Am 9. August 2020 wird Alexander Lukaschenko zum sechsten Mal die Präsidentschaftswahlen in Belarus gewinnen. Dennoch handelt es sich um eine ungewöhnliche Wahl.
Ungewöhnlich nicht nur angesichts der Corona-Pandemie, sondern auch angesichts der Tatsache, dass im Wahlkampf erstmals Vertreter des belarussischen politischen Establishments offen gegen Lukaschenko auftraten. Zwar mag der Wahlausgang selbst nur wenig Spannung versprechen, der Wahlkampf verliert dadurch jedoch nur wenig an Dramatik. Vor allem aber scheint die Opposition gegen Lukaschenko endgültig aufzuhören, ein Minderheitsprogramm zu sein. Vielmehr gewinnt sie schrittweise an Kraft und Form und erreicht immer größere Bevölkerungsgruppen.
Perspektiven belarussischer Opposition
Die Nominierung der stärksten Herausforderer Lukaschenkos wusste das offizielle Minsk freilich zu verhindern. Gegen den in U-Haft genommenen ehemaligen Leiter der Belgazprombank, Viktor Babariko, wurde ein Strafverfahren wegen angeblicher Geldwäsche eingeleitet. Dem Gründer des Hochtechnologieparks, Valeri Tsepkalo, wurde die Registrierung verweigert; einer geplanten Verhaftung entging er durch die Ausreise nach Russland. Nach der Verhaftung des populären Bloggers Sergej Tichanowski erklärte seine Frau Swetlana Tichanowskaja ihre Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen. Nachdem Lukaschenko sie als Gegner nicht fürchten dürfte, wurde sie offiziell zur Wahl zugelassen.
Im Falle des Sieges kündigt Tichanowskaja neben der Freilassung politischer Gefangener, eine baldige Abhaltung freier und demokratischer Wahlen an. Obwohl Tichanowskajas Wahlkundgebungen zu den mit Abstand größten Oppositionsveranstaltungen seit einem Jahrzehnt zählen und Zehntausende Menschen versammeln, kann ihr Wahlsieg so gut wie ausgeschlossen werden. Aber auch wenn sich Lukaschenko keinesfalls abwählen lassen wird und das amtliche Wahlergebnis in Belarus wenig glaubhaft erscheint, bleibt das Wahlergebnis Tichanowskajas dennoch mit Blick auf die Zukunft des politischen Systems eine wichtige Unbekannte dieser Präsidentschaftswahlen. Massive Wahlfälschungen sowie weitere Repressionen werden das Verhältnis zum Westen belasten, angesichts der zunehmend schwierigeren Beziehung zu Moskau dürfte es sich dabei keinesfalls um ein Wunschszenario von Lukaschenko handeln.
Lukaschenko: Mit alten Losungen zur Wiederwahl
Im Wahlkampf positioniert sich Lukaschenko, wie bereits mehrfach in der Vergangenheit, als einziger Garant für Stabilität, Sicherheit und Souveränität. Währenddessen verlor der Langzeitpräsident in den vergangenen Monaten deutlich an Popularität in der Bevölkerung, insbesondere aufgrund schwacher Wirtschaftsdaten und des demonstrativen Ignorierens der Corona-Pandemie.
Das rigorose Vorgehen gegen die Oppositionskandidaten mag jetzt zwar kurzfristig einige Probleme lösen, mittel- bis langfristig werden die repressiven Maßnahmen der belarussischen Führung die oppositionelle Stimmung in der Bevölkerung jedoch weiter befeuern. Vor allem aber bleibt unklar, was Lukaschenko dem Land nach 25 Jahren de facto Alleinherrschaft noch bieten kann.
Quo vadis, Belarus?
Der außenpolitische Wunsch des belarussischen
Präsidenten, sein Land als einen Brückenstaat zwischen der EU und Russland zu
positionieren, bleibt am Leben. Ungeachtet des umfassenden wirtschafts-,
energie- und sicherheitspolitischen Abhängigkeitsverhältnisses von Russland gelingt
es Minsk seit Jahren mit beachtenswerter Nachhaltigkeit die eigenen Positionen
und Interessen durchzusetzen und auch innerhalb russlandgeführter
Integrationsprojekte im GUS-Raum als ein durchaus ernstes Gegengewicht zu Moskau
aufzutreten.
Angesichts der offensichtlichen Abhängigkeit von Moskau und des nach wie vor autoritär-repressiven Charakters des politischen Regimes bleibt aber eine grundlegende nachhaltige Diversifizierung des Verhältnisses gegenüber dem Westen wenig erfolgversprechend.
Dr. Alexander Dubowyist Forscher im Bereich Internationale Beziehungen und Sicherheitspolitikmit Schwerpunkt auf Osteuropa, Russland und den GUS-Raum
EAWU Insights: Die Präsidentschaftswahlen in Belarus
Am 9. August 2020 wird Alexander Lukaschenko zum sechsten Mal die Präsidentschaftswahlen in Belarus gewinnen. Dennoch handelt es sich um eine ungewöhnliche Wahl.
Ungewöhnlich nicht nur angesichts der Corona-Pandemie, sondern auch angesichts der Tatsache, dass im Wahlkampf erstmals Vertreter des belarussischen politischen Establishments offen gegen Lukaschenko auftraten. Zwar mag der Wahlausgang selbst nur wenig Spannung versprechen, der Wahlkampf verliert dadurch jedoch nur wenig an Dramatik. Vor allem aber scheint die Opposition gegen Lukaschenko endgültig aufzuhören, ein Minderheitsprogramm zu sein. Vielmehr gewinnt sie schrittweise an Kraft und Form und erreicht immer größere Bevölkerungsgruppen.
Perspektiven belarussischer Opposition
Die Nominierung der stärksten Herausforderer Lukaschenkos wusste das offizielle Minsk freilich zu verhindern. Gegen den in U-Haft genommenen ehemaligen Leiter der Belgazprombank, Viktor Babariko, wurde ein Strafverfahren wegen angeblicher Geldwäsche eingeleitet. Dem Gründer des Hochtechnologieparks, Valeri Tsepkalo, wurde die Registrierung verweigert; einer geplanten Verhaftung entging er durch die Ausreise nach Russland. Nach der Verhaftung des populären Bloggers Sergej Tichanowski erklärte seine Frau Swetlana Tichanowskaja ihre Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen. Nachdem Lukaschenko sie als Gegner nicht fürchten dürfte, wurde sie offiziell zur Wahl zugelassen.
Im Falle des Sieges kündigt Tichanowskaja neben der Freilassung politischer Gefangener, eine baldige Abhaltung freier und demokratischer Wahlen an. Obwohl Tichanowskajas Wahlkundgebungen zu den mit Abstand größten Oppositionsveranstaltungen seit einem Jahrzehnt zählen und Zehntausende Menschen versammeln, kann ihr Wahlsieg so gut wie ausgeschlossen werden. Aber auch wenn sich Lukaschenko keinesfalls abwählen lassen wird und das amtliche Wahlergebnis in Belarus wenig glaubhaft erscheint, bleibt das Wahlergebnis Tichanowskajas dennoch mit Blick auf die Zukunft des politischen Systems eine wichtige Unbekannte dieser Präsidentschaftswahlen. Massive Wahlfälschungen sowie weitere Repressionen werden das Verhältnis zum Westen belasten, angesichts der zunehmend schwierigeren Beziehung zu Moskau dürfte es sich dabei keinesfalls um ein Wunschszenario von Lukaschenko handeln.
Lukaschenko: Mit alten Losungen zur Wiederwahl
Im Wahlkampf positioniert sich Lukaschenko, wie bereits mehrfach in der Vergangenheit, als einziger Garant für Stabilität, Sicherheit und Souveränität. Währenddessen verlor der Langzeitpräsident in den vergangenen Monaten deutlich an Popularität in der Bevölkerung, insbesondere aufgrund schwacher Wirtschaftsdaten und des demonstrativen Ignorierens der Corona-Pandemie.
Das rigorose Vorgehen gegen die Oppositionskandidaten mag jetzt zwar kurzfristig einige Probleme lösen, mittel- bis langfristig werden die repressiven Maßnahmen der belarussischen Führung die oppositionelle Stimmung in der Bevölkerung jedoch weiter befeuern. Vor allem aber bleibt unklar, was Lukaschenko dem Land nach 25 Jahren de facto Alleinherrschaft noch bieten kann.
Quo vadis, Belarus?
Der außenpolitische Wunsch des belarussischen Präsidenten, sein Land als einen Brückenstaat zwischen der EU und Russland zu positionieren, bleibt am Leben. Ungeachtet des umfassenden wirtschafts-, energie- und sicherheitspolitischen Abhängigkeitsverhältnisses von Russland gelingt es Minsk seit Jahren mit beachtenswerter Nachhaltigkeit die eigenen Positionen und Interessen durchzusetzen und auch innerhalb russlandgeführter Integrationsprojekte im GUS-Raum als ein durchaus ernstes Gegengewicht zu Moskau aufzutreten.
Angesichts der offensichtlichen Abhängigkeit von Moskau und des nach wie vor autoritär-repressiven Charakters des politischen Regimes bleibt aber eine grundlegende nachhaltige Diversifizierung des Verhältnisses gegenüber dem Westen wenig erfolgversprechend.
Dr. Alexander Dubowy ist Forscher im Bereich Internationale Beziehungen und Sicherheitspolitik mit Schwerpunkt auf Osteuropa, Russland und den GUS-Raum