Das Coronavirus, ein klassischer schwarzer Schwan, hat die vergangenen 12 Monate geprägt wie wenige Ereignisse zuvor und hält die Welt noch immer in seiner Umklammerung.
Für die meisten Menschen, die das Glück hatten, nicht daran zu erkranken oder geliebte Angehörige zu verlieren, war die Pandemie in erster Linie eine Erfahrung der Einschränkung: Einschränkung des öffentlichen Lebens, der wirtschaftlichen Tätigkeit, des persönlichen Aktionsradius, und natürlich der bisher als selbstverständlich wahrgenommenen Reisefreiheit. Gerade für europäische Geschäftsleute in Russland war letztere eine der am deutlichsten spürbaren Auswirkungen der Krise, schienen Europa und die Heimat für die in Russland Gebliebenen doch gleichsam über Nacht auf einmal unendlich fern, und für jene, welche die Einreise nicht mehr rechtzeitig geschafft hatten, war Russland auf einen Schlag fast unerreichbar geworden.
Nicht von ungefähr haben sich jene Tage im März 2020 tief in unser individuelles und kollektives Gedächtnis eingegraben. Fast jeder hat eine persönliche Geschichte zu erzählen: ein Rückflug mit dem zweitletzten Flieger aus Amsterdam, ein hastig abgebrochener Urlaub, die Entscheidung kurzfristig allein zurückzukehren, die am Ende in vielen Fällen eine Trennung nicht für ein paar Tage, sondern mehrere Monate bedeuten sollte. Andererseits, bei allem Respekt, den die menschliche Seite dieser Geschichten gebietet, werden diese direkten Auswirkungen des Zusammenbruchs des Reiseverkehrs zwischen Europa und Russland in der Rückschau vielleicht einmal als die geringsten erscheinen. Zum einen waren sie temporär, und zum anderen ein zwar ärgerliches, aber trotzdem lösbares Übel, wie die Erfolgsgeschichte der HQS-Rückholungsaktionen von Botschaften, Wirtschaftsverbänden und Handelskammern, darunter auch die der AEB, zeigen.
Die Reisebeschränkungen haben aber möglicherweise auch Auswirkungen, die wir zurzeit noch nicht klar erkennen, geschweige denn genau quantifizieren können. Die Mehrkosten für zusätzliche PCR-Tests, umständliche Flugrouten und längere Reisedauer lassen sich einfach berechnen und nachvollziehen, die durch nicht zustande gekommene persönliche Treffen verpassten Geschäftschancen hingegen finden sich, zumindest direkt, in keiner Bilanz oder Buchhaltung. Auch die erneut ansteigende Lokalisierung im Topmanagement internationaler Unternehmen, die natürlich auch andere Ursachen hat (z.B. relative Teuerung infolge der erneuten Rubelabwertung), ist ein Trend, dessen langfristige Folgen sich nur schwer abschätzen lassen. Relativ klar scheint mir jedoch ohne Zweifel, dass weniger ausländische Führungskräfte vor Ort mit einem Verlust in der Dichte des persönlichen Beziehungsgeflechts zwischen Europa und Russland einher geht, einem Verlust an „menschlichen Brücken“, der sich über Videokonferenzen mit dem Headquarter nur schwer kompensieren lässt.
Sicher, die ohne Vorwarnung eingeführten Beschränkungen, haben auch dazu beigetragen, viele nicht hinterfragte Prozesse, internationale Mobilität inbegriffen, auf den Prüfstand zu stellen. Ich bin jedoch überzeugt, dass wir die oben angeführten Auswirkungen keinesfalls unterschätzen und weiterhin alles dafür tun sollten, um rasch eine sichere, aber auch möglichst uneingeschränkte Wiederaufnahme internationaler Geschäftsreisen zu ermöglichen.
Tadzio Schilling, CEO der Association of European Businesses in Russland
Schilling kommentiert: Corona: Fühlbare Spätfolgen
Das Coronavirus, ein klassischer schwarzer Schwan, hat die vergangenen 12 Monate geprägt wie wenige Ereignisse zuvor und hält die Welt noch immer in seiner Umklammerung.
Für die meisten Menschen, die das Glück hatten, nicht daran zu erkranken oder geliebte Angehörige zu verlieren, war die Pandemie in erster Linie eine Erfahrung der Einschränkung: Einschränkung des öffentlichen Lebens, der wirtschaftlichen Tätigkeit, des persönlichen Aktionsradius, und natürlich der bisher als selbstverständlich wahrgenommenen Reisefreiheit. Gerade für europäische Geschäftsleute in Russland war letztere eine der am deutlichsten spürbaren Auswirkungen der Krise, schienen Europa und die Heimat für die in Russland Gebliebenen doch gleichsam über Nacht auf einmal unendlich fern, und für jene, welche die Einreise nicht mehr rechtzeitig geschafft hatten, war Russland auf einen Schlag fast unerreichbar geworden.
Nicht von ungefähr haben sich jene Tage im März 2020 tief in unser individuelles und kollektives Gedächtnis eingegraben. Fast jeder hat eine persönliche Geschichte zu erzählen: ein Rückflug mit dem zweitletzten Flieger aus Amsterdam, ein hastig abgebrochener Urlaub, die Entscheidung kurzfristig allein zurückzukehren, die am Ende in vielen Fällen eine Trennung nicht für ein paar Tage, sondern mehrere Monate bedeuten sollte. Andererseits, bei allem Respekt, den die menschliche Seite dieser Geschichten gebietet, werden diese direkten Auswirkungen des Zusammenbruchs des Reiseverkehrs zwischen Europa und Russland in der Rückschau vielleicht einmal als die geringsten erscheinen. Zum einen waren sie temporär, und zum anderen ein zwar ärgerliches, aber trotzdem lösbares Übel, wie die Erfolgsgeschichte der HQS-Rückholungsaktionen von Botschaften, Wirtschaftsverbänden und Handelskammern, darunter auch die der AEB, zeigen.
Die Reisebeschränkungen haben aber möglicherweise auch Auswirkungen, die wir zurzeit noch nicht klar erkennen, geschweige denn genau quantifizieren können. Die Mehrkosten für zusätzliche PCR-Tests, umständliche Flugrouten und längere Reisedauer lassen sich einfach berechnen und nachvollziehen, die durch nicht zustande gekommene persönliche Treffen verpassten Geschäftschancen hingegen finden sich, zumindest direkt, in keiner Bilanz oder Buchhaltung. Auch die erneut ansteigende Lokalisierung im Topmanagement internationaler Unternehmen, die natürlich auch andere Ursachen hat (z.B. relative Teuerung infolge der erneuten Rubelabwertung), ist ein Trend, dessen langfristige Folgen sich nur schwer abschätzen lassen. Relativ klar scheint mir jedoch ohne Zweifel, dass weniger ausländische Führungskräfte vor Ort mit einem Verlust in der Dichte des persönlichen Beziehungsgeflechts zwischen Europa und Russland einher geht, einem Verlust an „menschlichen Brücken“, der sich über Videokonferenzen mit dem Headquarter nur schwer kompensieren lässt.
Sicher, die ohne Vorwarnung eingeführten Beschränkungen, haben auch dazu beigetragen, viele nicht hinterfragte Prozesse, internationale Mobilität inbegriffen, auf den Prüfstand zu stellen. Ich bin jedoch überzeugt, dass wir die oben angeführten Auswirkungen keinesfalls unterschätzen und weiterhin alles dafür tun sollten, um rasch eine sichere, aber auch möglichst uneingeschränkte Wiederaufnahme internationaler Geschäftsreisen zu ermöglichen.
Tadzio Schilling, CEO der Association of European Businesses in Russland