar nicht gearbeitet? Gibt es eine Regelung zur Gehaltszahlung in diesem Zeitraum?
Ich glaube die meisten Geschäftsleute waren überrascht von dieser Entscheidung der russischen Regierung. Für die Wirtschaft bedeutet das eine Woche Einnahmeausfall und eine Woche zusätzliche Kosten. Es ist davon auszugehen, dass spätere Feiertage kürzer ausfallen. Bei uns wurden auch die letzten Mitarbeiter auf Homeoffice umgestellt. Man sollte jetzt technisch durchspielen, was passiert im Business und beim Cashflow, wenn ich nicht mehr ins Büro komme. Und man sollte offen kommunizieren. Ich habe mich per YouTube an meine Mitarbeiter gewandt.
Hat das Virus bereits auf den russischen Arbeitsmarkt durchgeschlagen? Rekrutieren die Unternehmen in der gegenwärtigen Situation überhaupt noch Führungskräfte?
Ja, die Situation ist auch auf dem Arbeitsmarkt angekommen. Es werden zwar weiterhin neue Mitarbeiter eingestellt, aber viele Prozesse laufen jetzt sehr viel langsamer und es gibt auch genügend Fälle, wo neue Projekte erst einmal aufs Eis gelegt werden. Weiterhin werden aber händeringend gute Kandidaten im Bereich Verkauf, E-Commerce und IT gesucht.
Wie werden laufende Besetzungsprozesse derzeit abgewickelt? Finden persönliche Interviews noch statt?
Die Vorstellungsgespräche laufen jetzt natürlich online ab. Und die allermeisten Kandidaten fangen am ersten Arbeitstag gar nicht mehr im Büro sondern sofort im Homeoffice an. Die Herausforderung hierbei ist natürlich, das Vertrauen auf beiden Seiten (Kandidat/Arbeitgeber) herzustellen. Das gelingt uns durch zusätzliche Referenzen, Kontakte und online durchgeführte Persönlichkeitstests.
Wie haben Sie mit Ihrem Unternehmen auf die Ausbreitung des Coronavirus reagiert? Bieten Sie Ihren Kunden angepasste Krisenkonzepte an? Welche Lösungen werden nachgefragt?
80 Prozent unserer Kandidaten und Auftraggeber sitzen jetzt nicht mehr im Büro, sondern arbeiten von zu Hause aus. Das bedeutet zusätzliche Fragen, etwa wie man Verträge unterschreibt oder wie man Mitarbeitern Zugang zum Arbeitsplatz von zu Hause aus verschafft. Und ganz wichtig: Wie kann man aus „Offlinemanagern“, die bis jetzt nur im Büro gemanagt haben, „Onlinemanager“ machen?
Durch die Ausgangssperre müssen die meisten Arbeitnehmer jetzt zu Hause bleiben. Hier stellen wir temporäre Lösungen zur Verfügung, indem wir für einen Zeitraum von einigen Monaten schnell und unkompliziert jemanden finden, der das Interimsmanagement oder andere wichtige Funktionen im Unternehmen übernehmen kann. Dadurch können essenzielle Abläufe wie die Administration und der gesamte Belegfluss sicher weiterführen werden.
Ein weiteres Thema, was in Russland zunehmend aktuell wird ist die Personalpartnerschaft von Unternehmen, wie es zum Beispiel Aldi und McDonalds in Deutschland vorgemacht haben. In Russland betrifft dies zum Beispiel den Flughafen Scheremetjewo, wo diverse Terminals nicht mehr aktiv sind. Dadurch sind gleich mehrere Tausend Arbeitsplätze betroffen, die für den Betreiber schnell zu einem finanziellen Risiko werden. Gleichzeitig wird etwa bei Online-Zustelldiensten wie Yandex.Eda händeringend nach Personal gesucht. Aber auch von kleineren Firmen erreichen uns derzeit zahlreiche Anfragen, die gerne kurzfristig und oft nur für einige Wochen Personal in der Größenordnung von 40 oder 50 Personen einstellen wollen. Die einen müssen für einige Wochen/Monate Personal zeitweilig loswerden, die anderen brauchen zusätzliche Leute.
Wie wird sich aus Ihrer Sicht die Nachfrage nach Führungskräften in Russland in der nächsten Zeit entwickeln?
Wie auch im Rest der Welt. Von unserem Büro in China wissen wir, dass es dort langsam wieder aufwärts geht. Im Moment kann man dort keine neuen oder andere Einstellungstendenzen also vor der Krise beobachten. Der Trend zu Lokalisierung wird weitergehen. Vor dem Hintergrund der Coronakrise wird deutlich, wie vernetzt die Volkswirtschaften sind und wie abhängig die einzelnen Staaten im Notfall von bestimmten Importen werden. Ich glaube, dass insbesondere Russland das Ziel verfolgt, sich unabhängiger vom Ausland zu machen. Die sogenannte Lokalisierung, im Westen lange Zeit belächelt, wird von der russischen Regierung konsequent umgesetzt.
Außerdem wird uns in den nächsten Jahren das Thema Successionplanning/Generationswechsel beschäftigen. Nicht nur in russischen Firmen, sondern auch bei den Niederlassungen internationaler Firmen in Russland. Dies ist nicht vom Coronavirus abhängig, sondern ein allgemeiner Trend.
Welche Erfahrungen haben Sie als Geschäftsführer mit Homeoffice gemacht? Hat dies Auswirkungen auf die Arbeitsproduktivität?
Wenn ich als Manager im „normalen“ Bürobetrieb Probleme mit dem Vertrauen habe und Micromanagement betreibe, habe ich natürlich ein Problem, wenn die Leute auf einmal nicht mehr im Büro sind. Auch für mich ist das nicht einfach. Wir können im Moment nicht messen, was mehr Einfluss auf die Produktivität hat – die wirtschaftliche Situation oder die Arbeit von Zuhause. Auf jeden Fall kann nicht jeder Mitarbeiter problemlos von zu Hause arbeiten, wenn sich gleichzeitig noch die Kinder, die Schwiegermutter und die Eltern in der Zweizimmerwohnung aufhalten. Im Endeffekt sollte aber das Resultat zählen, nicht nur der Prozess dorthin.