Der russische Staat hat zahlreiche Anti-Krisen-Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus angekündigt. Dazu wandte sich Präsident Putin innerhalb weniger Wochen gleich viermal an die Nation, so häufig wie nie zuvor.
Die Kritik der Wirtschaft an den Staatshilfen war unüberhörbar. Jetzt hat Putin reagiert – und in seiner jüngsten Rede am Mittwoch zum ersten Mal direkte Hilfen für kleine und mittlere Unternehmen in Aussicht gestellt. Das war bisher nicht der Fall gewesen. Die staatlichen Hilfen waren vielmehr zumeist in Form von Steuererleichterungen oder Zahlungsaufschüben gewährt worden. Doch angesichts der immer massiveren Auswirkungen der Coronakrise musste reagiert werden.
Bisher war schon durchaus einiges geschehen. Neben der bereits angekündigten Halbierung des Sozialversicherungsbeitrags von 30 auf 15 Prozent und des sechsmonatigen Steueraufschub für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wurde die russische Zentralbank angewiesen, die regulatorischen Anforderungen an Banken zu vereinfachen, um betroffenen Unternehmen die Umstrukturierung ihrer Kreditschulden zu erleichtern. Zudem prüft die Regierung die Gewährung staatlich subventionierter Darlehen zum Nullprozentsatz, die Unternehmen die weitere Lohnzahlung ermöglichen soll.
Geplant ist, dass Gesundheitseinrichtungen und ihre Angestellten von staatlichen Unterstützungsmaßnahmen profitieren. Insgesamt 33 Milliarden Rubel aus dem Reservefonds der Regierung werden hier für die Verbessrung der Infrastruktur der Krankenhäuser bereitgestellt, weitere 13 Milliarden Rubel für den Kauf medizinischer Geräte und zehn Milliarden Rubel für die Zahlung medizinischer Zulagen. Ärzte, die direkt mit infizierten Patienten arbeiten, bekommen einen Zuschlag von bis zu 80.000 Rubel pro Monat, Sanitäter und Krankenschwestern von bis zu 50.000 Rubel.
Maßnahmen zur Unterstützung der Bürger
Ein vielfältiges Maßnahmenpaket soll ferner die russischen Bürger unterstützen – insbesondere Arbeitslose und Familien mit Kindern. Alle diejenigen, die ihren Arbeitsplatz nach dem 1. März verloren haben, erhalten drei Monate lang das maximale Arbeitslosengeld in Höhe von rund 12.000 Rubel monatlich. Auch wurden die Auszahlungsbeträge für Kindergeld erhöht und „Kreditferien“ für Bürger mit deutlich reduzierten Bezügen eingeführt.
Allerdings könnte eine relativ große Gruppe an Personen außen vor bleiben: informell Beschäftigte und Kleinstunternehmer, die nicht offiziell registriert sind – und von denen es russlandweit mindestens 15 Millionen gibt. Jedoch erhalten die russischen Regionen, die regionale Wirtschaftsentwicklungspläne aktiv umsetzen, zusätzliche Kredite aus dem föderalen Haushalt.
Maßnahmen nicht ausreichend
Die vorgeschlagenen Maßnahmen wurden durchaus begrüßt, aber viele Wirtschaftsexperten hielten sie für unzureichend. Nach den Erfahrungen anderer Länder wäre es ratsam gewesen, neben bedürftigen Bürgern auch Unternehmen, die von den Eindämmungsmaßnahmen der Regierung wirtschaftlich besonders betroffen sind, direkte finanzielle Unterstützung zu gewähren. Fiskale Vorteile und Zahlungsaufschübe allein reichten nicht aus, wie immer deutlicher wurde.
Mittlerweile scheint es sich herumgesprochen zu haben: Wenn ein Unternehmer aufgrund einer Betriebsunterbrechung nicht über die Mittel verfügt, um die Gehälter der Mitarbeiter auszuzahlen, ist es ihm egal, ob er Versicherungsprämien in Höhe von 15 Prozent anstatt 30 Prozent zahlt. Ähnlich verhält es sich im Falle einer Person, die kein Geld hat, um Miete und Nebenkosten zu bezahlen – sie wird nicht allein dadurch gerettet, dass sie keine Dokumente mehr vorlegen muss, um die Zahlungsfristen zu verlängern.
Putin hat jetzt darauf reagiert: Am Mittwoch verkündete er nach einer Onlinekonferenz mit dem Kabinett unter Regierungschef Mischustin Maßnahmen, die erstmals direkte Hilfen von monatlich 12.130 Rubel pro Kopf vorgesehen. Die Zahlungen sind dabei primär an den Erhalt der Arbeitsplätze geknüpft, droht dem Land doch eine millionenfache Arbeitslosigkeit. Ferner kann die stark in Mitleidenschaft gezogene Luftfahrt mit 23 Milliarden Rubel an Unterstützung rechnen – und weitere von der Krise am stärksten betroffenen Wirtschaftssektoren können hoffen. Das sind zweifelsohne Schritte in die richtige Richtung.
Noch aber sind einige unsinnige Initiativen nicht ganz vom Tisch wie der Vorschlag der Fraktion „Einiges Russland“, das Einfrieren der Lebensmittelpreise in Erwägung zu ziehen und Beschränkungen für die von Einzelhandelsketten angewandten Preisaufschläge einzuführen. Diese Initiative wurde von Regierungschef Mischustin bisher öffentlich unterstützt. Ende März ist bereits ein Gesetz in Kraft getreten, das der Regierung erlaubt, die Preise für Medikamente in einer Notsituation oder bei der Gefahr der Verbreitung einer gefährlichen Krankheit einzufrieren.
Erinnert sei hier: Ähnliche Entscheidungen waren im Dezember 1992 vom damaligen Premierminister Tschernomyrdin getroffen worden. Die Folge war das Verschwinden von „regulierten“ Waren aus den Supermarktregalen. Die Entscheidung musste schnell annulliert werden. Die aktuelle Regierung sollte nicht wieder in die gleiche Kerbe schlagen. Nun hat Präsident Putin weitere Anti-Krisen- Maßnahmen angekündigt. Hoffen wir, dass sich die neuen Lösungen als wirksamer und umfassender erweisen als die bisherigen.
Nechaev analysiert: Wie wirksam ist das russische Krisenmanagement?
Der russische Staat hat zahlreiche Anti-Krisen-Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus angekündigt. Dazu wandte sich Präsident Putin innerhalb weniger Wochen gleich viermal an die Nation, so häufig wie nie zuvor.
Die Kritik der Wirtschaft an den Staatshilfen war unüberhörbar. Jetzt hat Putin reagiert – und in seiner jüngsten Rede am Mittwoch zum ersten Mal direkte Hilfen für kleine und mittlere Unternehmen in Aussicht gestellt. Das war bisher nicht der Fall gewesen. Die staatlichen Hilfen waren vielmehr zumeist in Form von Steuererleichterungen oder Zahlungsaufschüben gewährt worden. Doch angesichts der immer massiveren Auswirkungen der Coronakrise musste reagiert werden.
Bisher war schon durchaus einiges geschehen. Neben der bereits angekündigten Halbierung des Sozialversicherungsbeitrags von 30 auf 15 Prozent und des sechsmonatigen Steueraufschub für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wurde die russische Zentralbank angewiesen, die regulatorischen Anforderungen an Banken zu vereinfachen, um betroffenen Unternehmen die Umstrukturierung ihrer Kreditschulden zu erleichtern. Zudem prüft die Regierung die Gewährung staatlich subventionierter Darlehen zum Nullprozentsatz, die Unternehmen die weitere Lohnzahlung ermöglichen soll.
Geplant ist, dass Gesundheitseinrichtungen und ihre Angestellten von staatlichen Unterstützungsmaßnahmen profitieren. Insgesamt 33 Milliarden Rubel aus dem Reservefonds der Regierung werden hier für die Verbessrung der Infrastruktur der Krankenhäuser bereitgestellt, weitere 13 Milliarden Rubel für den Kauf medizinischer Geräte und zehn Milliarden Rubel für die Zahlung medizinischer Zulagen. Ärzte, die direkt mit infizierten Patienten arbeiten, bekommen einen Zuschlag von bis zu 80.000 Rubel pro Monat, Sanitäter und Krankenschwestern von bis zu 50.000 Rubel.
Maßnahmen zur Unterstützung der Bürger
Ein vielfältiges Maßnahmenpaket soll ferner die russischen Bürger unterstützen – insbesondere Arbeitslose und Familien mit Kindern. Alle diejenigen, die ihren Arbeitsplatz nach dem 1. März verloren haben, erhalten drei Monate lang das maximale Arbeitslosengeld in Höhe von rund 12.000 Rubel monatlich. Auch wurden die Auszahlungsbeträge für Kindergeld erhöht und „Kreditferien“ für Bürger mit deutlich reduzierten Bezügen eingeführt.
Allerdings könnte eine relativ große Gruppe an Personen außen vor bleiben: informell Beschäftigte und Kleinstunternehmer, die nicht offiziell registriert sind – und von denen es russlandweit mindestens 15 Millionen gibt. Jedoch erhalten die russischen Regionen, die regionale Wirtschaftsentwicklungspläne aktiv umsetzen, zusätzliche Kredite aus dem föderalen Haushalt.
Maßnahmen nicht ausreichend
Die vorgeschlagenen Maßnahmen wurden durchaus begrüßt, aber viele Wirtschaftsexperten hielten sie für unzureichend. Nach den Erfahrungen anderer Länder wäre es ratsam gewesen, neben bedürftigen Bürgern auch Unternehmen, die von den Eindämmungsmaßnahmen der Regierung wirtschaftlich besonders betroffen sind, direkte finanzielle Unterstützung zu gewähren. Fiskale Vorteile und Zahlungsaufschübe allein reichten nicht aus, wie immer deutlicher wurde.
Mittlerweile scheint es sich herumgesprochen zu haben: Wenn ein Unternehmer aufgrund einer Betriebsunterbrechung nicht über die Mittel verfügt, um die Gehälter der Mitarbeiter auszuzahlen, ist es ihm egal, ob er Versicherungsprämien in Höhe von 15 Prozent anstatt 30 Prozent zahlt. Ähnlich verhält es sich im Falle einer Person, die kein Geld hat, um Miete und Nebenkosten zu bezahlen – sie wird nicht allein dadurch gerettet, dass sie keine Dokumente mehr vorlegen muss, um die Zahlungsfristen zu verlängern.
Putin hat jetzt darauf reagiert: Am Mittwoch verkündete er nach einer Onlinekonferenz mit dem Kabinett unter Regierungschef Mischustin Maßnahmen, die erstmals direkte Hilfen von monatlich 12.130 Rubel pro Kopf vorgesehen. Die Zahlungen sind dabei primär an den Erhalt der Arbeitsplätze geknüpft, droht dem Land doch eine millionenfache Arbeitslosigkeit. Ferner kann die stark in Mitleidenschaft gezogene Luftfahrt mit 23 Milliarden Rubel an Unterstützung rechnen – und weitere von der Krise am stärksten betroffenen Wirtschaftssektoren können hoffen. Das sind zweifelsohne Schritte in die richtige Richtung.
Noch aber sind einige unsinnige Initiativen nicht ganz vom Tisch wie der Vorschlag der Fraktion „Einiges Russland“, das Einfrieren der Lebensmittelpreise in Erwägung zu ziehen und Beschränkungen für die von Einzelhandelsketten angewandten Preisaufschläge einzuführen. Diese Initiative wurde von Regierungschef Mischustin bisher öffentlich unterstützt. Ende März ist bereits ein Gesetz in Kraft getreten, das der Regierung erlaubt, die Preise für Medikamente in einer Notsituation oder bei der Gefahr der Verbreitung einer gefährlichen Krankheit einzufrieren.
Erinnert sei hier: Ähnliche Entscheidungen waren im Dezember 1992 vom damaligen Premierminister Tschernomyrdin getroffen worden. Die Folge war das Verschwinden von „regulierten“ Waren aus den Supermarktregalen. Die Entscheidung musste schnell annulliert werden. Die aktuelle Regierung sollte nicht wieder in die gleiche Kerbe schlagen. Nun hat Präsident Putin weitere Anti-Krisen- Maßnahmen angekündigt. Hoffen wir, dass sich die neuen Lösungen als wirksamer und umfassender erweisen als die bisherigen.
Andrey Nechaev, Wirtschaftsminister a.D.