Anton Greiler ist Geschäftsführer von Julius Meinl Russland. Der österreichische Manager hat für das Wiener Kaffeeunternehmen Pionierarbeit auf dem russischen Markt geleistet. Erst 2009 stellte das Unternehmen die Weichen für den Markteintritt und ist heute bereits Marktführer. Wir sprachen mit ihm über die Corona-Krise und das Glück, ein systemrelevantes Produkt vertreiben zu können.
Herr Greiler, ähnlich wie in Europa bleiben in Russland Lebensmittelgeschäfte weiter geöffnet, Cafés und Restaurants aber sind geschlossen. Ist Kaffee eigentlich ein Grundnahrungsmittel?
Kaffee gehört glücklicherweise zu den Grundnahrungsmitteln und zu den Life Essential Products, wie das so schön von der russischen Regierung formuliert worden ist. Daher sind wir eine Firma, die zwar auf reduziertem Level, aber trotzdem weiter tätig sein darf. Tatsächlich liefern wir nach wie vor täglich an unsere Kunden aus – zumindest an die wenigen, die noch arbeiten dürfen. Zum Beispiel beliefern wir Tankstellen und Onlineshops, die Lieferungen nach Hause anbieten. Das Geschäft läuft also momentan weiter.
Dennoch kämpfen in der Corona-Krise zahlreich Gastronomen um ihr Überleben. Wie wirkt sich das auf das Geschäft von Julius Meinl in Russland aus?
Es wirkt sich natürlich sehr stark aus. Julius Meinl macht 70 bis 80 Prozent seines Gesamtgeschäfts im sogenannten Horeca-Bereich. Das Kürzel steht für HOtel/REstaurant/CAfé und bezeichnet generell das Gastgewerbe. Dies sind also Waren, die ausschließlich über Hotels, Restaurants und Cafés vertrieben werden und die ein Konsument im Handel für den Endverbrauch nicht erwerben kann.
Der Chef der russischen Café-Kette „Schokoladnitsa“, Oleg Podgornyj, sieht die Wiedereröffnung erst im Juli als realistisch. Wie ist Ihre Position?
Was die Wiederaufnahme der regulären Geschäftstätigkeit angeht, kann man natürlich nur spekulieren. Alle wissen genauso viel oder genauso wenig wie Präsident Putin selbst. Was wir allerdings gelernt haben durch die Erfahrungen in anderen Ländern wie in China ist, dass man davon ausgehen muss, dass der Shutdown mindestens zwei Monate dauern wird.
Ich persönlich gehe davon aus, dass in Russland hoffentlich Ende Mai wieder langsam mit den Öffnungen begonnen wird. Und ich hoffe, dass es nicht länger dauert, aber auszuschließen ist natürlich nichts. Generell ist das Bestreben natürlich da, so schnell wie möglich wieder aufzumachen, aber hier muss man immer wieder die gesundheitlichen Risiken und das Risiko einer zweiten Welle abwägen. Je länger es allerdings dauert, desto schlimmer sind die Auswirkungen für die Wirtschaft.
Sehen Sie in der Krise eine Änderung im Kaufverhalten? Wird verstärkt online eingekauft?
Was wir definitiv sehen, ist ein starker Schwenk zu Online-Käufen. Wir sind glücklicherweise auch im Retail-Geschäft präsent und den Online-Kanälen aktiv. Im Online-Bereich sehen wir aktuell 30 bis 40 Prozent Steigerung im Vergleich zu ähnlichen Perioden der Vergangenheit.
Traditionell gibt es in Russland zum Frühstück schwarzen Tee oder Kaffee – zumeist Instant-Kaffee. Ist eine Änderung im Kaffeekonsum der Russen in Zeiten des Shutdowns zu spüren?
Das sehen wir aktuell nicht. Grundsätzlich sind die Konsumgewohnheiten und die Verwendungsgewohnheiten ziemlich stabil. Es ist eher die Verwendung von Online-Kanälen beziehungsweise die Online-Bestellungen, die zunehmen. Aber dass sich die Art verändert, wie die Russen ihren morgendlichen Kaffee oder Tee zubereiten, sehen wir zu mindestens derzeit noch nicht.
Vor genau 300 Jahren entstand in St. Petersburg im Jahr 1720 das erste Kaffeehaus Russlands. Wie sehen Sie die Zukunft der spezialisierten Anbieter beziehungsweise der kleinen Coffee-Shops?
Das würde ich unabhängig von der Krise sehen. Die Anzahl an kleinen Coffee-Shops und von spezialisierten Anbietern nimmt insgesamt stetig zu. Das ist ein genereller Trend, den wir nicht nur in Russland, sondern weltweit beobachten. Und dies wird sich meiner Schätzung nach auch nach der Krise fortsetzen.
Interview: „Das Geschäft läuft weiter“
Anton Greiler ist Geschäftsführer von Julius Meinl Russland. Der österreichische Manager hat für das Wiener Kaffeeunternehmen Pionierarbeit auf dem russischen Markt geleistet. Erst 2009 stellte das Unternehmen die Weichen für den Markteintritt und ist heute bereits Marktführer. Wir sprachen mit ihm über die Corona-Krise und das Glück, ein systemrelevantes Produkt vertreiben zu können.
Herr Greiler, ähnlich wie in Europa bleiben in Russland Lebensmittelgeschäfte weiter geöffnet, Cafés und Restaurants aber sind geschlossen. Ist Kaffee eigentlich ein Grundnahrungsmittel?
Kaffee gehört glücklicherweise zu den Grundnahrungsmitteln und zu den Life Essential Products, wie das so schön von der russischen Regierung formuliert worden ist. Daher sind wir eine Firma, die zwar auf reduziertem Level, aber trotzdem weiter tätig sein darf. Tatsächlich liefern wir nach wie vor täglich an unsere Kunden aus – zumindest an die wenigen, die noch arbeiten dürfen. Zum Beispiel beliefern wir Tankstellen und Onlineshops, die Lieferungen nach Hause anbieten. Das Geschäft läuft also momentan weiter.
Dennoch kämpfen in der Corona-Krise zahlreich Gastronomen um ihr Überleben. Wie wirkt sich das auf das Geschäft von Julius Meinl in Russland aus?
Es wirkt sich natürlich sehr stark aus. Julius Meinl macht 70 bis 80 Prozent seines Gesamtgeschäfts im sogenannten Horeca-Bereich. Das Kürzel steht für HOtel/REstaurant/CAfé und bezeichnet generell das Gastgewerbe. Dies sind also Waren, die ausschließlich über Hotels, Restaurants und Cafés vertrieben werden und die ein Konsument im Handel für den Endverbrauch nicht erwerben kann.
Der Chef der russischen Café-Kette „Schokoladnitsa“, Oleg Podgornyj, sieht die Wiedereröffnung erst im Juli als realistisch. Wie ist Ihre Position?
Was die Wiederaufnahme der regulären Geschäftstätigkeit angeht, kann man natürlich nur spekulieren. Alle wissen genauso viel oder genauso wenig wie Präsident Putin selbst. Was wir allerdings gelernt haben durch die Erfahrungen in anderen Ländern wie in China ist, dass man davon ausgehen muss, dass der Shutdown mindestens zwei Monate dauern wird.
Ich persönlich gehe davon aus, dass in Russland hoffentlich Ende Mai wieder langsam mit den Öffnungen begonnen wird. Und ich hoffe, dass es nicht länger dauert, aber auszuschließen ist natürlich nichts. Generell ist das Bestreben natürlich da, so schnell wie möglich wieder aufzumachen, aber hier muss man immer wieder die gesundheitlichen Risiken und das Risiko einer zweiten Welle abwägen. Je länger es allerdings dauert, desto schlimmer sind die Auswirkungen für die Wirtschaft.
Sehen Sie in der Krise eine Änderung im Kaufverhalten? Wird verstärkt online eingekauft?
Was wir definitiv sehen, ist ein starker Schwenk zu Online-Käufen. Wir sind glücklicherweise auch im Retail-Geschäft präsent und den Online-Kanälen aktiv. Im Online-Bereich sehen wir aktuell 30 bis 40 Prozent Steigerung im Vergleich zu ähnlichen Perioden der Vergangenheit.
Traditionell gibt es in Russland zum Frühstück schwarzen Tee oder Kaffee – zumeist Instant-Kaffee. Ist eine Änderung im Kaffeekonsum der Russen in Zeiten des Shutdowns zu spüren?
Das sehen wir aktuell nicht. Grundsätzlich sind die Konsumgewohnheiten und die Verwendungsgewohnheiten ziemlich stabil. Es ist eher die Verwendung von Online-Kanälen beziehungsweise die Online-Bestellungen, die zunehmen. Aber dass sich die Art verändert, wie die Russen ihren morgendlichen Kaffee oder Tee zubereiten, sehen wir zu mindestens derzeit noch nicht.
Vor genau 300 Jahren entstand in St. Petersburg im Jahr 1720 das erste Kaffeehaus Russlands. Wie sehen Sie die Zukunft der spezialisierten Anbieter beziehungsweise der kleinen Coffee-Shops?
Das würde ich unabhängig von der Krise sehen. Die Anzahl an kleinen Coffee-Shops und von spezialisierten Anbietern nimmt insgesamt stetig zu. Das ist ein genereller Trend, den wir nicht nur in Russland, sondern weltweit beobachten. Und dies wird sich meiner Schätzung nach auch nach der Krise fortsetzen.