Nikolaus Frei, ehemaliger CEO des russischen Versicherers Rosgosstrakh, über die wachsende Bedeutung des Internetvertriebs in Russland.
Herr Frei, Sie sind im Laufe Ihrer Karriere viel herumgekommen. Wann haben Sie Russland zum ersten Mal besucht?
Ich war zum ersten Mal 1991 in Russland und dann immer wieder in den 1990er-Jahren und zu Beginn der 2000er. Erst dann ergab sich eine längere Pause von zehn Jahren, in der ich das Land nicht mehr besucht habe.
2013 sind Sie wieder nach Russland zurückgekehrt und als CEO bei der Allianz eingestiegen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Unternehmen in einer schwierigen Phase. Es gab zwei Probleme: Zum einen hatte die Firma erst seit Kurzem einen Merger zwischen Rosno, der SAK Allianz und der Progressgarant abgeschlossen. Der Merger wurde Ende 2012 durchgeführt und die drei Firmen waren noch nicht vollständig miteinander verschmolzen – das Management-Team hatte es noch nicht geschafft, eine gute Kommunikation aufzubauen. Gleichzeitig ist dieses neue Gebilde auf eine sehr schwierige Marktsituation gestoßen. Meine wichtigste Herausforderung war, die Firma im Hinblick auf die großen Probleme im OSAGO-Bereich (russische Kfz-Haftpflicht, Anm. d. Red.) zu sanieren.
2016 haben Sie die Allianz schließlich in Richtung Rosgosstrakh verlassen.
Ende 2016 war die Allianz nach drei Jahren weitestgehend saniert und auf einem klaren Kurs. Ich hatte mich eigentlich auf eine Pause gefreut und saß buchstäblich auf gepackten Koffern, als das Angebot von Rosgosstrakh kam. Das Angebot entpuppte sich als spannende Herausforderung, zu der ich nicht Nein sagen konnte. Denn Rosgosstrakh ist eine der größten Marken in Russland sowie mit ihrer Gründung im Jahr 1921 eine der ältesten Firmen des Landes. Die Aufgabe klang ähnlich wie bei der Allianz – riesige, immer größer werdende Verluste. Ich hatte durch meine Zeit bei der Allianz genügend Erfahrungen gesammelt, um zu wissen, wo es anzupacken galt. Deshalb habe ich mir diese Herausforderung zugetraut.
Was waren für Sie die größten Unterschiede zwischen dem deutschen Arbeitgeber Allianz und dem russischen Arbeitgeber Rosgosstrakh?
Vergleicht man die Rosgosstrakh mit der Allianz Deutschland, dann überwiegen die Gemeinsamkeiten. Die Allianz feierte 2015 ihren 125. Geburtstag und ist somit nicht viel älter als die Rosgosstrakh. Vom Namen her ist die Allianz in Deutschland eine renommierte Adresse. Kongruent verhält es sich mit Rosgosstrakh in Russland. Ich treffe immer wieder Leute, die mir erzählen, dass sie sich noch aus Kindheitszeiten an Rosgosstrakh erinnern. Beim Blick auf die Vertriebskanäle ist Rosgosstrakh eine typische Agentengesellschaft. Das Unternehmen besitzt landesweit 35.000 Agenten und möchte mittelfristig auf bis zu 50.000 wachsen.
Sie haben gerade die Agenten angesprochen. Wie empfinden Sie die wachsende Bedeutung des Internetvertriebs?
Der moderne Kunde sucht mittlerweile im Internet und kauft online. Je komplizierter die Versicherung ist, desto größer ist jedoch der Beratungsaufwand. Generell gibt es obligatorische und optionale Versicherungen. Bei ersterer kann man als Versicherer einfach warten, bis der Kunde auf einen zukommt, weil er die Versicherung eben benötigt. Das Paradebeispiel ist natürlich OSAGO, eine Zwangsversicherung, die jeder Autofahrer abschließen muss. Allgemein gilt: Ein normaler Kunde wacht nicht morgens auf und sagt, heute muss ich Brot, Milch und eine Hausratsversicherung kaufen. Allerdings ist die Sensibilisierung für verschiedene Versicherungsarten in Russland im Vergleich zu Westeuropa noch nicht so weit fortgeschritten. Die Kennzahlen lassen sich am Prozentsatz der Bruttoprämien im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt ganz einfach ablesen. Diese ist in Russland drei- bis viermal niedriger als in Westeuropa und etwa 2,5-mal niedriger als in osteuropäischen Ländern wie Polen und Tschechien.
Lesen Sie das vollständige Interview mit Nikolaus Frei in der Ausgabe 7/8-2019 der Zeitschrift OstContact.
Digitalisierung: Versicherungen – Der moderne Kunde kauft online
Nikolaus Frei, ehemaliger CEO des russischen Versicherers Rosgosstrakh, über die wachsende Bedeutung des Internetvertriebs in Russland.
Herr Frei, Sie sind im Laufe Ihrer Karriere viel herumgekommen. Wann haben Sie Russland zum ersten Mal besucht?
Ich war zum ersten Mal 1991 in Russland und dann immer wieder in den 1990er-Jahren und zu Beginn der 2000er. Erst dann ergab sich eine längere Pause von zehn Jahren, in der ich das Land nicht mehr besucht habe.
2013 sind Sie wieder nach Russland zurückgekehrt und als CEO bei der Allianz eingestiegen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Unternehmen in einer schwierigen Phase. Es gab zwei Probleme: Zum einen hatte die Firma erst seit Kurzem einen Merger zwischen Rosno, der SAK Allianz und der Progressgarant abgeschlossen. Der Merger wurde Ende 2012 durchgeführt und die drei Firmen waren noch nicht vollständig miteinander verschmolzen – das Management-Team hatte es noch nicht geschafft, eine gute Kommunikation aufzubauen. Gleichzeitig ist dieses neue Gebilde auf eine sehr schwierige Marktsituation gestoßen. Meine wichtigste Herausforderung war, die Firma im Hinblick auf die großen Probleme im OSAGO-Bereich (russische Kfz-Haftpflicht, Anm. d. Red.) zu sanieren.
2016 haben Sie die Allianz schließlich in Richtung Rosgosstrakh verlassen.
Ende 2016 war die Allianz nach drei Jahren weitestgehend saniert und auf einem klaren Kurs. Ich hatte mich eigentlich auf eine Pause gefreut und saß buchstäblich auf gepackten Koffern, als das Angebot von Rosgosstrakh kam. Das Angebot entpuppte sich als spannende Herausforderung, zu der ich nicht Nein sagen konnte. Denn Rosgosstrakh ist eine der größten Marken in Russland sowie mit ihrer Gründung im Jahr 1921 eine der ältesten Firmen des Landes. Die Aufgabe klang ähnlich wie bei der Allianz – riesige, immer größer werdende Verluste. Ich hatte durch meine Zeit bei der Allianz genügend Erfahrungen gesammelt, um zu wissen, wo es anzupacken galt. Deshalb habe ich mir diese Herausforderung zugetraut.
Was waren für Sie die größten Unterschiede zwischen dem deutschen Arbeitgeber Allianz und dem russischen Arbeitgeber Rosgosstrakh?
Vergleicht man die Rosgosstrakh mit der Allianz Deutschland, dann überwiegen die Gemeinsamkeiten. Die Allianz feierte 2015 ihren 125. Geburtstag und ist somit nicht viel älter als die Rosgosstrakh. Vom Namen her ist die Allianz in Deutschland eine renommierte Adresse. Kongruent verhält es sich mit Rosgosstrakh in Russland. Ich treffe immer wieder Leute, die mir erzählen, dass sie sich noch aus Kindheitszeiten an Rosgosstrakh erinnern. Beim Blick auf die Vertriebskanäle ist Rosgosstrakh eine typische Agentengesellschaft. Das Unternehmen besitzt landesweit 35.000 Agenten und möchte mittelfristig auf bis zu 50.000 wachsen.
Sie haben gerade die Agenten angesprochen. Wie empfinden Sie die wachsende Bedeutung des Internetvertriebs?
Der moderne Kunde sucht mittlerweile im Internet und kauft online. Je komplizierter die Versicherung ist, desto größer ist jedoch der Beratungsaufwand. Generell gibt es obligatorische und optionale Versicherungen. Bei ersterer kann man als Versicherer einfach warten, bis der Kunde auf einen zukommt, weil er die Versicherung eben benötigt. Das Paradebeispiel ist natürlich OSAGO, eine Zwangsversicherung, die jeder Autofahrer abschließen muss. Allgemein gilt: Ein normaler Kunde wacht nicht morgens auf und sagt, heute muss ich Brot, Milch und eine Hausratsversicherung kaufen. Allerdings ist die Sensibilisierung für verschiedene Versicherungsarten in Russland im Vergleich zu Westeuropa noch nicht so weit fortgeschritten. Die Kennzahlen lassen sich am Prozentsatz der Bruttoprämien im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt ganz einfach ablesen. Diese ist in Russland drei- bis viermal niedriger als in Westeuropa und etwa 2,5-mal niedriger als in osteuropäischen Ländern wie Polen und Tschechien.
Lesen Sie das vollständige Interview mit Nikolaus Frei in der Ausgabe 7/8-2019 der Zeitschrift OstContact.