Die Vergiftung Alexej Nawalnijs mag zwar den endgültigen Auslöser für eine tiefe Zäsur der EU-Russland-Beziehungen bilden, der eigentliche Grund für den Bruch ist der Fall Nawalnij aber freilich nicht.
Dieser Bruch hat sich über die vergangenen 25 Jahre abgezeichnet und weist systemischen Charakter auf. Die strukturellen Probleme der EU sowie die paradigmatischen Veränderungen globaler Ordnungsstrukturen kommen erschwerend hinzu.
Unterschiedliche Erwartungen
Einen der zentralen Gründe für die Beziehungskrise bilden die vom Anbeginn an unterschiedlichen Erwartungshaltungen über Zielsetzungen der gemeinsamen Beziehung. Die EU erwartete von Russland einen schrittweisen Annäherungsprozess nach dem Muster der mittelosteuropäischen Staaten durch Übernahme EU-europäischer Normen, Werte und Prinzipien. Im Zuge dieses Prozesses sollte Russland EU-kompatibel werden und sich hin zur Schwelle eines EU-Beitritts bewegen. Letzterer war aufgrund der Größe Russlands freilich undenkbar.
Russland dagegen wollte möglichst rasch zum vollwertigen Mitglied der euro-atlantischen Gemeinschaft werden und erwartete das Verständnis der EU für russische Positionen und Interessen. Am Ende sollten in Europa völlig neue kooperative Wirtschafts- und Sicherheitsstrukturen entstehen, unter gleichrangiger Beteiligung Russlands, so die Wunschvorstellung Moskaus.
Die unterschiedlichen Erwartungshaltungen und einander ausschließende Narrative führten dazu, dass eine gemeinsame Vision über die Zukunft der Beziehungen gar nicht erst entstehen konnte. Man verwendete gleiche Begriffe und verstand doch Unterschiedliches darunter. Obwohl im Rahmen unzähliger Dialogforen ständig miteinander gesprochen wurde, redeten beide Seiten aneinander vorbei. Massive gegenseitige Enttäuschung war somit vorprogrammiert. Die gegenseitigen Sanktionen sind dabei der sichtbare Ausdruck der Entfremdung.
Integration der Integrationen als möglicher Ausweg?
Auch die Kooperation zwischen der EU und der EAWU scheint aus heutiger Sicht kaum eine nachhaltige Grundlage für eine gemeinsame Zukunftsvision zu bilden. Auf EU-Seite überwiegt angesichts des fehlenden supranationalen Charakters und der stark divergierenden Interessen der EAWU-Mitglieder die Skepsis hinsichtlich der rein wirtschaftlichen Natur und der Zielsetzungen der EAWU.
Gegenseitige Projektionsfläche
Eine strategische Partnerschaft im umfassenden Sinn zwischen Brüssel und Moskau ist kaum mehr zu erwarten. Die EU und Russland werden nur noch nebeneinander, aber nicht mehr miteinander leben. Die EU ist für Russland genauso wie auch Russland für die EU endgültig zu etwas Anderem geworden: zu einer Projektionsfläche für all das, was man selbst nicht ist und nicht sein möchte, sowie gleichsam zu einer Stütze für eigene Identitätsfindung und für die Selbstdefinition ex negativo. Die Wohlfühlphase haben die EU und die Russische Föderation bereits hinter sich gebracht, und es steht zu befürchten, dass der Tiefpunkt noch nicht erreicht ist.
EAWU Insights: EU und Russland: Zu Monologen unter Anwesenden
Die Vergiftung Alexej Nawalnijs mag zwar den endgültigen Auslöser für eine tiefe Zäsur der EU-Russland-Beziehungen bilden, der eigentliche Grund für den Bruch ist der Fall Nawalnij aber freilich nicht.
Dieser Bruch hat sich über die vergangenen 25 Jahre abgezeichnet und weist systemischen Charakter auf. Die strukturellen Probleme der EU sowie die paradigmatischen Veränderungen globaler Ordnungsstrukturen kommen erschwerend hinzu.
Unterschiedliche Erwartungen
Einen der zentralen Gründe für die Beziehungskrise bilden die vom Anbeginn an unterschiedlichen Erwartungshaltungen über Zielsetzungen der gemeinsamen Beziehung. Die EU erwartete von Russland einen schrittweisen Annäherungsprozess nach dem Muster der mittelosteuropäischen Staaten durch Übernahme EU-europäischer Normen, Werte und Prinzipien. Im Zuge dieses Prozesses sollte Russland EU-kompatibel werden und sich hin zur Schwelle eines EU-Beitritts bewegen. Letzterer war aufgrund der Größe Russlands freilich undenkbar.
Russland dagegen wollte möglichst rasch zum vollwertigen Mitglied der euro-atlantischen Gemeinschaft werden und erwartete das Verständnis der EU für russische Positionen und Interessen. Am Ende sollten in Europa völlig neue kooperative Wirtschafts- und Sicherheitsstrukturen entstehen, unter gleichrangiger Beteiligung Russlands, so die Wunschvorstellung Moskaus.
Die unterschiedlichen Erwartungshaltungen und einander ausschließende Narrative führten dazu, dass eine gemeinsame Vision über die Zukunft der Beziehungen gar nicht erst entstehen konnte. Man verwendete gleiche Begriffe und verstand doch Unterschiedliches darunter. Obwohl im Rahmen unzähliger Dialogforen ständig miteinander gesprochen wurde, redeten beide Seiten aneinander vorbei. Massive gegenseitige Enttäuschung war somit vorprogrammiert. Die gegenseitigen Sanktionen sind dabei der sichtbare Ausdruck der Entfremdung.
Integration der Integrationen als möglicher Ausweg?
Auch die Kooperation zwischen der EU und der EAWU scheint aus heutiger Sicht kaum eine nachhaltige Grundlage für eine gemeinsame Zukunftsvision zu bilden. Auf EU-Seite überwiegt angesichts des fehlenden supranationalen Charakters und der stark divergierenden Interessen der EAWU-Mitglieder die Skepsis hinsichtlich der rein wirtschaftlichen Natur und der Zielsetzungen der EAWU.
Gegenseitige Projektionsfläche
Eine strategische Partnerschaft im umfassenden Sinn zwischen Brüssel und Moskau ist kaum mehr zu erwarten. Die EU und Russland werden nur noch nebeneinander, aber nicht mehr miteinander leben. Die EU ist für Russland genauso wie auch Russland für die EU endgültig zu etwas Anderem geworden: zu einer Projektionsfläche für all das, was man selbst nicht ist und nicht sein möchte, sowie gleichsam zu einer Stütze für eigene Identitätsfindung und für die Selbstdefinition ex negativo. Die Wohlfühlphase haben die EU und die Russische Föderation bereits hinter sich gebracht, und es steht zu befürchten, dass der Tiefpunkt noch nicht erreicht ist.