In ungewissen Zeiten Innovationsprogramme in und mit China fortzuführen scheint auf den ersten Blick gewagt. Aber genau dann macht es Sinn, wie das Darmstädter Wissenschafts- und Technologieunternehmen Merck zeigt.
Merck, das älteste pharmazeutische und chemische Unternehmen der Welt, hat sich in mehr als 350 Jahren von einer kleinen Darmstädter Apotheke zum führenden Player im Gesundheitswesen (Healthcare) sowie in den Bereichen Laborausrüstung (Life Science) und Spezialchemikalien für besonders anspruchsvolle Produkte und Anwendungen (Performance Materials) entwickelt. Merck als Wissenschafts- und Technologieunternehmen trägt dazu bei, den globalen Herausforderungen durch Covid-19 zu begegnen. Dazu entwickelt das Unternehmen selbst neue Medikamente und hilft als beratender Zulieferer bei rund 50 Impfstoffprojekten weltweit.
Erfolgreiche China-Strategie Merck kann auf eine fast 90-jährige China-Expertise verweisen: 1933 gründete Merck mit der E. Merck Chemical Co., Ltd. seine erste Niederlassung in Shanghai, im Lauf der Jahre hat sich China zu einem bedeutenden Absatzmarkt entwickelt. 2018 hat Merck mit seiner „Vibrant China-Strategie“ beschlossen, verstärkt in China für China zu produzieren und zu forschen – und hat seither massiv in China investiert, in Kooperationen, den Ausbau der Produktion vor Ort und in die gezielte Förderung von Talenten. Für Merck sind dabei die enge Vernetzung mit dem chinesischen Innovationsökosystem und die Digitalisierung eigener Produkte, Dienstleistungen und Prozesse maßgeblich.
Beispiele hierfür sind etwa die Kooperation der Unternehmensbereiche Healthcare und Life Science mit dem im Gesundheitssektor tätigen chinesischen Online-Unternehmen Alibaba Health und im Jahr 2018 die Eröffnung eines neuen Technologiezentrums für seine OLED-Kunden in Shanghai. Zudem hat das Unternehmen rund 250 Millionen Euro in seine beiden Produktionsstandorte im chinesischen Nantong investiert. Darüber hinaus betreibt Merck einen globalen F&E-Hub im Bereich Healthcare in Peking sowie F&E-Zentren im Bereich Performance Materials und Labore im Bereich Life Science in Shanghai. Im Sommer 2020 hat das Unternehmen ein neues M Lab™ Collaboration Center in Shanghai eröffnet, um die Arzneimittelentwicklung voranzutreiben, das größte von weltweit neun Kundenkooperationszentren.
Strategischer Schlüsselmarkt: Aufbau von Innovationszentren „China ist ein strategischer Schlüsselmarkt für Merck“, betont Isabel De Paoli, Chief Strategy Officer bei Merck. 2019 beschäftigte Merck in China über 4.100 Mitarbeiter, über 600 mehr als 2018. Der Umsatz in China betrug 2019 insgesamt 2,28 Milliarden Euro (Vorjahr: 1,9 Mrd. EUR), was einem Zuwachs von mehr als 20 Prozent im Vergleich zu 2018 entspricht. Damit ist China der größte Wachstumstreiber für Merck und nach den USA umsatzstärkster Markt weltweit. In den Geschäftseinheiten Display Solutions (Performance Materials), Onkologie und General Medicine & Endocrinology (beides Healthcare) ist China weltweit bereits der Markt Nummer eins für Merck. De Paoli betont: „Mit Blick auf die Zukunft erwarten wir, dass China weiterhin einen wesentlichen Beitrag zum weltweiten Wachstum von Merck leisten wird.“
Um Entscheidendes zu bewirken, braucht man vor allem eines: kluge Köpfe. Seit 2015 bringt das Merck Innovation Center in Darmstadt Mitarbeiter, externe Start-ups, Visionäre und Unternehmen aus aller Welt zusammen, um Innovationen zu fördern und diese zum Neugeschäft für Merck zu entwickeln. So auch in China. Seit 2019 sind dort zwei Innovation Hubs angesiedelt, in Shanghai und Kanton. „Die chinesische Regierung fördert Innovationen und Branchenentwicklungen, die auch für Merck hoch relevant sind. Wir arbeiten daher eng mit Start-ups, akademischen Einrichtungen, der Industrie und lokalen Behörden zusammen, um gemeinsam neue Technologien und Lösungen für China und die Welt zu entwickeln“, betont Sophie Sun, Leiterin des Merck China Innovation Hub.
„Die chinesische Regierung fördert Innovationen und Branchenentwicklungen, die auch für Merck hoch relevant sind.“
„Wir generieren neue Geschäfte, indem wir Innovationen vorantreiben, die thematisch über unsere gegenwärtigen Geschäftsaktivitäten hinausgehen.“
Gründerfonds für chinesische Start-ups und Accelerator-Programm Zur Eröffnung des Innovation Hub in Shanghai im Oktober 2019 hat Merck im Rahmen des 300 Millionen Euro starken strategischen Corporate-Venture-Fonds M Ventures einen neuen Gründerfonds aufgelegt, den Seed-Fonds im Volumen von 100 Millionen RMB (umgerechnet 13 Millionen Euro). Er soll relevante Innovationen aus China fördern und Merck näher an die chinesische Start-up-Szene bringen. „Mit den Seed-Investitionen fördern wir gezielt Innovationen im frühen Entwicklungsstadium, die einen Bezug zu den Bereichen Healthcare, Life Science, Performance Materials oder zu neuen Geschäftsfeldern haben. M Ventures und die Innovation Hubs von Merck in China führen die Aktivitäten zur Seed-Finanzierung gemeinsam durch“, erklärt De Paoli, die in ihrer Rolle auch die Aktivitäten des Innovation Center sowie des China Innovation Hub und M Ventures verantwortet. Für De Paoli steht fest: „Wir generieren neue Geschäfte, indem wir Innovationen vorantreiben, die thematisch über unsere gegenwärtigen Geschäftsaktivitäten hinausgehen.“ Ein Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit mit dem KI-Chip-Start-up SynSense in China im Bereich Neuromorphic Computing, eine Schlüsseltechnologie für die nächste Generation von KI.
Innovationen treibt Merck auch in China mit seinem Accelerator-Programm voran: Drei Monate lang erhalten ausgewählte Start-ups die Möglichkeit, zusammen mit Experten von Merck an den Innovation Hubs in China an Partnerschaftsprojekten zu arbeiten. Das Accelerator-Programm in China läuft mit ein bis zwei Bewerbungsrunden pro Jahr. „Ziel war und ist es, eine Win-win-Partnerschaft aufzubauen, indem wir ein Pilotprojekt starten, das die jeweilige Expertise von beiden nutzt, also des Start-ups und derjenigen von Merck. Nach Beendigung der zweiten Programmrunde in China im März 2020 führen wir mit 67 Prozent der Start-ups Kooperationsprojekte durch“, erklärt De Paoli.
Die dritte Runde in China startete im Juli 2020 unter erschwerten Coronabedingungen. Zum ersten Mal hat Merck in der Rekrutierungsphase ein reines Online-Format verwendet. Dennoch gingen fast 300 Anträge aus 29 Ländern und Regionen einschließlich des asiatisch-pazifischen Raums, Europas und Amerikas ein. 21 Start-ups stellten den Merck-Experten ihre Ideen vor. „Bei den Auswahltagen haben wir Online-Videokonferenz und Offline-Formate kombiniert, um die Auswirkungen der Epidemie und der Reisebeschränkungen zu minimieren. Alle Start-ups konnten so in Echtzeit teilnehmen und interagieren“, erläutert Sophie Sun.
Sechs Start-ups wurden für die dritte Runde des „Merck Accelerator China“-Programms ausgewählt. Sie befassen sich bis November 2020 mit modernsten Technologiefeldern wie Organoide auf Chips, KI-fähige Diagnose und Behandlung, medizinische Anwendungen für Gehirn-Computer-Schnittstellen, Technologie für saubere Fleischzellkulturen, Entwicklung von fotoelektrischem Material und Flüssigbiopsie-Technologien. Die Bewerbungsphase für die vierte Runde des Chinaprogramms startet voraussichtlich ab März 2021. De Paoli: „Mit brillanten Ideen und vereinten Kräften können die Herausforderungen der Menschheit effektiver in Angriff genommen werden.“ Auch und gerade in Pandemiezeiten.
Merck – Innovationen mit und in China
In ungewissen Zeiten Innovationsprogramme in und mit China fortzuführen scheint auf den ersten Blick gewagt. Aber genau dann macht es Sinn, wie das Darmstädter Wissenschafts- und Technologieunternehmen Merck zeigt.
Merck, das älteste pharmazeutische und chemische Unternehmen der Welt, hat sich in mehr als 350 Jahren von einer kleinen Darmstädter Apotheke zum führenden Player im Gesundheitswesen (Healthcare) sowie in den Bereichen Laborausrüstung (Life Science) und Spezialchemikalien für besonders anspruchsvolle Produkte und Anwendungen (Performance Materials) entwickelt. Merck als Wissenschafts- und Technologieunternehmen trägt dazu bei, den globalen Herausforderungen durch Covid-19 zu begegnen. Dazu entwickelt das Unternehmen selbst neue Medikamente und hilft als beratender Zulieferer bei rund 50 Impfstoffprojekten weltweit.
Erfolgreiche China-Strategie
Merck kann auf eine fast 90-jährige China-Expertise verweisen: 1933 gründete Merck mit der E. Merck Chemical Co., Ltd. seine erste Niederlassung in Shanghai, im Lauf der Jahre hat sich China zu einem bedeutenden Absatzmarkt entwickelt. 2018 hat Merck mit seiner „Vibrant China-Strategie“ beschlossen, verstärkt in China für China zu produzieren und zu forschen – und hat seither massiv in China investiert, in Kooperationen, den Ausbau der Produktion vor Ort und in die gezielte Förderung von Talenten. Für Merck sind dabei die enge Vernetzung mit dem chinesischen Innovationsökosystem und die Digitalisierung eigener Produkte, Dienstleistungen und Prozesse maßgeblich.
Beispiele hierfür sind etwa die Kooperation der Unternehmensbereiche Healthcare und Life Science mit dem im Gesundheitssektor tätigen chinesischen Online-Unternehmen Alibaba Health und im Jahr 2018 die Eröffnung eines neuen Technologiezentrums für seine OLED-Kunden in Shanghai. Zudem hat das Unternehmen rund 250 Millionen Euro in seine beiden Produktionsstandorte im chinesischen Nantong investiert. Darüber hinaus betreibt Merck einen globalen F&E-Hub im Bereich Healthcare in Peking sowie F&E-Zentren im Bereich Performance Materials und Labore im Bereich Life Science in Shanghai. Im Sommer 2020 hat das Unternehmen ein neues M Lab™ Collaboration Center in Shanghai eröffnet, um die Arzneimittelentwicklung voranzutreiben, das größte von weltweit neun Kundenkooperationszentren.
Strategischer Schlüsselmarkt: Aufbau von Innovationszentren
„China ist ein strategischer Schlüsselmarkt für Merck“, betont Isabel De Paoli, Chief Strategy Officer bei Merck. 2019 beschäftigte Merck in China über 4.100 Mitarbeiter, über 600 mehr als 2018. Der Umsatz in China betrug 2019 insgesamt 2,28 Milliarden Euro (Vorjahr: 1,9 Mrd. EUR), was einem Zuwachs von mehr als 20 Prozent im Vergleich zu 2018 entspricht. Damit ist China der größte Wachstumstreiber für Merck und nach den USA umsatzstärkster Markt weltweit. In den Geschäftseinheiten Display Solutions (Performance Materials), Onkologie und General Medicine & Endocrinology (beides Healthcare) ist China weltweit bereits der Markt Nummer eins für Merck. De Paoli betont: „Mit Blick auf die Zukunft erwarten wir, dass China weiterhin einen wesentlichen Beitrag zum weltweiten Wachstum von Merck leisten wird.“
Um Entscheidendes zu bewirken, braucht man vor allem eines: kluge Köpfe. Seit 2015 bringt das Merck Innovation Center in Darmstadt Mitarbeiter, externe Start-ups, Visionäre und Unternehmen aus aller Welt zusammen, um Innovationen zu fördern und diese zum Neugeschäft für Merck zu entwickeln. So auch in China. Seit 2019 sind dort zwei Innovation Hubs angesiedelt, in Shanghai und Kanton. „Die chinesische Regierung fördert Innovationen und Branchenentwicklungen, die auch für Merck hoch relevant sind. Wir arbeiten daher eng mit Start-ups, akademischen Einrichtungen, der Industrie und lokalen Behörden zusammen, um gemeinsam neue Technologien und Lösungen für China und die Welt zu entwickeln“, betont Sophie Sun, Leiterin des Merck China Innovation Hub.
Gründerfonds für chinesische Start-ups und Accelerator-Programm
Zur Eröffnung des Innovation Hub in Shanghai im Oktober 2019 hat Merck im Rahmen des 300 Millionen Euro starken strategischen Corporate-Venture-Fonds M Ventures einen neuen Gründerfonds aufgelegt, den Seed-Fonds im Volumen von 100 Millionen RMB (umgerechnet 13 Millionen Euro). Er soll relevante Innovationen aus China fördern und Merck näher an die chinesische Start-up-Szene bringen. „Mit den Seed-Investitionen fördern wir gezielt Innovationen im frühen Entwicklungsstadium, die einen Bezug zu den Bereichen Healthcare, Life Science, Performance Materials oder zu neuen Geschäftsfeldern haben. M Ventures und die Innovation Hubs von Merck in China führen die Aktivitäten zur Seed-Finanzierung gemeinsam durch“, erklärt De Paoli, die in ihrer Rolle auch die Aktivitäten des Innovation Center sowie des China Innovation Hub und M Ventures verantwortet. Für De Paoli steht fest: „Wir generieren neue Geschäfte, indem wir Innovationen vorantreiben, die thematisch über unsere gegenwärtigen Geschäftsaktivitäten hinausgehen.“ Ein Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit mit dem KI-Chip-Start-up SynSense in China im Bereich Neuromorphic Computing, eine Schlüsseltechnologie für die nächste Generation von KI.
Innovationen treibt Merck auch in China mit seinem Accelerator-Programm voran: Drei Monate lang erhalten ausgewählte Start-ups die Möglichkeit, zusammen mit Experten von Merck an den Innovation Hubs in China an Partnerschaftsprojekten zu arbeiten. Das Accelerator-Programm in China läuft mit ein bis zwei Bewerbungsrunden pro Jahr. „Ziel war und ist es, eine Win-win-Partnerschaft aufzubauen, indem wir ein Pilotprojekt starten, das die jeweilige Expertise von beiden nutzt, also des Start-ups und derjenigen von Merck. Nach Beendigung der zweiten Programmrunde in China im März 2020 führen wir mit 67 Prozent der Start-ups Kooperationsprojekte durch“, erklärt De Paoli.
Die dritte Runde in China startete im Juli 2020 unter erschwerten Coronabedingungen. Zum ersten Mal hat Merck in der Rekrutierungsphase ein reines Online-Format verwendet. Dennoch gingen fast 300 Anträge aus 29 Ländern und Regionen einschließlich des asiatisch-pazifischen Raums, Europas und Amerikas ein. 21 Start-ups stellten den Merck-Experten ihre Ideen vor. „Bei den Auswahltagen haben wir Online-Videokonferenz und Offline-Formate kombiniert, um die Auswirkungen der Epidemie und der Reisebeschränkungen zu minimieren. Alle Start-ups konnten so in Echtzeit teilnehmen und interagieren“, erläutert Sophie Sun.
Sechs Start-ups wurden für die dritte Runde des „Merck Accelerator China“-Programms ausgewählt. Sie befassen sich bis November 2020 mit modernsten Technologiefeldern wie Organoide auf Chips, KI-fähige Diagnose und Behandlung, medizinische Anwendungen für Gehirn-Computer-Schnittstellen, Technologie für saubere Fleischzellkulturen, Entwicklung von fotoelektrischem Material und Flüssigbiopsie-Technologien. Die Bewerbungsphase für die vierte Runde des Chinaprogramms startet voraussichtlich ab März 2021. De Paoli: „Mit brillanten Ideen und vereinten Kräften können die Herausforderungen der Menschheit effektiver in Angriff genommen werden.“ Auch und gerade in Pandemiezeiten.
Katrin Schlotter
Dieser Beitrag ist in ChinaContact 5-2020 erschienen.