Artur Rosensterns „Die Rache der Baba Jaga“ ist ein gelungener Erstlingsroman.
In seinem Debütwerk arbeitet der russlanddeutsche Schriftsteller Artur Rosenstern gekonnt kulturelle Herkunftskonflikte auf. Das tut er mit einer Portion Humor und verpasst seiner Geschichte sogar ein „Happy End“.
Und so spielt sie sich ab: Gisbert ist ein ewiger Student von eher kleinerem Wuchs aus treudeutscher Familie und ebensolcher ostwestfälischer Umgebung. Er lässt sich gern durchs Leben treiben und reichlich Zeit, dessen wahren Ernst zu kosten. Julia ist immigrierte Osteuropäerin, eine ansehnliche Schönheit von Gardemaß und eine begabte, strebsame Hochschülerin obendrein. Sie platzt aus heiterem Himmel in seine lebensfroh-chaotische Bielefelder Männer-WG. Stereotyp gefestigte Vorurteile im krassen Umkehrschluss. Um Gisbert ist es schnell geschehen und nichtsdestotrotz blüht langsam aber sicher eine romantische Annäherungsgeschichte zwischen dem vordergründig so ungleichen Paar auf.
An vorderster Front kämpft ihre dominante Mutter dagegen, eine wahre Inkarnation der legendären Märchenfigur „Baba Jaga“, aus der slawisch-russischen Mythologie. Die resolute Sagenfigur mit vielen Gesichtern und magischen Zauberkräften kann beängstigend böse werden und dann doch so gutherzig sein. Wer sich als treu, arbeitsam und ehrlich erweist, den belohnt sie. Genau wie im Roman Julias scharfzüngige Mutter, die mit Zähnen und Klauen um den bedingungslosen Erhalt traditionell-kultureller Werte, Sitten und Gebräuche in ihrer ukrainisch-stämmigen Großfamilie kämpft. Sie will damit eigentlich doch nur das Allerbeste für die Verwandtschaft hüben und drüben.
Die auftretenden Akteure sind bunt und trefflich gezeichnet, das „Happy End” anheimelnd und beruhigend. Klingt trotz ernstem Hintergrund wie ein leichtfüßig-munteres Schmunzelstückchen, das sich gerade jetzt im sommerlichen Liegestuhl als Unterhaltungsbeigabe vergnüglich vernaschen lässt. Und das tut es auch. In einer klaren, schnörkellosen Sprache wird auf 260 Seiten eine turbulente Beziehungsgeschichte abgespult wie zwei so gegensätzliche Charaktere aus zwei so gegensätzlichen Kulturen letztlich ein starkes Band vereint: „Die Liebe, die überwindet alle Grenzen“, offenbart Artur Rosenstern in seinem ersten belletristischen Buch seine emotionale Botschaft, an die er selbst auch fest glaube.
Rosenstern, 1968 als Sohn schwäbisch-russischer Eltern in ländlicher Deportationsumgebung in Kasachstan geboren, zügelte genau am 3. Oktober 1990 in die Heimat seiner Altvorderen. „Ich fühlte mich anfangs wie auf einem anderen Planeten“, erinnert er sich. Von deutschstämmig zu Deutschsein, das sei eben doch eine lange Reise. Doch zur nötigen Anpassung half die gemeinsame Sprache, das Deutsche, und der schwäbische Dialekt, den die Vorfahren, vor allem seine Oma Frieda, in die östliche Fremde herübergerettet hatten.
Schon in Deutschland, studierte er Musik- und Medienwissenschaften sowie Mittelalterliche Geschichte. Sein kreatives Talent und seine Neigung, Gedanken ins geschriebene Wort zu fassen, zeigten sich schon im Grundschulalter und bestimmen mit einer Vielzahl von lyrischen, prosaischen und journalistischen Veröffentlichungen bis heute sein Leben. Und thematisch sein dringliches Bedürfnis, die tragische Geschichte seiner Vorfahren von Verbannung, Diskriminierung und vergeblichem Warten auf vollständige Rehabilitierung genau wie die Konflikte, die er während seiner eigenen Integration in Deutschland durchlebt habe, schriftlich zu verarbeiten. Schwer zu schluckende Kost, leichtverdaulich verpackt. Lohnt sich.
Frank Ebbecke
Artur Rosenstern „Die Rache der Baba Jaga“ Verlag Monika Fuchs, Hildesheim 260 Seiten/ 12,90 Euro ISBN: 978-3-947066-40-7
Geschäftsreise und Kultur: Integrationsgeschichte mit Humor
Artur Rosensterns „Die Rache der Baba Jaga“ ist ein gelungener Erstlingsroman.
In seinem Debütwerk arbeitet der russlanddeutsche Schriftsteller Artur Rosenstern gekonnt kulturelle Herkunftskonflikte auf. Das tut er mit einer Portion Humor und verpasst seiner Geschichte sogar ein „Happy End“.
Und so spielt sie sich ab: Gisbert ist ein ewiger Student von eher kleinerem Wuchs aus treudeutscher Familie und ebensolcher ostwestfälischer Umgebung. Er lässt sich gern durchs Leben treiben und reichlich Zeit, dessen wahren Ernst zu kosten. Julia ist immigrierte Osteuropäerin, eine ansehnliche Schönheit von Gardemaß und eine begabte, strebsame Hochschülerin obendrein. Sie platzt aus heiterem Himmel in seine lebensfroh-chaotische Bielefelder Männer-WG. Stereotyp gefestigte Vorurteile im krassen Umkehrschluss. Um Gisbert ist es schnell geschehen und nichtsdestotrotz blüht langsam aber sicher eine romantische Annäherungsgeschichte zwischen dem vordergründig so ungleichen Paar auf.
An vorderster Front kämpft ihre dominante Mutter dagegen, eine wahre Inkarnation der legendären Märchenfigur „Baba Jaga“, aus der slawisch-russischen Mythologie. Die resolute Sagenfigur mit vielen Gesichtern und magischen Zauberkräften kann beängstigend böse werden und dann doch so gutherzig sein. Wer sich als treu, arbeitsam und ehrlich erweist, den belohnt sie. Genau wie im Roman Julias scharfzüngige Mutter, die mit Zähnen und Klauen um den bedingungslosen Erhalt traditionell-kultureller Werte, Sitten und Gebräuche in ihrer ukrainisch-stämmigen Großfamilie kämpft. Sie will damit eigentlich doch nur das Allerbeste für die Verwandtschaft hüben und drüben.
Die auftretenden Akteure sind bunt und trefflich gezeichnet, das „Happy End” anheimelnd und beruhigend. Klingt trotz ernstem Hintergrund wie ein leichtfüßig-munteres Schmunzelstückchen, das sich gerade jetzt im sommerlichen Liegestuhl als Unterhaltungsbeigabe vergnüglich vernaschen lässt. Und das tut es auch. In einer klaren, schnörkellosen Sprache wird auf 260 Seiten eine turbulente Beziehungsgeschichte abgespult wie zwei so gegensätzliche Charaktere aus zwei so gegensätzlichen Kulturen letztlich ein starkes Band vereint: „Die Liebe, die überwindet alle Grenzen“, offenbart Artur Rosenstern in seinem ersten belletristischen Buch seine emotionale Botschaft, an die er selbst auch fest glaube.
Rosenstern, 1968 als Sohn schwäbisch-russischer Eltern in ländlicher Deportationsumgebung in Kasachstan geboren, zügelte genau am 3. Oktober 1990 in die Heimat seiner Altvorderen. „Ich fühlte mich anfangs wie auf einem anderen Planeten“, erinnert er sich. Von deutschstämmig zu Deutschsein, das sei eben doch eine lange Reise. Doch zur nötigen Anpassung half die gemeinsame Sprache, das Deutsche, und der schwäbische Dialekt, den die Vorfahren, vor allem seine Oma Frieda, in die östliche Fremde herübergerettet hatten.
Schon in Deutschland, studierte er Musik- und Medienwissenschaften sowie Mittelalterliche Geschichte. Sein kreatives Talent und seine Neigung, Gedanken ins geschriebene Wort zu fassen, zeigten sich schon im Grundschulalter und bestimmen mit einer Vielzahl von lyrischen, prosaischen und journalistischen Veröffentlichungen bis heute sein Leben. Und thematisch sein dringliches Bedürfnis, die tragische Geschichte seiner Vorfahren von Verbannung, Diskriminierung und vergeblichem Warten auf vollständige Rehabilitierung genau wie die Konflikte, die er während seiner eigenen Integration in Deutschland durchlebt habe, schriftlich zu verarbeiten. Schwer zu schluckende Kost, leichtverdaulich verpackt. Lohnt sich.
Frank Ebbecke
Artur Rosenstern
„Die Rache der Baba Jaga“
Verlag Monika Fuchs, Hildesheim
260 Seiten/ 12,90 Euro
ISBN: 978-3-947066-40-7