Alexander Davydov ist als Partner von Ward Howell, einer Beratungsfirma für Führungskräfte, in Moskau für die Bereiche Real Estate und Bau zuständig. Wir möchten von ihm etwas über die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Moskauer Immobilienmarkt wissen und wie Arbeitsmodelle der Zukunft aussehen könnten.
Herr Davydov, hat Corona das Ende der klassischen Büroarbeit eingeläutet? Werden Büroimmobilien in Zukunft überhaupt noch gebraucht?
Natürlich. In der Krise hat sich das Modell Homeoffice zwar als eine gute Möglichkeit bewährt, das Geschäft am Laufen zu halten. Aber man sollte die Nachteile nicht unterschätzen. So ist Heimarbeit zum Beispiel absolut ungeeignet für Business Development. Vielen Führungskräften fällt es sehr schwer, ihr Team durch den Griff zum Telefonhörer zu motivieren. Dazu ist ein viel dynamischeres Format notwendig, das auf echtem und persönlichem Austausch basiert.
Gleichzeitig ist auf dem Markt natürlich ein starker Trend hin zu mehr Heimarbeit zu beobachten. Große Unternehmen wie die Russische Post haben bereits eine Umstrukturierung hin zu mehr flexiblen Arbeitsplätzen angekündigt. Und diese Initiative kommt von einem konservativen Staatsunternehmen. Deswegen bin ich überzeugt, dass Privatunternehmen sehr schnell nachziehen werden. Wir haben in unserem Unternehmen eine Umfrage durchgeführt. 50 Prozent unserer Mitarbeiter würden gern zwei bis drei Tage die Woche von zuhause aus arbeiten. Und 25 Prozent sprechen sich für eine flexible Arbeitseinteilung aus, die ein Erscheinen im Büro nur im Falle einer Notwendigkeit vorsieht.
Wie schätzen Sie die Aussichten des russischen Immobilienmarkts ein?
Was den privaten Wohnungsmarkt angeht, sehe ich die Zukunft durchweg positiv. Die Qualität der Objekte nimmt stetig zu, und die Menschen wollen zunehmend in qualitativ hochwertigen Wohnungen leben. Und auch im Bereich der Gewerbeimmobilien ist alles nicht so schlecht. Wenn die Corona-Krise nicht gewesen wäre, gebe es auch hier beste Perspektiven. Dies hat den einfachen Grund, dass es insbesondere in Moskau einen Mangel an qualitativ hochwertigen Gebäuden gab und gibt. Attraktive Bürokomplexe wie zum Beispiel Moscow City werden auch in Zukunft nachgefragt sein. Allerdings könnte das Format sich ändern. Es wird mehr flexible Offices und repräsentative Einrichtungen geben. Dafür werden Backoffices für solche Dienstleistungen, die bequem von zuhause oder anderen Orten erledigt werden können, größtenteils verschwinden.
Ein neuer Weg könnte die Entwicklung von Coworking Spaces in großen Siedlungskomplexen sein. Dort, wo mehrere Tausend Personen auf einer begrenzten Fläche zusammenleben, könnten Hubs, also eine Mischung aus Homeoffice und dem realen Office, entstehen. Die Unternehmen würden ihren Mitarbeitern damit eine gute Alternative zum Homeoffice anbieten und gleichzeitig Zeit und Geld sparen.
Sehen Sie dennoch gewisse Risiken?
Natürlich werden die Immobilienpreise durch die Krise etwas fallen, aber die Nachfrage nach Top-Immobilien wird trotzdem da sein. In Moskau ist die Wiederherstellung des Marktes in den nächsten zwei bis drei Jahren realistisch. Ich spreche bewusst von Moskau, weil hier 80 Prozent aller Investitionen in den russischen Real-Estate-Markt konzentriert sind.
Durch die Krise ist der Umfang der Urlaubs- und Business-Flüge dramatisch gesunken und wird sich so schnell nicht wieder erholen. Was bedeutet dies für den Immobilienmarkt?
Sie sprechen wahrscheinlich die Hotelindustrie an. Ehrlich gesagt glaube ich, dass sich hier schnell alles wieder zum Guten wenden wird. Die Menschen haben nach wie vor eine große Bereitschaft zu reisen. Man darf die Angst der Menschen vor dem Virus und sonstigen Gefahren, die draußen lauern, nicht überschätzen. Sobald es wieder erlaubt sein wird, das Haus zu verlassen und zu verreisen, werden die Menschen diese Möglichkeit auch wahrnehmen.
Gilt ihr Optimismus auch für Messen und Kongresse?
Ähnlich wie für die Hotelindustrie sehe ich auch für die Konferenz- und Messeveranstalter keine allzu großen Probleme, sobald die Krise einmal überstanden ist. Mit Freude konnte ich zum Beispiel feststellen, dass meine Lieblingsmesse Expo Real nicht abgesagt worden ist. Sie ist für Anfang Oktober in München geplant. Ich glaube sogar, dass daran so viele Manager wie nie zuvor teilnehmen werden. Auch ein Blick auf die Börse zeigt, und das gilt auch für die Hotelindustrie, dass der Aktienwert der großen Player nicht wirklich signifikant gefallen ist.
Unsere letzte Frage gilt dem Einzelhandel. In den letzten Jahren ist ein Trend in Richtung Onlinehandel zu beobachten. Gleichzeitig geben Konsumenten in Krisenzeiten weniger Geld aus. In Deutschland ist jedes vierte Geschäft von der Insolvenz bedroht. Wie ist die Lage in Russland?
Ich glaube tatsächlich, dass ein gewisses Geschäftesterben unvermeidbar ist. Die Krise wird die unrentablen Händler aus dem Markt drängen. Man muss dazu sagen, dass es in Russland in den letzten Jahren zu einem dramatischen Zuwachs von nicht-effektiven Geschäften gekommen ist. Überleben werden also nur die stärksten Anbieter und die, die sich schnell an die neuen Gegebenheiten anpassen können.
Interview: „Ich sehe die Zukunft positiv“
Alexander Davydov ist als Partner von Ward Howell, einer Beratungsfirma für Führungskräfte, in Moskau für die Bereiche Real Estate und Bau zuständig. Wir möchten von ihm etwas über die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Moskauer Immobilienmarkt wissen und wie Arbeitsmodelle der Zukunft aussehen könnten.
Herr Davydov, hat Corona das Ende der klassischen Büroarbeit eingeläutet? Werden Büroimmobilien in Zukunft überhaupt noch gebraucht?
Natürlich. In der Krise hat sich das Modell Homeoffice zwar als eine gute Möglichkeit bewährt, das Geschäft am Laufen zu halten. Aber man sollte die Nachteile nicht unterschätzen. So ist Heimarbeit zum Beispiel absolut ungeeignet für Business Development. Vielen Führungskräften fällt es sehr schwer, ihr Team durch den Griff zum Telefonhörer zu motivieren. Dazu ist ein viel dynamischeres Format notwendig, das auf echtem und persönlichem Austausch basiert.
Gleichzeitig ist auf dem Markt natürlich ein starker Trend hin zu mehr Heimarbeit zu beobachten. Große Unternehmen wie die Russische Post haben bereits eine Umstrukturierung hin zu mehr flexiblen Arbeitsplätzen angekündigt. Und diese Initiative kommt von einem konservativen Staatsunternehmen. Deswegen bin ich überzeugt, dass Privatunternehmen sehr schnell nachziehen werden. Wir haben in unserem Unternehmen eine Umfrage durchgeführt. 50 Prozent unserer Mitarbeiter würden gern zwei bis drei Tage die Woche von zuhause aus arbeiten. Und 25 Prozent sprechen sich für eine flexible Arbeitseinteilung aus, die ein Erscheinen im Büro nur im Falle einer Notwendigkeit vorsieht.
Wie schätzen Sie die Aussichten des russischen Immobilienmarkts ein?
Was den privaten Wohnungsmarkt angeht, sehe ich die Zukunft durchweg positiv. Die Qualität der Objekte nimmt stetig zu, und die Menschen wollen zunehmend in qualitativ hochwertigen Wohnungen leben. Und auch im Bereich der Gewerbeimmobilien ist alles nicht so schlecht. Wenn die Corona-Krise nicht gewesen wäre, gebe es auch hier beste Perspektiven. Dies hat den einfachen Grund, dass es insbesondere in Moskau einen Mangel an qualitativ hochwertigen Gebäuden gab und gibt. Attraktive Bürokomplexe wie zum Beispiel Moscow City werden auch in Zukunft nachgefragt sein. Allerdings könnte das Format sich ändern. Es wird mehr flexible Offices und repräsentative Einrichtungen geben. Dafür werden Backoffices für solche Dienstleistungen, die bequem von zuhause oder anderen Orten erledigt werden können, größtenteils verschwinden.
Ein neuer Weg könnte die Entwicklung von Coworking Spaces in großen Siedlungskomplexen sein. Dort, wo mehrere Tausend Personen auf einer begrenzten Fläche zusammenleben, könnten Hubs, also eine Mischung aus Homeoffice und dem realen Office, entstehen. Die Unternehmen würden ihren Mitarbeitern damit eine gute Alternative zum Homeoffice anbieten und gleichzeitig Zeit und Geld sparen.
Sehen Sie dennoch gewisse Risiken?
Natürlich werden die Immobilienpreise durch die Krise etwas fallen, aber die Nachfrage nach Top-Immobilien wird trotzdem da sein. In Moskau ist die Wiederherstellung des Marktes in den nächsten zwei bis drei Jahren realistisch. Ich spreche bewusst von Moskau, weil hier 80 Prozent aller Investitionen in den russischen Real-Estate-Markt konzentriert sind.
Durch die Krise ist der Umfang der Urlaubs- und Business-Flüge dramatisch gesunken und wird sich so schnell nicht wieder erholen. Was bedeutet dies für den Immobilienmarkt?
Sie sprechen wahrscheinlich die Hotelindustrie an. Ehrlich gesagt glaube ich, dass sich hier schnell alles wieder zum Guten wenden wird. Die Menschen haben nach wie vor eine große Bereitschaft zu reisen. Man darf die Angst der Menschen vor dem Virus und sonstigen Gefahren, die draußen lauern, nicht überschätzen. Sobald es wieder erlaubt sein wird, das Haus zu verlassen und zu verreisen, werden die Menschen diese Möglichkeit auch wahrnehmen.
Gilt ihr Optimismus auch für Messen und Kongresse?
Ähnlich wie für die Hotelindustrie sehe ich auch für die Konferenz- und Messeveranstalter keine allzu großen Probleme, sobald die Krise einmal überstanden ist. Mit Freude konnte ich zum Beispiel feststellen, dass meine Lieblingsmesse Expo Real nicht abgesagt worden ist. Sie ist für Anfang Oktober in München geplant. Ich glaube sogar, dass daran so viele Manager wie nie zuvor teilnehmen werden. Auch ein Blick auf die Börse zeigt, und das gilt auch für die Hotelindustrie, dass der Aktienwert der großen Player nicht wirklich signifikant gefallen ist.
Unsere letzte Frage gilt dem Einzelhandel. In den letzten Jahren ist ein Trend in Richtung Onlinehandel zu beobachten. Gleichzeitig geben Konsumenten in Krisenzeiten weniger Geld aus. In Deutschland ist jedes vierte Geschäft von der Insolvenz bedroht. Wie ist die Lage in Russland?
Ich glaube tatsächlich, dass ein gewisses Geschäftesterben unvermeidbar ist. Die Krise wird die unrentablen Händler aus dem Markt drängen. Man muss dazu sagen, dass es in Russland in den letzten Jahren zu einem dramatischen Zuwachs von nicht-effektiven Geschäften gekommen ist. Überleben werden also nur die stärksten Anbieter und die, die sich schnell an die neuen Gegebenheiten anpassen können.