Wir sprachen mit Pavel Kanichev, CEO von Industrial Components Kamaz, einem Tochterunternehmen des gleichnamigen russischen Automobilherstellers, über den derzeitigen Zustand der russischen Zulieferindustrie und die Zusammenarbeit mit deutschen Herstellern.
Herr Kanichev, was macht Ihr Unternehmen genau?
Als Tochter des Automobilherstellers Kamaz decken wir seit 2017 alle Bereiche ab, die nicht unmittelbar in das Haupttätigkeitsfeld unseres Mutterkonzerns Kamaz fallen – die Fertigung von Lastkraftwagen, Autobussen und sonstigen Spezialfahrzeugen. Wir beliefern nationale und internationale Hersteller mit Guss- und Schmiedeteilen, aber auch ganzen Motorenblöcken aus der Kamaz-Produktion.
Unser Vorteil ist, dass wir auf sehr große Produktkapazitäten zurückgreifen können, über die Kamaz noch aus Sowjetzeiten verfügt. Damals ging man von einer jährlichen Automobilproduktion von 150.000 Einheiten aus und baute entsprechend große Fertigungsstätten. Als in den 1990er- und 2000er-Jahren die Nachfrage jedoch zurückging, war Kamaz dazu gezwungen, sein Portfolio deutlich zu diversifizieren und auch fremde Hersteller mit seinen Komponenten zu beliefern.
Liegt Ihr Fokus dabei auf heimischen oder ausländischen Herstellern?
Was die Automobilindustrie angeht, so liefern wir traditionell sehr große Mengen an Gussteilen an die großen russischen Automobilhersteller UAZ, UralAZ und GAZ. Selbiges gilt für Schmiedeteile. Aber zu unseren Kunden gehören auch internationale Unternehmen, wie zum Beispiel der Volkswagen-Konzern, für den wir Kurbelwellen für Motoren produzieren.
Wie kam die Kooperation mit Volkswagen zustande?
Vor etwa fünf Jahren haben wir erste konkrete Gespräche mit dem Volkswagen-Konzern über die Lieferung der bereits erwähnten Kurbelwellen für die Fertigung in Kaluga aufgenommen. Zur damaligen Zeit hatte sich Volkswagen nach einem lokalen Zulieferer umgeschaut, wovon es in Russland nicht allzu viele gibt. Neben Kamaz ist im Grunde nur noch das Schmiedewerk in Tscheljabinsk in der Lage, Komponenten in der erforderlichen Qualität herzustellen und zu liefern.
Nachdem 2015 zuerst eine zeitlich begrenzte Zusammenarbeit im Rahmen einer Testproduktion fixiert worden war, haben wir innerhalb von zwei Jahren unsere Produktion an die von Volkswagen geforderten Qualitätsstandards angepasst. Nachdem alle vereinbarten Tests zufriedenstellend absolviert worden waren, haben wir 2018 schließlich mit der Serienproduktion begonnen. Die größte Schwierigkeit bestand darin, das geforderte Qualitätslevel zu erreichen. Dies hat uns einige Mühe gekostet. Seit dem Start der Serienproduktion gibt es allerdings keinerlei Beanstandungen seitens des Kunden.
Wie schätzen Sie die Entwicklung der russischen Zulieferindustrie insgesamt ein?
Leider wurde der Modernisierung der Produktion seit den 1990er-Jahren zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dies hatte natürlich unmittelbare Auswirkungen auf das Qualitätsniveau. Dies ist insofern ein großes Problem, als dass die internationalen Hersteller mit jedem Jahr immer neue und höhere Anforderungen an ihre Zulieferer stellen. Diese Anforderungen auf Grundlage veralteter Technologien und Maschinen zu erfüllen, wird natürlich mit jedem Jahr schwieriger.
In Russland ist das ein sehr aktuelles Thema. Auch wir haben teilweise Probleme, Zulieferbetriebe mit entsprechenden Qualitätsstandards zu finden. Deshalb müssen wir uns an Zulieferer aus Europa oder China wenden.
Hat sich die Situation über die letzten Jahre etwas verbessert?
Ich kann hier nur über unser Unternehmen sprechen. Bei Kamaz haben wir in den letzten Jahren tatsächlich sehr viel Geld in die Modernisierung unserer Produktionsanlagen investiert. Dies wird von unseren Aktionären, u. a. der Daimler AG, aber auch verlangt.
Welchen Stellenwert haben Autos für Sie persönlich?
Am Ende geht es darum, dass ein Auto das Leben ihres Besitzers erleichtert und ihm zu mehr Mobilität verhilft. Gleichzeitig muss es allen Anforderungen entsprechen, die Menschen an ein modernes Auto stellen. Aus meiner Sicht handelt es sich dabei um ein Wechselspiel: Der Mensch tut alles dafür, ein Auto besser zu machen. Und zugleich sollte das Auto unser Leben angenehmer gestalten.
Die Fragen stellten Frank Ebbecke und Dimitri Kling.
Interview: „Der Modernisierung wurde zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt“
Wir sprachen mit Pavel Kanichev, CEO von Industrial Components Kamaz, einem Tochterunternehmen des gleichnamigen russischen Automobilherstellers, über den derzeitigen Zustand der russischen Zulieferindustrie und die Zusammenarbeit mit deutschen Herstellern.
Herr Kanichev, was macht Ihr Unternehmen genau?
Als Tochter des Automobilherstellers Kamaz decken wir seit 2017 alle Bereiche ab, die nicht unmittelbar in das Haupttätigkeitsfeld unseres Mutterkonzerns Kamaz fallen – die Fertigung von Lastkraftwagen, Autobussen und sonstigen Spezialfahrzeugen. Wir beliefern nationale und internationale Hersteller mit Guss- und Schmiedeteilen, aber auch ganzen Motorenblöcken aus der Kamaz-Produktion.
Unser Vorteil ist, dass wir auf sehr große Produktkapazitäten zurückgreifen können, über die Kamaz noch aus Sowjetzeiten verfügt. Damals ging man von einer jährlichen Automobilproduktion von 150.000 Einheiten aus und baute entsprechend große Fertigungsstätten. Als in den 1990er- und 2000er-Jahren die Nachfrage jedoch zurückging, war Kamaz dazu gezwungen, sein Portfolio deutlich zu diversifizieren und auch fremde Hersteller mit seinen Komponenten zu beliefern.
Liegt Ihr Fokus dabei auf heimischen oder ausländischen Herstellern?
Was die Automobilindustrie angeht, so liefern wir traditionell sehr große Mengen an Gussteilen an die großen russischen Automobilhersteller UAZ, UralAZ und GAZ. Selbiges gilt für Schmiedeteile. Aber zu unseren Kunden gehören auch internationale Unternehmen, wie zum Beispiel der Volkswagen-Konzern, für den wir Kurbelwellen für Motoren produzieren.
Wie kam die Kooperation mit Volkswagen zustande?
Vor etwa fünf Jahren haben wir erste konkrete Gespräche mit dem Volkswagen-Konzern über die Lieferung der bereits erwähnten Kurbelwellen für die Fertigung in Kaluga aufgenommen. Zur damaligen Zeit hatte sich Volkswagen nach einem lokalen Zulieferer umgeschaut, wovon es in Russland nicht allzu viele gibt. Neben Kamaz ist im Grunde nur noch das Schmiedewerk in Tscheljabinsk in der Lage, Komponenten in der erforderlichen Qualität herzustellen und zu liefern.
Nachdem 2015 zuerst eine zeitlich begrenzte Zusammenarbeit im Rahmen einer Testproduktion fixiert worden war, haben wir innerhalb von zwei Jahren unsere Produktion an die von Volkswagen geforderten Qualitätsstandards angepasst. Nachdem alle vereinbarten Tests zufriedenstellend absolviert worden waren, haben wir 2018 schließlich mit der Serienproduktion begonnen. Die größte Schwierigkeit bestand darin, das geforderte Qualitätslevel zu erreichen. Dies hat uns einige Mühe gekostet. Seit dem Start der Serienproduktion gibt es allerdings keinerlei Beanstandungen seitens des Kunden.
Wie schätzen Sie die Entwicklung der russischen Zulieferindustrie insgesamt ein?
Leider wurde der Modernisierung der Produktion seit den 1990er-Jahren zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dies hatte natürlich unmittelbare Auswirkungen auf das Qualitätsniveau. Dies ist insofern ein großes Problem, als dass die internationalen Hersteller mit jedem Jahr immer neue und höhere Anforderungen an ihre Zulieferer stellen. Diese Anforderungen auf Grundlage veralteter Technologien und Maschinen zu erfüllen, wird natürlich mit jedem Jahr schwieriger.
In Russland ist das ein sehr aktuelles Thema. Auch wir haben teilweise Probleme, Zulieferbetriebe mit entsprechenden Qualitätsstandards zu finden. Deshalb müssen wir uns an Zulieferer aus Europa oder China wenden.
Hat sich die Situation über die letzten Jahre etwas verbessert?
Ich kann hier nur über unser Unternehmen sprechen. Bei Kamaz haben wir in den letzten Jahren tatsächlich sehr viel Geld in die Modernisierung unserer Produktionsanlagen investiert. Dies wird von unseren Aktionären, u. a. der Daimler AG, aber auch verlangt.
Welchen Stellenwert haben Autos für Sie persönlich?
Am Ende geht es darum, dass ein Auto das Leben ihres Besitzers erleichtert und ihm zu mehr Mobilität verhilft. Gleichzeitig muss es allen Anforderungen entsprechen, die Menschen an ein modernes Auto stellen. Aus meiner Sicht handelt es sich dabei um ein Wechselspiel: Der Mensch tut alles dafür, ein Auto besser zu machen. Und zugleich sollte das Auto unser Leben angenehmer gestalten.
Die Fragen stellten Frank Ebbecke und Dimitri Kling.