HANOI (NfA)–Internationale Unternehmen mit einer Produktionsstätte in Vietnam müssen sich auf verschärfte Bedingungen einstellen, sagt der Asien-Experte Karlheinz Zuerl, CEO der German Technology & Engineering Corporation (GTEC). Zwar sei Vietnam nach wie vor einer der besten Standorte für die Fertigung in Asien, doch die Firmen sollten sich frühzeitig auf neue Anforderungen einstellen, rät er. Einer Untersuchung von GTEC zufolge sind die größten Herausforderungen ein sich zuspitzender Mangel an Fach- und Führungskräften, eine dem Zeitplan hinterherlaufende Entwicklung bei neuen Industrieparks und unzuverlässige Lieferketten. Hinzu kommt eine geringe Kapitalausstattung vieler vietnamesischer Firmen. So könnte es sein, dass Zulieferbetriebe möglicherweise ihre Zusagen nicht erfüllen können oder ganz ausfallen.
Knappheit bei Fach- und Führungskräften Bei rund 62% der Arbeiterschaft in Vietnam handelt es sich laut GTEC-Studie um un- und angelernte Arbeitskräfte. Der Engpass besteht der Untersuchung zufolge auf den nächsthöheren Ebenen, von Buchhaltern über Techniker bis hin zu Führungskräften. „Es ist derzeit beinahe unmöglich, Direktorenposten in Vietnam mit qualifiziertem Personal zu besetzen“, meint Zuerl. „Der Übergang Vietnams von einer kostengünstigen Werkbank zu einem High-tech-Fertigungsstandort ist zwar nicht zu übersehen, wird aber durch die Limitierungen bei qualifizierten Fach- und Führungskräften deutlich langsamer ablaufen als geplant.“ Während hier 2024 aufgrund der Knappheit mit einem erheblichen Anstieg bei den Gehältern zu rechnen ist, werden die Kosten für Un- und Angelernte niedrig bleiben, heißt es in der GTEC-Untersuchung. 2023 lag der Lohnzuwachs für Arbeitskräfte in den Industriezonen des Landes am unteren Rand des Durchschnitts von 6 bis 7% im letzten Jahrzehnt. Viele vietnamesische Unternehmen planen Entlassungen, um ihr Kostenniveau gegenüber der zunehmenden Anzahl ausländischer Konzerne, die im Land aktiv werden, zu senken. In einigen Branchen wie der Leder- und Schuhbranche, der Textilwirtschaft und der Holzverarbeitung hat der Stellenabbau bereits begonnen – weniger durch eine verschärfte Konkurrenzsituation als vielmehr aufgrund einer sich abschwächenden Weltkonjunktur und Konsumrückgang. „Internationale Unternehmen sollten diese signifikanten Änderungen auf dem vietnamesischen Arbeitsmarkt zu ihren Gunsten nutzen“, empfiehlt Zuerl. Er rät dazu, gezielt Ausschau nach Arbeitskräften mit Potenzial zu halten, die über Qualifizierungsmaßnahmen auf höhere Aufgaben vorbereitet werden können. Neben dem Arbeitsmarkt stellt die Infrastruktur in Vietnam internationale Unternehmen vor Herausforderungen, so Zuerl. „Es ist absehbar, dass die Errichtung neuer Industrieparks 2024 und wohl auch 2025 hinter dem Zeitplan hinterherhinken wird. Teilweise hat die mangelhafte Überwachung des Baufortschritts dazu geführt, dass einzelne Funktionsbereiche wie etwa das Abfall- oder Abwassermanagement nicht den staatlichen Anforderungen genügen. Dadurch sind ganze Industriezonen gefährdet.“ Der GTEC-Chef rät daher internationalen Unternehmen dringend zur Prüfung, inwieweit ihre eigenen Planungen dort durch Verzögerungen unterminiert werden. „Schriftliche Zusagen sind in Vietnam wenig wert, auch dann nicht, wenn sie mit Dokumenten belegt sind. Man muss am Ort des Geschehens sein und mit den Menschen vor Ort sprechen, um beurteilen zu können, was nur auf dem Papier geplant ist und was realistischerweise in welchen Zeiträumen tatsächlich fertig wird.“ Ein weiterer Problemkreis ist die Lieferkette. 2023 waren die wichtigsten Importgüter Vietnams Computer, elektronische Produkte, Ersatzteile und Komponenten, Maschinen, Ausrüstung, Werkzeuge und Instrumente, gefolgt von Baumwolle, Textilfasern, Gewebe und Rohstoffen für die Industrie. Ein Großteil davon ist laut GTEC weitgehend von Lieferungen aus China abhängig – und diese Nachschubversorgung bewertet Zuerl als „zumindest wackelig“. „Es hängt von der Branche ab, ob man sich Sorgen um den Nachschub machen muss oder nicht. Auf jeden Fall ist jedes Unternehmen gut beraten, die eigene Lieferkette unter dem Aspekt der Abhängigkeit von China sorgfältig zu prüfen.“ Außerdem seien bei strategisch wichtigen Gütern wie Erdöl, Gas und Lebensmitteln sowie bei vielen Produktionsmaterialien wie Kohle, Holz, Düngemitteln, Titan oder Aluminium Preissteigerungen in Vietnam absehbar, meint der GTEC-Chef.
AsienInsider: Fertigung 2024 vor Herausforderungen
HANOI (NfA)–Internationale Unternehmen mit einer Produktionsstätte in Vietnam müssen sich auf verschärfte Bedingungen einstellen, sagt der Asien-Experte Karlheinz Zuerl, CEO der German Technology & Engineering Corporation (GTEC). Zwar sei Vietnam nach wie vor einer der besten Standorte für die Fertigung in Asien, doch die Firmen sollten sich frühzeitig auf neue Anforderungen einstellen, rät er.
Einer Untersuchung von GTEC zufolge sind die größten Herausforderungen ein sich zuspitzender Mangel an Fach- und Führungskräften, eine dem Zeitplan hinterherlaufende Entwicklung bei neuen Industrieparks und unzuverlässige Lieferketten. Hinzu kommt eine geringe Kapitalausstattung vieler vietnamesischer Firmen. So könnte es sein, dass Zulieferbetriebe möglicherweise ihre Zusagen nicht erfüllen können oder ganz ausfallen.
Knappheit bei Fach- und Führungskräften
Bei rund 62% der Arbeiterschaft in Vietnam handelt es sich laut GTEC-Studie um un- und angelernte Arbeitskräfte. Der Engpass besteht der Untersuchung zufolge auf den nächsthöheren Ebenen, von Buchhaltern über Techniker bis hin zu Führungskräften. „Es ist derzeit beinahe unmöglich, Direktorenposten in Vietnam mit qualifiziertem Personal zu besetzen“, meint Zuerl. „Der Übergang Vietnams von einer kostengünstigen Werkbank zu einem High-tech-Fertigungsstandort ist zwar nicht zu übersehen, wird aber durch die Limitierungen bei qualifizierten Fach- und Führungskräften deutlich langsamer ablaufen als geplant.“
Während hier 2024 aufgrund der Knappheit mit einem erheblichen Anstieg bei den Gehältern zu rechnen ist, werden die Kosten für Un- und Angelernte niedrig bleiben, heißt es in der GTEC-Untersuchung. 2023 lag der Lohnzuwachs für Arbeitskräfte in den Industriezonen des Landes am unteren Rand des Durchschnitts von 6 bis 7% im letzten Jahrzehnt. Viele vietnamesische Unternehmen planen Entlassungen, um ihr Kostenniveau gegenüber der zunehmenden Anzahl ausländischer Konzerne, die im Land aktiv werden, zu senken. In einigen Branchen wie der Leder- und Schuhbranche, der Textilwirtschaft und der Holzverarbeitung hat der Stellenabbau bereits begonnen – weniger durch eine verschärfte Konkurrenzsituation als vielmehr aufgrund einer sich abschwächenden Weltkonjunktur und Konsumrückgang.
„Internationale Unternehmen sollten diese signifikanten Änderungen auf dem vietnamesischen Arbeitsmarkt zu ihren Gunsten nutzen“, empfiehlt Zuerl. Er rät dazu, gezielt Ausschau nach Arbeitskräften mit Potenzial zu halten, die über Qualifizierungsmaßnahmen auf höhere Aufgaben vorbereitet werden können.
Neben dem Arbeitsmarkt stellt die Infrastruktur in Vietnam internationale Unternehmen vor Herausforderungen, so Zuerl. „Es ist absehbar, dass die Errichtung neuer Industrieparks 2024 und wohl auch 2025 hinter dem Zeitplan hinterherhinken wird. Teilweise hat die mangelhafte Überwachung des Baufortschritts dazu geführt, dass einzelne Funktionsbereiche wie etwa das Abfall- oder Abwassermanagement nicht den staatlichen Anforderungen genügen. Dadurch sind ganze Industriezonen gefährdet.“
Der GTEC-Chef rät daher internationalen Unternehmen dringend zur Prüfung, inwieweit ihre eigenen Planungen dort durch Verzögerungen unterminiert werden. „Schriftliche Zusagen sind in Vietnam wenig wert, auch dann nicht, wenn sie mit Dokumenten belegt sind. Man muss am Ort des Geschehens sein und mit den Menschen vor Ort sprechen, um beurteilen zu können, was nur auf dem Papier geplant ist und was realistischerweise in welchen Zeiträumen tatsächlich fertig wird.“
Ein weiterer Problemkreis ist die Lieferkette. 2023 waren die wichtigsten Importgüter Vietnams Computer, elektronische Produkte, Ersatzteile und Komponenten, Maschinen, Ausrüstung, Werkzeuge und Instrumente, gefolgt von Baumwolle, Textilfasern, Gewebe und Rohstoffen für die Industrie. Ein Großteil davon ist laut GTEC weitgehend von Lieferungen aus China abhängig – und diese Nachschubversorgung bewertet Zuerl als „zumindest wackelig“. „Es hängt von der Branche ab, ob man sich Sorgen um den Nachschub machen muss oder nicht. Auf jeden Fall ist jedes Unternehmen gut beraten, die eigene Lieferkette unter dem Aspekt der Abhängigkeit von China sorgfältig zu prüfen.“ Außerdem seien bei strategisch wichtigen Gütern wie Erdöl, Gas und Lebensmitteln sowie bei vielen Produktionsmaterialien wie Kohle, Holz, Düngemitteln, Titan oder Aluminium Preissteigerungen in Vietnam absehbar, meint der GTEC-Chef.
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