In Russland fallen jedes Jahr rund 70 Millionen Tonnen Haushaltsabfälle an – Tendenz steigend. Davon wird nur ein geringer Teil verwertet.
Zwar gehören private Haushalte nicht zu den größten Abfallerzeugern in Russland. Dies sind traditionell der Bergbau, die verarbeitende Industrie sowie die Energie- und Landwirtschaft. Dennoch ist das Volumen der Haushaltsabfälle mit rund 70 Millionen Tonnen im Jahr fast doppelt so groß wie in Deutschland – bei einer nur um 40 Prozent höheren Einwohnerzahl. Das weit größere Problem ist dabei nicht die Müllproduktion, sondern die Entsorgung. Während in Deutschland ein Großteil des Mülls in Verbrennungsanlagen zur Energiegewinnung genutzt oder in der Zementproduktion verwertet wird, landen in Russland etwa 95 Prozent auf Deponien.
Bürgerproteste stoßen Abfallreform an
Der Umgang mit dem Abfall gilt in Russland als zu sorglos: Die Deponien wachsen unkontrolliert an, Umweltgifte gelangen in Boden und Grundwasser. Insbesondere Probleme mit giftigen Emissionen und verschmutztem Sickerwasser haben in den vergangenen Jahren zu zahlreichen Protesten der örtlichen Bevölkerung geführt und die russische Politik zum Handeln gezwungen. Spätestens mit der Verkündung des Nationalen Projekts „Ökologie“ im Jahr 2018 rückte das Thema Abfall endgültig in den Fokus der russischen Öffentlichkeit.
Am 1. Januar 2019 hat die Reform der Abfallbranche offiziell begonnen. Alle Regionen müssen einen Vertrag mit mindestens einem lokalen Entsorgungsbetrieb abschließen, der sich um das Einsammeln, Verwerten und Deponieren des Hausmülls kümmert. Eine eigens gegründete Staatsgesellschaft – Russischer Ökologischer Operator (REO) – soll den Fortgang der Reform koordinieren. Dass dies keine leichte Aufgabe ist, zeigt die Entlassung des REO-Chef Denis Buzajew Ende November 2019 nach weniger als einem Jahr im Amt. Der neue Macher Michail Men soll der Organisation als ehemaliger Bau und Wohnungsminister mehr politisches Gewicht verleihen, um die Reform voranzutreiben.
Um die politischen Pläne umzusetzen, sollen bis 2024 über 4,2 Milliarden Euro an Investitionen in die Hausmüllentsorgung fließen. Zwei Drittel davon müssen die Entsorgungsunternehmen stemmen, ein Drittel kommt aus dem Staatshaushalt. Gerade deutsche Unternehmen rechnen sich hierbei gute Chancen aus. Die Russland AHK hat mit Unterstützung des Umweltministeriums eine eigene Webseite aufgebaut, um die Werbetrommel für deutsche Abfalltechnologien und Investoren zu rühren.
Parallel dazu soll bis 2024 die Deponiequote bei Hausmüll um rund ein Drittel auf 64 Prozent sinken. Dies ist dringend notwendig, weil viele Hausmülldeponien am Limit arbeiten.
Idee gut, Umsetzung schlecht
In der Theorie klingen die von der Politik definierten Ziele vielversprechend. In Realität kommt es jedoch zu strukturbedingten Problemen, mit denen sich in erster Linie die Entsorgungsbetriebe auseinandersetzen müssen. Ein Problem sind die niedrigen Abfallgebühren, mit denen sich kein effizientes, modernes Entsorgungssystem aufbauen lässt. Sie lagen 2019 pro Kopf und Monat durchschnittlich bei 130 Rubel. Hinzu kommt die geringe Zahlungsmoral der Haushalte. Inzwischen hat sich diese wegen der Corona-Krise weiter verschlechtert. Die Einnahmen der Abfallentsorger und des russischen Staates gehen wegen der Pandemie und des Ölpreisverfalls stark zurück. Gleichzeitig entstehen Kosten zur Bekämpfung der Krise und ihrer wirtschaftlichen Folgen. So ist bereits absehbar, dass die staatlichen Investitionspläne und Deadlines gestreckt werden müssen.
Umwelt und Energie: Corona verstärkt Abfallkrise in Russland
In Russland fallen jedes Jahr rund 70 Millionen Tonnen Haushaltsabfälle an – Tendenz steigend. Davon wird nur ein geringer Teil verwertet.
Zwar gehören private Haushalte nicht zu den größten Abfallerzeugern in Russland. Dies sind traditionell der Bergbau, die verarbeitende Industrie sowie die Energie- und Landwirtschaft. Dennoch ist das Volumen der Haushaltsabfälle mit rund 70 Millionen Tonnen im Jahr fast doppelt so groß wie in Deutschland – bei einer nur um 40 Prozent höheren Einwohnerzahl. Das weit größere Problem ist dabei nicht die Müllproduktion, sondern die Entsorgung. Während in Deutschland ein Großteil des Mülls in Verbrennungsanlagen zur Energiegewinnung genutzt oder in der Zementproduktion verwertet wird, landen in Russland etwa 95 Prozent auf Deponien.
Bürgerproteste stoßen Abfallreform an
Der Umgang mit dem Abfall gilt in Russland als zu sorglos: Die Deponien wachsen unkontrolliert an, Umweltgifte gelangen in Boden und Grundwasser. Insbesondere Probleme mit giftigen Emissionen und verschmutztem Sickerwasser haben in den vergangenen Jahren zu zahlreichen Protesten der örtlichen Bevölkerung geführt und die russische Politik zum Handeln gezwungen. Spätestens mit der Verkündung des Nationalen Projekts „Ökologie“ im Jahr 2018 rückte das Thema Abfall endgültig in den Fokus der russischen Öffentlichkeit.
Am 1. Januar 2019 hat die Reform der Abfallbranche offiziell begonnen. Alle Regionen müssen einen Vertrag mit mindestens einem lokalen Entsorgungsbetrieb abschließen, der sich um das Einsammeln, Verwerten und Deponieren des Hausmülls kümmert. Eine eigens gegründete Staatsgesellschaft – Russischer Ökologischer Operator (REO) – soll den Fortgang der Reform koordinieren. Dass dies keine leichte Aufgabe ist, zeigt die Entlassung des REO-Chef Denis Buzajew Ende November 2019 nach weniger als einem Jahr im Amt. Der neue Macher Michail Men soll der Organisation als ehemaliger Bau und Wohnungsminister mehr politisches Gewicht verleihen, um die Reform voranzutreiben.
Um die politischen Pläne umzusetzen, sollen bis 2024 über 4,2 Milliarden Euro an Investitionen in die Hausmüllentsorgung fließen. Zwei Drittel davon müssen die Entsorgungsunternehmen stemmen, ein Drittel kommt aus dem Staatshaushalt. Gerade deutsche Unternehmen rechnen sich hierbei gute Chancen aus. Die Russland AHK hat mit Unterstützung des Umweltministeriums eine eigene Webseite aufgebaut, um die Werbetrommel für deutsche Abfalltechnologien und Investoren zu rühren.
Parallel dazu soll bis 2024 die Deponiequote bei Hausmüll um rund ein Drittel auf 64 Prozent sinken. Dies ist dringend notwendig, weil viele Hausmülldeponien am Limit arbeiten.
Idee gut, Umsetzung schlecht
In der Theorie klingen die von der Politik definierten Ziele vielversprechend. In Realität kommt es jedoch zu strukturbedingten Problemen, mit denen sich in erster Linie die Entsorgungsbetriebe auseinandersetzen müssen. Ein Problem sind die niedrigen Abfallgebühren, mit denen sich kein effizientes, modernes Entsorgungssystem aufbauen lässt. Sie lagen 2019 pro Kopf und Monat durchschnittlich bei 130 Rubel. Hinzu kommt die geringe Zahlungsmoral der Haushalte. Inzwischen hat sich diese wegen der Corona-Krise weiter verschlechtert. Die Einnahmen der Abfallentsorger und des russischen Staates gehen wegen der Pandemie und des Ölpreisverfalls stark zurück. Gleichzeitig entstehen Kosten zur Bekämpfung der Krise und ihrer wirtschaftlichen Folgen. So ist bereits absehbar, dass die staatlichen Investitionspläne und Deadlines gestreckt werden müssen.