Diese Regierungsmeldung vom letzten
Donnerstag, dem 25.Juni, exakt um 18.40 Uhr, klang ja erstmal gut – einmalige Einreise
erlaubt: für die „HQS – High Qualified Specialists“ mit Nachweis einer
Gehaltshöhe von mindestens 170.000 Rubel brutto pro Monat und natürlich mit Arbeitsvisum
und -erlaubnis.
Aber so einfach nun auch wieder nicht. Denn als Nachweis muss erst einmal
vom in Russland registrierten Arbeitgeber ein Bitt-Formular beim zuständigen Ministerium
eingereicht werden. Dieses prüft und beurteilt die Notwendigkeit des Begehrens,
informiert das Innenministerium und den Inlandsgeheimdienst FSB und fällt dann
seine Entscheidung. Wielange diese unabdingbare, bürokratische Prozedur dauern
wird, darüber gibt es in dieser kurzen Zeitspanne natürlich noch keine
Erfahrungswerte. Da könnte der eigens organisierte, rare Lufthansa-Flieger aus
Frankfurt schonmal längst gen Osten abgehoben sein.
Deshalb führen die unermüdlichen „Türöffner“ bei der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer
(AHK) in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft, der Association of
European Businesses (AEB) und anderen Wirtschaftsverbänden ihre seit Wochen
eingeführten Listen Einreisewilliger parallel der neuen, scheinbar offeneren Regelung
unbeirrt weiter – wie schon gewohnt und eingespielt. Denn aufgrund der
engagierten AHK-Initiative konnten in den letzten Wochen bereits zwei Lufthansa-Flüge
durchgeführt werden, die gelisteten Passagiere, jeder einzeln und sorgsam ausgehandelt,
persönlich geprüft und genehmigt von keiner geringeren als Vize-Premierministerin
Tatiana Golikowa. Darunter außer Fach- und Führungskräften auch
Kulturschaffende und Journalisten. Ein dritter wird in FRA nächste Woche
Mittwoch am 8.Juli abheben. Die Planung für einen folgenden, tentativ am 22.
des Monats, läuft bereits. Allerdings gilt buchstäblich bis zum tatsächlichen Abheben
der Abflug nie als hundertprozentig sicher, auch hierfür sind entsprechende
staatliche Sondergenehmigungen nötig.
Ach ja, raus geht’s durchaus, vorausgesetzt man findet überhaupt eine
Flugmöglichkeit. Aeroflot fliegt aktuell zweimal die Woche und nur nach Bedarf
und administrativer Erlaubnis nach Frankfurt und retour, für individuelle Buchungen
gelten aber natürlich dieselben Bedingungen. Die russische Staatslinie soll zwar
ab 1. August nach und nach wieder nach ihrem regulären Flugplan buchbar sein. Ob
dann aber tatsächlich Flüge stattfinden, hängt ganz von Willen und Wollen der
Regierung und der Pandemie-Situation ab. Letzteres gilt erst recht für das
Chartern eines privaten Business-Jets. Alle Genehmigungen müssen für
Passagiere, Besatzung, Flugrouten und Zielflughafen analog der beschriebenen
Vorschriften eingeholt werden – auch wenn diese Reisemöglichkeit sich nur auf
eine überschaubare, besonders solvente Klientel beschränkt.
Einmal glücklich hier wieder angekommen, war’s das dann erstmal; denn die
Einreisegenehmigung gilt nur ausnahmsweise und einmalig, an die schnelle Wiederaufnahme
der managergewohnten Vielfliegerroutine ist nicht zu denken. Für die ersten 14
Tage nach Rückkunft erstmal sowieso nicht. Unverändert gilt die
Quarantäne-Pflicht. Gleich wieder festgesetzt, aber wenigstens dann schon Mal
in Moskau im zweiten zuhause, der Transfer vom Flughafen dorthin ist sicherheitshalber
mit städtischen Kleinbussen organisiert.
Derweil bemühen sich jedenfalls die deutschen Platzhalter im Lande um
Schadensbegrenzung und sind guten Mutes. In der jüngsten vierteljährlichen Geschäftsklimaumfrage
der AHK mit über 900 Mitgliedsfirmen beurteilen fast Dreiviertel die prekäre
Lage immer noch von „befriedigend“ bis gar „sehr gut“. 1,8 Milliarden Euro an Direktinvestitionen
aus deutscher Hand im ersten Quartal des Jahres untermauern diesen Optimismus.
Aber wie lange wird die Wirtschaft diesen verwirrenden Nothalt ohne
vernichtende Blessuren tatsächlich noch wegstecken können – auf nationaler wie
internationaler Ebene? Mag das politische Klima zwischen der EU, Deutschland
und der Russischen Föderation schon an den nächsten Winter erinnern,
entsprechen die stetig gewachsenen, engen wirtschaftlichen Verflechtungen doch
mehr der augenblicklich wärmeren Saisonatmosphäre. Die Wirtschaftsbeziehungen und
-aussichten versprechen große Kraft für den Brückenschlag zu einer dringlich erwünschten
politischen Wiederannäherung. Und die verlangt nach Zusammentreffen, nach dem notwendigen
Aufleben von persönlichen Dialogen Aug-in-Aug und nicht nur via digital-technischen
Hilfsmitteln.
Gerade erst hat sich die russische Regierung bemüßigt gefühlt, im Rahmen
der Corona-Pandemie das Einreiseverbot für Ausländer und Staatenlose in die
Russische Föderation wieder einmal, jetzt bis einschließlich 31.Juli, zu
verlängern. Keine zu große Überraschung. Die temporären, wohl auch politisch
motivierten Lockerungen der Isolationsrestriktionen in den letzten Wochen mögen
nun doch nicht ganz den wahren Corona-geschwächten Gesundheitszustand im Lande
widerspiegeln. Es wurde schon vielfach, allseits und allerorten spekulativ gemunkelt,
dass erst im September das entscheidend große Aufatmen in jeder Hinsicht
erwartet werden kann. Da muss jetzt eine gehörige Portion eher russischer
Gelassenheit und Geduld zum Aussitzen mitspielen: „Vse budet horosho – alles
wird gut.“
Frank Ebbecke Executive Consultant für die Russland-orientierten Medien des owc Verlags für Außenwirtschaft
Gewiss ist nur die Ungewissheit
Diese Regierungsmeldung vom letzten Donnerstag, dem 25.Juni, exakt um 18.40 Uhr, klang ja erstmal gut – einmalige Einreise erlaubt: für die „HQS – High Qualified Specialists“ mit Nachweis einer Gehaltshöhe von mindestens 170.000 Rubel brutto pro Monat und natürlich mit Arbeitsvisum und -erlaubnis.
Aber so einfach nun auch wieder nicht. Denn als Nachweis muss erst einmal vom in Russland registrierten Arbeitgeber ein Bitt-Formular beim zuständigen Ministerium eingereicht werden. Dieses prüft und beurteilt die Notwendigkeit des Begehrens, informiert das Innenministerium und den Inlandsgeheimdienst FSB und fällt dann seine Entscheidung. Wielange diese unabdingbare, bürokratische Prozedur dauern wird, darüber gibt es in dieser kurzen Zeitspanne natürlich noch keine Erfahrungswerte. Da könnte der eigens organisierte, rare Lufthansa-Flieger aus Frankfurt schonmal längst gen Osten abgehoben sein.
Deshalb führen die unermüdlichen „Türöffner“ bei der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft, der Association of European Businesses (AEB) und anderen Wirtschaftsverbänden ihre seit Wochen eingeführten Listen Einreisewilliger parallel der neuen, scheinbar offeneren Regelung unbeirrt weiter – wie schon gewohnt und eingespielt. Denn aufgrund der engagierten AHK-Initiative konnten in den letzten Wochen bereits zwei Lufthansa-Flüge durchgeführt werden, die gelisteten Passagiere, jeder einzeln und sorgsam ausgehandelt, persönlich geprüft und genehmigt von keiner geringeren als Vize-Premierministerin Tatiana Golikowa. Darunter außer Fach- und Führungskräften auch Kulturschaffende und Journalisten. Ein dritter wird in FRA nächste Woche Mittwoch am 8.Juli abheben. Die Planung für einen folgenden, tentativ am 22. des Monats, läuft bereits. Allerdings gilt buchstäblich bis zum tatsächlichen Abheben der Abflug nie als hundertprozentig sicher, auch hierfür sind entsprechende staatliche Sondergenehmigungen nötig.
Ach ja, raus geht’s durchaus, vorausgesetzt man findet überhaupt eine Flugmöglichkeit. Aeroflot fliegt aktuell zweimal die Woche und nur nach Bedarf und administrativer Erlaubnis nach Frankfurt und retour, für individuelle Buchungen gelten aber natürlich dieselben Bedingungen. Die russische Staatslinie soll zwar ab 1. August nach und nach wieder nach ihrem regulären Flugplan buchbar sein. Ob dann aber tatsächlich Flüge stattfinden, hängt ganz von Willen und Wollen der Regierung und der Pandemie-Situation ab. Letzteres gilt erst recht für das Chartern eines privaten Business-Jets. Alle Genehmigungen müssen für Passagiere, Besatzung, Flugrouten und Zielflughafen analog der beschriebenen Vorschriften eingeholt werden – auch wenn diese Reisemöglichkeit sich nur auf eine überschaubare, besonders solvente Klientel beschränkt.
Einmal glücklich hier wieder angekommen, war’s das dann erstmal; denn die Einreisegenehmigung gilt nur ausnahmsweise und einmalig, an die schnelle Wiederaufnahme der managergewohnten Vielfliegerroutine ist nicht zu denken. Für die ersten 14 Tage nach Rückkunft erstmal sowieso nicht. Unverändert gilt die Quarantäne-Pflicht. Gleich wieder festgesetzt, aber wenigstens dann schon Mal in Moskau im zweiten zuhause, der Transfer vom Flughafen dorthin ist sicherheitshalber mit städtischen Kleinbussen organisiert.
Derweil bemühen sich jedenfalls die deutschen Platzhalter im Lande um Schadensbegrenzung und sind guten Mutes. In der jüngsten vierteljährlichen Geschäftsklimaumfrage der AHK mit über 900 Mitgliedsfirmen beurteilen fast Dreiviertel die prekäre Lage immer noch von „befriedigend“ bis gar „sehr gut“. 1,8 Milliarden Euro an Direktinvestitionen aus deutscher Hand im ersten Quartal des Jahres untermauern diesen Optimismus. Aber wie lange wird die Wirtschaft diesen verwirrenden Nothalt ohne vernichtende Blessuren tatsächlich noch wegstecken können – auf nationaler wie internationaler Ebene? Mag das politische Klima zwischen der EU, Deutschland und der Russischen Föderation schon an den nächsten Winter erinnern, entsprechen die stetig gewachsenen, engen wirtschaftlichen Verflechtungen doch mehr der augenblicklich wärmeren Saisonatmosphäre. Die Wirtschaftsbeziehungen und -aussichten versprechen große Kraft für den Brückenschlag zu einer dringlich erwünschten politischen Wiederannäherung. Und die verlangt nach Zusammentreffen, nach dem notwendigen Aufleben von persönlichen Dialogen Aug-in-Aug und nicht nur via digital-technischen Hilfsmitteln.
Gerade erst hat sich die russische Regierung bemüßigt gefühlt, im Rahmen der Corona-Pandemie das Einreiseverbot für Ausländer und Staatenlose in die Russische Föderation wieder einmal, jetzt bis einschließlich 31.Juli, zu verlängern. Keine zu große Überraschung. Die temporären, wohl auch politisch motivierten Lockerungen der Isolationsrestriktionen in den letzten Wochen mögen nun doch nicht ganz den wahren Corona-geschwächten Gesundheitszustand im Lande widerspiegeln. Es wurde schon vielfach, allseits und allerorten spekulativ gemunkelt, dass erst im September das entscheidend große Aufatmen in jeder Hinsicht erwartet werden kann. Da muss jetzt eine gehörige Portion eher russischer Gelassenheit und Geduld zum Aussitzen mitspielen: „Vse budet horosho – alles wird gut.“
Frank Ebbecke
Executive Consultant für die Russland-orientierten Medien des owc Verlags für Außenwirtschaft