Die russische Wirtschaft hat mit den Folgen der globalen Coronavirus-Epidemie zu kämpfen. Präsident Putin schlägt nun erste Maßnahmen vor. Viele davon gehen zu Lasten der Mittelschicht.
Die Coronavirus-Epidemie ist zwar etwas später nach Russland gekommen, beginnt aber schnell an Dynamik zu gewinnen. Ähnlich wie in Europa sind aufgrund der restriktiven Maßnahmen der Behörden viele Wirtschaftszweige betroffen. Besonders schwierig ist die Situation für kleine und mittlere Unternehmen, die über geringe finanzielle Reserven verfügen.
Angesichts der zunehmend dramatischen Situation wandte sich Präsident Putin am 25. März an die Nation. In seiner Rede kündigte er einen ganzen Komplex von Antikrisenmaßnahmen an. Sie umfassen die Unterstützung der Bevölkerung und der Wirtschaft sowie Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Virus. Unter anderem erklärte der Präsident die Woche vom 30. März bis zum 5. April für arbeitsfrei und forderte die Russen auf, zuhause zu bleiben.
Hilfe für sozial schwache
Der Präsident schlug vor, die bestehenden Sozialleistungen für Familien automatisch und mit möglichst wenig Bürokratie zu erweitern. Die Unterstützungsmaßnahmen umfassen unter andere Zuschüsse für Miete und Nebenkosten. Das maximale Arbeitslosengeld wird auf die Höhe des Mindestlohns angehoben. Weiterhin sollen Familien, die Anspruch auf Mutterschaftsgeld haben, zusätzliche finanzielle Unterstützung erhalten.
Unterstützung für Unternehmen
Putin sieht die Erhaltung von Arbeitsplätzen als oberste Priorität an. Die Unterstützungsmaßnahmen betreffen deshalb die von der Epidemie am stärksten betroffenen Branchen. Kleinen und mittleren Unternehmen wird eine sechsmonatige Karenzzeit für Steuerabgaben (mit Ausnahme der Mehrwertsteuer) und bei der Rückzahlung von Krediten gewährt. Außerdem wird ein Moratorium für den Konkurs von Unternehmen für die Dauer von sechs Monaten eingeführt sowie die Sozialabgaben auf die Löhne der Beschäftigten von 30 auf 15 Prozent gesenkt, wenn sie den Mindestlohn überschreiten. Wichtig hierbei ist, dass diese Antikrisenmaßnahmen auch langfristig Gültigkeit behalten sollen.
Die Regierung und die Zentralbank wurden vom Präsidenten zudem mit der Entwicklung weiterer Maßnahmen beauftragt, einschließlich der Ausweitung der staatlichen Garantien und Subventionen, um eine nachhaltige Kreditvergabe an die Realwirtschaft zu unterstützen.
Neue Steuern zu Lasten der Mittelschicht
Um die zusätzliche Belastung des Staatshaushalts etwas einzudämmen, sollen neue Steuern eingeführt werden. So hat der Präsident vorgeschlagen, die Steuer auf Dividenden, die auf ausländische Konten überwiesen werden, auf 15 Prozent zu erhöhen.
Putin schlug außerdem vor, eine Besteuerung von 13 Prozent auf Erträge aus Bankeinlagen und Investitionen in Schuldverschreibungen einzuführen. Zukünftig müssen alle Bankeinlagen, die eine Million Rubel überschreiten, besteuert werden. Diese Maßnahme scheint mir die umstrittenste von allen zu sein. Unter dem Vorwand, sich um die Armen zu kümmern, bedient man sich ganz unverfroren bei der russischen Mittelschicht. Nach Angaben der Deposit Insurance Agency machten Ende 2019 Einlagen über eine Million Rubel über 55 Prozent der Gesamteinlagen in Russland aus. Ihre Gesamtsumme beträgt etwa 17 Billionen Rubel. Die Einführung einer neuen Steuer auf Zinserträge aus Wertpapieren, die erst vor drei Jahren abgeschafft wurde, wird das Interesse der Anleger am kriselnden Aktienmarkt weiter verringern. Die zusätzlichen Haushaltseinnahmen durch die neuen Steuern werden auf etwa 120 Billionen Rubel geschätzt, das dürfte vor allem zu Lasten der Mittelschicht gehen.
Mein Fazit lautet: Einige der von Putin vorgeschlagenen Antikrisenmaßnahmen sind positiv zu bewerten, aber insgesamt sind sie unzureichend und widersprüchlich. Bürger und Unternehmen, die sich in einer schwierigen Situation befinden, brauchen neben dem Versprechen auf Stundungen und Vorteilszinsen unbedingt auch direkte finanzielle Unterstützung. Dies gilt auch für einkommensschwache Bevölkerungsschichten.
Nechaev analysiert: Putin bedient sich bei der Mittelschicht
Die russische Wirtschaft hat mit den Folgen der globalen Coronavirus-Epidemie zu kämpfen. Präsident Putin schlägt nun erste Maßnahmen vor. Viele davon gehen zu Lasten der Mittelschicht.
Die Coronavirus-Epidemie ist zwar etwas später nach Russland gekommen, beginnt aber schnell an Dynamik zu gewinnen. Ähnlich wie in Europa sind aufgrund der restriktiven Maßnahmen der Behörden viele Wirtschaftszweige betroffen. Besonders schwierig ist die Situation für kleine und mittlere Unternehmen, die über geringe finanzielle Reserven verfügen.
Angesichts der zunehmend dramatischen Situation wandte sich Präsident Putin am 25. März an die Nation. In seiner Rede kündigte er einen ganzen Komplex von Antikrisenmaßnahmen an. Sie umfassen die Unterstützung der Bevölkerung und der Wirtschaft sowie Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Virus. Unter anderem erklärte der Präsident die Woche vom 30. März bis zum 5. April für arbeitsfrei und forderte die Russen auf, zuhause zu bleiben.
Hilfe für sozial schwache
Der Präsident schlug vor, die bestehenden Sozialleistungen für Familien automatisch und mit möglichst wenig Bürokratie zu erweitern. Die Unterstützungsmaßnahmen umfassen unter andere Zuschüsse für Miete und Nebenkosten. Das maximale Arbeitslosengeld wird auf die Höhe des Mindestlohns angehoben. Weiterhin sollen Familien, die Anspruch auf Mutterschaftsgeld haben, zusätzliche finanzielle Unterstützung erhalten.
Unterstützung für Unternehmen
Putin sieht die Erhaltung von Arbeitsplätzen als oberste Priorität an. Die Unterstützungsmaßnahmen betreffen deshalb die von der Epidemie am stärksten betroffenen Branchen. Kleinen und mittleren Unternehmen wird eine sechsmonatige Karenzzeit für Steuerabgaben (mit Ausnahme der Mehrwertsteuer) und bei der Rückzahlung von Krediten gewährt. Außerdem wird ein Moratorium für den Konkurs von Unternehmen für die Dauer von sechs Monaten eingeführt sowie die Sozialabgaben auf die Löhne der Beschäftigten von 30 auf 15 Prozent gesenkt, wenn sie den Mindestlohn überschreiten. Wichtig hierbei ist, dass diese Antikrisenmaßnahmen auch langfristig Gültigkeit behalten sollen.
Die Regierung und die Zentralbank wurden vom Präsidenten zudem mit der Entwicklung weiterer Maßnahmen beauftragt, einschließlich der Ausweitung der staatlichen Garantien und Subventionen, um eine nachhaltige Kreditvergabe an die Realwirtschaft zu unterstützen.
Neue Steuern zu Lasten der Mittelschicht
Um die zusätzliche Belastung des Staatshaushalts etwas einzudämmen, sollen neue Steuern eingeführt werden. So hat der Präsident vorgeschlagen, die Steuer auf Dividenden, die auf ausländische Konten überwiesen werden, auf 15 Prozent zu erhöhen.
Putin schlug außerdem vor, eine Besteuerung von 13 Prozent auf Erträge aus Bankeinlagen und Investitionen in Schuldverschreibungen einzuführen. Zukünftig müssen alle Bankeinlagen, die eine Million Rubel überschreiten, besteuert werden. Diese Maßnahme scheint mir die umstrittenste von allen zu sein. Unter dem Vorwand, sich um die Armen zu kümmern, bedient man sich ganz unverfroren bei der russischen Mittelschicht. Nach Angaben der Deposit Insurance Agency machten Ende 2019 Einlagen über eine Million Rubel über 55 Prozent der Gesamteinlagen in Russland aus. Ihre Gesamtsumme beträgt etwa 17 Billionen Rubel. Die Einführung einer neuen Steuer auf Zinserträge aus Wertpapieren, die erst vor drei Jahren abgeschafft wurde, wird das Interesse der Anleger am kriselnden Aktienmarkt weiter verringern. Die zusätzlichen Haushaltseinnahmen durch die neuen Steuern werden auf etwa 120 Billionen Rubel geschätzt, das dürfte vor allem zu Lasten der Mittelschicht gehen.
Mein Fazit lautet: Einige der von Putin vorgeschlagenen Antikrisenmaßnahmen sind positiv zu bewerten, aber insgesamt sind sie unzureichend und widersprüchlich. Bürger und Unternehmen, die sich in einer schwierigen Situation befinden, brauchen neben dem Versprechen auf Stundungen und Vorteilszinsen unbedingt auch direkte finanzielle Unterstützung. Dies gilt auch für einkommensschwache Bevölkerungsschichten.
Andrey Nechaev, Wirtschaftsminister a.D.