Ansätze für mehr Konnektivität zwischen Europa und Asien gibt es viele. Der wichtigste ist die Belt and Road Initiative (BRI), ein 2013 initiiertes außenpolitisches Konzept der chinesischen Regierung zur Integration der Wirtschaftsräume in Asien, Europa und Afrika.
Die Belt and Road Initiative Chinas ist ein multidimensionales Projekt. Der Ausbau von Transportwegen, um die Lieferketten zwischen China und Europa schneller, kostengünstiger und resistenter zu gestalten, ist ein wesentlicher Pfeiler der Initiative. Darüber hinaus ist die BRI aber von ebenso wichtigen politischen, sozialen und ökonomischen Dimensionen flankiert. Die politische und ökonomische Dimension ist insbesondere für diejenigen Länder relevant, die entlang der Transportrouten von China nach Europa liegen.
Ein schneller Blick auf die Landkarte zeigt, dass ein Großteil des postsowjetischen Raums das Bindeglied zwischen Asien und Europa darstellt. Vor allem die zentralasiatischen Republiken wie Kasachstan und Usbekistan sowie Russland spielen in der Routenführung eine große Rolle. Dementsprechend stellen sich sowohl für China selbst, aber auch für Kasachstan, Usbekistan und Russland Fragen der politischen und ökonomischen Kooperation im Rahmen der BRI, sodass alle Beteiligten von dieser Initiative profitieren können.
Nicht zuletzt zeigt die Corona-Pandemie die Sinnhaftigkeit der BRI. Angesichts enorm hoher Preise für Seefracht und der sehr eingeschränkten Flugfrachtkapazitäten aufgrund des niedrigen Passagieraufkommens, kann der Landverkehr zwischen China und Europa eine Kapazitätslücke füllen. Allerdings hat das Projekt seine volle Ausbaustufe bei Weitem noch nicht erreicht. Neben der nach wie vor defizitären harten Infrastruktur bestehen noch viele Problemfelder in der weichen Infrastruktur, also Zollabwicklung, zwischenstaatliche Kooperationen, bürokratische und administrative Hürden.
Bruchlinien müssen überwunden werden
Die Bruchlinien der weichen Infrastruktur bestehen entlang politischer und systemischer Grenzen. Sowohl China als auch Kasachstan, Usbekistan und Russland selbst haben oftmals unterschiedliche Normierungen, verschiedene gesetzliche Regelungen und auch technische Unterschiede, die sich auf den überregionalen Transport auswirken.
Über dieser technischen Ebene muss in der post-sowjetischen Region immer auch der geopolitische Aspekt mitbedacht werden, um die Funktionstüchtigkeit der BRI beurteilen zu können. Die gesamte Region zwischen China und Europa wird ja nicht nur von der chinesischen BRI geprägt, dazu kommen die von der EU geführte Zentralasien-Strategie sowie der von Kasachstan und Russland getragene Integrationsprozess durch die Eurasische Wirtschaftsunion.
Die BRI, die Zentralasien-Strategie sowie die Eurasische Wirtschaftsunion haben jeweils unterschiedliche Schwerpunkte und Zielrichtungen. Diese Initiativen weisen sehr unterschiedliche Niveaus der Institutionalisierung und der Governance auf. Dennoch prägen sie die Region, überlappen sich in der Region und müssen gerade deshalb in Bezug auf ihre Konsequenzen für die BRI in Zentralasien und Russland genauer betrachtet werden.
Gemengelage dreier geopolitischer Initiativen
Diese drei Initiativen bedeuten einerseits divergierende ökonomische und geopolitische Interessen Russlands, Chinas und der EU. Gleichzeitig ermöglichen paradoxerweise diese unterschiedlichen Interessen auch Synergien in und für die Region. Die Machtverhältnisse der drei Akteure sind sehr unterschiedlich. Die EU ist sicher der schwächste Player in dieser Konstellation, einerseits aufgrund der sicherheitspolitischen, militärischen und auch geopolitischen Interessen, aber auch aufgrund der mangelnden ökonomischen Präsenz in der Region. Die EU reservierte etwa eine Milliarde Euro für den Zeitraum von 2014 bis 2020, um Projekte in Zentralasien zu realisieren. Der Fokus dieser Projekte wiederum liegt auf Themen wie Bildung und Armutsbekämpfung, der Förderung rechtsstaatlicher und zivilgesellschaftlicher Strukturen sowie sicherheitsrelevanter Aspekte wie Kampf gegen Terrorismus und Energiepartnerschaften.
Dem Engagement der EU gegenüber stehen rund 35 Milliarden Euro, die China im Rahmen der BRI für die Region Zentralasien, Russland und den Nahen Osten budgetiert, um insbesondere die Infrastruktur zu modernisieren.
China und Russland wiederum sind bemüht, die positiven Effekte einer strategischen Kooperation in den Vordergrund zu stellen und potenzielle Konfliktlinien zu ignorieren. China zeigt eine zunehmende ökonomische Präsenz in Zentralasien. Um seine Investitionen abzusichern und politische Risiken wie Konflikte oder Kriege zu minimieren, setzt China auf Russland als Sicherheitsgarant. Russland wiederum spielt seine große Stärke dahingehend aus, dass es seinen Einfluss in Zentralasien geltend macht, um für Stabilität zu sorgen. Dennoch bestehen Zielkonflikte und Spannungsfelder, die derzeit aber von beiden politischen Führungen ignoriert werden. Für Russland besteht vor allem die Gefahr, dass chinesische Waren und Dienstleistungen Russland selbst und andere Mitgliedsländer der Eurasischen Wirtschaftsunion überschwemmen. Ebenso kann der zunehmende ökonomische Einfluss Chinas in der Region auch zu erhöhten sicherheitspolitischen Interessen Chinas führen. Schließlich wird über alternative Routenführungen im Rahmen der BRI auch die Möglichkeit geschaffen, Handelswege an Russland vorbei über Zentralasien und den Nahen Osten nach Europa zu führen.
Strategische Stabilisierung der Region
Die strategische Arbeitsteilung, wie sie derzeit zwischen Russland und China praktiziert wird, zeigt durchaus Erfolge. Zentralasien war bis etwa 2015 eine sehr fragile Region mit hohem Potenzial für bilaterale Konflikte. So konnte eine Eskalation von Konflikten zwischen Usbekistan und Kasachstan nicht ausgeschlossen werden. Nicht zuletzt durch den Regimewechsel in Usbekistan und den neuen Präsidenten Schawkat Mirsijojew im Jahr 2016 wurden diplomatische Anstrengungen unternommen, um die regionale Stabilität zu gewährleisten.
Ein Beispiel für den positiven Trend ist die Unterzeichnung der „Convention on the Legal Status of the Caspian Sea“ vom 12. August 2018. Diese Konvention legt einen langjährigen schwelenden Konflikt zwischen den Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres, Russland, Iran, Turkmenistan und Aserbaidschan, über dessen legale Bezeichnung und der daraus ableitbaren Konsequenzen über die Nutzung der Ressourcen im Kaspischen Meer bei.
Russland selbst legt sein strategisches Augenmerk derzeit verstärkt auf eine Kooperation mit China. Nicht nur regional, sondern auch geopolitisch und ökonomisch. Die krisengeschüttelten Beziehungen Russlands mit den USA und der EU, insbesondere seit 2014, die Sanktionen und gegenseitigen Beschuldigungen rund um Wahlmanipulationen, machen China als Partner für Russland attraktiv.
Die enorme ökonomische Macht Chinas ist auch für Usbekistan und Kasachstan interessant und führt zu enger werdenden Kooperationen. Dazu kommen für beide zentralasiatische Republiken auch politische Interessen. Es soll nämlich durch die Kooperation mit China ein Gegengewicht zum Einfluss Russlands aufgebaut werden, um dadurch eine zunehmende Unabhängigkeit von Russland zu gewährleisten.
Nationale Entwicklungsstrategien absolut notwendig
Während Russland und China im Rahmen der BRI eine Win-win-Konstellation auf Basis der Formel „China investiert, Russland garantiert Stabilität“ gefunden haben, müssen insbesondere die zentralasiatischen Republiken nationale Entwicklungsstrategien entwerfen, die eine optimale Nutzung der Potenziale durch die BRI ermöglichen. Kasachstan hat hier eine Vorreiterrolle übernommen und mit der nationalen Strategie „Kasachstan’s way – 2050“ ein Instrument geschaffen, um die BRI für nachhaltige nationale Wirtschaftsimpulse zu nutzen. Sicher hat die Strategie in der Implementierung mit Problemen zu kämpfen, aber der Ansatz an sich ist jedenfalls positiv zu sehen.
So unterschiedlich die Impulse und Auswirkungen auf die einzelnen Ökonomien entlang der BRI im postsowjetischen Raum auch sind, können jedenfalls positive Auswirkungen bei Faktoren der Soft Infrastructure beobachtet werden.
Hervorzuheben sind Initiativen, die auf eine Harmonisierung der Zölle und der Standards bzw. Normierungen abzielen und die ein effizienteres Grenzmanagement ermöglichen sollen. Die Modernisierung und der Ausbau der Infrastruktur in Zentralasien und anderen Ländern des postsowjetischen Raums führen zu positiven Effekten in der Beschleunigung von Transporten von China nach Europa und umgekehrt. Gleichzeitig darf aber nicht zu optimistisch gedacht werden, denn durch die Infrastrukturprojekte per se werden sich keine nachhaltig positiven Effekte für die einzelnen Staaten ergeben. Vielmehr bedarf es durchdachter strategischer Initiativen, die zu einer optimalen Nutzung der möglichen positiven Impulse durch die BRI führen. Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass die BRI ein multidimensionales Projekt seitens Chinas ist, das neben logistischen, vor allem auch ökonomische und politische Ziele verfolgt. Diese Zielsetzungen gelten in erster Linie für China selbst. Daher bleibt es in der Verantwortung eines jeden Landes selbst, Strategien zu entwickeln, um die Potenziale zu nutzen. Vor diesem Hintergrund müssen die politischen und ökonomischen Entscheidungsträger ein Verständnis über die Beschaffenheit der eigenen ökonomischen Stärken und Schwächen haben und eine Idee davon, wohin sich das Land entwickeln soll. Davon abgeleitet ergeben sich auch diejenigen Notwendigkeiten und Faktoren, die im Zuge der BRI mit den Partnern verhandelt werden müssen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass lokale Bedürfnisse und Notwendigkeiten in der Planung und Durchführung der BRI übersehen werden.
Ein größtmöglicher Interessensausgleich ist sicher das Ziel aller beteiligter Entscheidungsträger, um die BRI zu einem nachhaltigen Erfolg zu führen.
Johannes Leitner Kompetenzzentrum Schwarzmeerregion FH BFI Wien; Managing Partner L&M Political Risk and Strategy Advisory
Hannes Meißner Kompetenzzentrum Schwarzmeerregion FH BFI Wien; Managing Partner L&M Political Risk and Strategy Advisory
Zoll, Logistik und Zertifizierung: Belt and Road Initiative – Gut nur für China?
Ansätze für mehr Konnektivität zwischen Europa und Asien gibt es viele. Der wichtigste ist die Belt and Road Initiative (BRI), ein 2013 initiiertes außenpolitisches Konzept der chinesischen Regierung zur Integration der Wirtschaftsräume in Asien, Europa und Afrika.
Die Belt and Road Initiative Chinas ist ein multidimensionales Projekt. Der Ausbau von Transportwegen, um die Lieferketten zwischen China und Europa schneller, kostengünstiger und resistenter zu gestalten, ist ein wesentlicher Pfeiler der Initiative. Darüber hinaus ist die BRI aber von ebenso wichtigen politischen, sozialen und ökonomischen Dimensionen flankiert. Die politische und ökonomische Dimension ist insbesondere für diejenigen Länder relevant, die entlang der Transportrouten von China nach Europa liegen.
Ein schneller Blick auf die Landkarte zeigt, dass ein Großteil des postsowjetischen Raums das Bindeglied zwischen Asien und Europa darstellt. Vor allem die zentralasiatischen Republiken wie Kasachstan und Usbekistan sowie Russland spielen in der Routenführung eine große Rolle. Dementsprechend stellen sich sowohl für China selbst, aber auch für Kasachstan, Usbekistan und Russland Fragen der politischen und ökonomischen Kooperation im Rahmen der BRI, sodass alle Beteiligten von dieser Initiative profitieren können.
Nicht zuletzt zeigt die Corona-Pandemie die Sinnhaftigkeit der BRI. Angesichts enorm hoher Preise für Seefracht und der sehr eingeschränkten Flugfrachtkapazitäten aufgrund des niedrigen Passagieraufkommens, kann der Landverkehr zwischen China und Europa eine Kapazitätslücke füllen. Allerdings hat das Projekt seine volle Ausbaustufe bei Weitem noch nicht erreicht. Neben der nach wie vor defizitären harten Infrastruktur bestehen noch viele Problemfelder in der weichen Infrastruktur, also Zollabwicklung, zwischenstaatliche Kooperationen, bürokratische und administrative Hürden.
Bruchlinien müssen überwunden werden
Die Bruchlinien der weichen Infrastruktur bestehen entlang politischer und systemischer Grenzen. Sowohl China als auch Kasachstan, Usbekistan und Russland selbst haben oftmals unterschiedliche Normierungen, verschiedene gesetzliche Regelungen und auch technische Unterschiede, die sich auf den überregionalen Transport auswirken.
Über dieser technischen Ebene muss in der post-sowjetischen Region immer auch der geopolitische Aspekt mitbedacht werden, um die Funktionstüchtigkeit der BRI beurteilen zu können. Die gesamte Region zwischen China und Europa wird ja nicht nur von der chinesischen BRI geprägt, dazu kommen die von der EU geführte Zentralasien-Strategie sowie der von Kasachstan und Russland getragene Integrationsprozess durch die Eurasische Wirtschaftsunion.
Die BRI, die Zentralasien-Strategie sowie die Eurasische Wirtschaftsunion haben jeweils unterschiedliche Schwerpunkte und Zielrichtungen. Diese Initiativen weisen sehr unterschiedliche Niveaus der Institutionalisierung und der Governance auf. Dennoch prägen sie die Region, überlappen sich in der Region und müssen gerade deshalb in Bezug auf ihre Konsequenzen für die BRI in Zentralasien und Russland genauer betrachtet werden.
Gemengelage dreier geopolitischer Initiativen
Diese drei Initiativen bedeuten einerseits divergierende ökonomische und geopolitische Interessen Russlands, Chinas und der EU. Gleichzeitig ermöglichen paradoxerweise diese unterschiedlichen Interessen auch Synergien in und für die Region. Die Machtverhältnisse der drei Akteure sind sehr unterschiedlich. Die EU ist sicher der schwächste Player in dieser Konstellation, einerseits aufgrund der sicherheitspolitischen, militärischen und auch geopolitischen Interessen, aber auch aufgrund der mangelnden ökonomischen Präsenz in der Region. Die EU reservierte etwa eine Milliarde Euro für den Zeitraum von 2014 bis 2020, um Projekte in Zentralasien zu realisieren. Der Fokus dieser Projekte wiederum liegt auf Themen wie Bildung und Armutsbekämpfung, der Förderung rechtsstaatlicher und zivilgesellschaftlicher Strukturen sowie sicherheitsrelevanter Aspekte wie Kampf gegen Terrorismus und Energiepartnerschaften.
Dem Engagement der EU gegenüber stehen rund 35 Milliarden Euro, die China im Rahmen der BRI für die Region Zentralasien, Russland und den Nahen Osten budgetiert, um insbesondere die Infrastruktur zu modernisieren.
China und Russland wiederum sind bemüht, die positiven Effekte einer strategischen Kooperation in den Vordergrund zu stellen und potenzielle Konfliktlinien zu ignorieren. China zeigt eine zunehmende ökonomische Präsenz in Zentralasien. Um seine Investitionen abzusichern und politische Risiken wie Konflikte oder Kriege zu minimieren, setzt China auf Russland als Sicherheitsgarant. Russland wiederum spielt seine große Stärke dahingehend aus, dass es seinen Einfluss in Zentralasien geltend macht, um für Stabilität zu sorgen. Dennoch bestehen Zielkonflikte und Spannungsfelder, die derzeit aber von beiden politischen Führungen ignoriert werden. Für Russland besteht vor allem die Gefahr, dass chinesische Waren und Dienstleistungen Russland selbst und andere Mitgliedsländer der Eurasischen Wirtschaftsunion überschwemmen. Ebenso kann der zunehmende ökonomische Einfluss Chinas in der Region auch zu erhöhten sicherheitspolitischen Interessen Chinas führen. Schließlich wird über alternative Routenführungen im Rahmen der BRI auch die Möglichkeit geschaffen, Handelswege an Russland vorbei über Zentralasien und den Nahen Osten nach Europa zu führen.
Strategische Stabilisierung der Region
Die strategische Arbeitsteilung, wie sie derzeit zwischen Russland und China praktiziert wird, zeigt durchaus Erfolge. Zentralasien war bis etwa 2015 eine sehr fragile Region mit hohem Potenzial für bilaterale Konflikte. So konnte eine Eskalation von Konflikten zwischen Usbekistan und Kasachstan nicht ausgeschlossen werden. Nicht zuletzt durch den Regimewechsel in Usbekistan und den neuen Präsidenten Schawkat Mirsijojew im Jahr 2016 wurden diplomatische Anstrengungen unternommen, um die regionale Stabilität zu gewährleisten.
Ein Beispiel für den positiven Trend ist die Unterzeichnung der „Convention on the Legal Status of the Caspian Sea“ vom 12. August 2018. Diese Konvention legt einen langjährigen schwelenden Konflikt zwischen den Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres, Russland, Iran, Turkmenistan und Aserbaidschan, über dessen legale Bezeichnung und der daraus ableitbaren Konsequenzen über die Nutzung der Ressourcen im Kaspischen Meer bei.
Russland selbst legt sein strategisches Augenmerk derzeit verstärkt auf eine Kooperation mit China. Nicht nur regional, sondern auch geopolitisch und ökonomisch. Die krisengeschüttelten Beziehungen Russlands mit den USA und der EU, insbesondere seit 2014, die Sanktionen und gegenseitigen Beschuldigungen rund um Wahlmanipulationen, machen China als Partner für Russland attraktiv.
Die enorme ökonomische Macht Chinas ist auch für Usbekistan und Kasachstan interessant und führt zu enger werdenden Kooperationen. Dazu kommen für beide zentralasiatische Republiken auch politische Interessen. Es soll nämlich durch die Kooperation mit China ein Gegengewicht zum Einfluss Russlands aufgebaut werden, um dadurch eine zunehmende Unabhängigkeit von Russland zu gewährleisten.
Nationale Entwicklungsstrategien absolut notwendig
Während Russland und China im Rahmen der BRI eine Win-win-Konstellation auf Basis der Formel „China investiert, Russland garantiert Stabilität“ gefunden haben, müssen insbesondere die zentralasiatischen Republiken nationale Entwicklungsstrategien entwerfen, die eine optimale Nutzung der Potenziale durch die BRI ermöglichen. Kasachstan hat hier eine Vorreiterrolle übernommen und mit der nationalen Strategie „Kasachstan’s way – 2050“ ein Instrument geschaffen, um die BRI für nachhaltige nationale Wirtschaftsimpulse zu nutzen. Sicher hat die Strategie in der Implementierung mit Problemen zu kämpfen, aber der Ansatz an sich ist jedenfalls positiv zu sehen.
So unterschiedlich die Impulse und Auswirkungen auf die einzelnen Ökonomien entlang der BRI im postsowjetischen Raum auch sind, können jedenfalls positive Auswirkungen bei Faktoren der Soft Infrastructure beobachtet werden.
Hervorzuheben sind Initiativen, die auf eine Harmonisierung der Zölle und der Standards bzw. Normierungen abzielen und die ein effizienteres Grenzmanagement ermöglichen sollen. Die Modernisierung und der Ausbau der Infrastruktur in Zentralasien und anderen Ländern des postsowjetischen Raums führen zu positiven Effekten in der Beschleunigung von Transporten von China nach Europa und umgekehrt. Gleichzeitig darf aber nicht zu optimistisch gedacht werden, denn durch die Infrastrukturprojekte per se werden sich keine nachhaltig positiven Effekte für die einzelnen Staaten ergeben. Vielmehr bedarf es durchdachter strategischer Initiativen, die zu einer optimalen Nutzung der möglichen positiven Impulse durch die BRI führen. Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass die BRI ein multidimensionales Projekt seitens Chinas ist, das neben logistischen, vor allem auch ökonomische und politische Ziele verfolgt. Diese Zielsetzungen gelten in erster Linie für China selbst. Daher bleibt es in der Verantwortung eines jeden Landes selbst, Strategien zu entwickeln, um die Potenziale zu nutzen. Vor diesem Hintergrund müssen die politischen und ökonomischen Entscheidungsträger ein Verständnis über die Beschaffenheit der eigenen ökonomischen Stärken und Schwächen haben und eine Idee davon, wohin sich das Land entwickeln soll. Davon abgeleitet ergeben sich auch diejenigen Notwendigkeiten und Faktoren, die im Zuge der BRI mit den Partnern verhandelt werden müssen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass lokale Bedürfnisse und Notwendigkeiten in der Planung und Durchführung der BRI übersehen werden.
Ein größtmöglicher Interessensausgleich ist sicher das Ziel aller beteiligter Entscheidungsträger, um die BRI zu einem nachhaltigen Erfolg zu führen.
Johannes Leitner
Kompetenzzentrum Schwarzmeerregion FH BFI Wien;
Managing Partner L&M Political Risk and Strategy Advisory
Hannes Meißner
Kompetenzzentrum Schwarzmeerregion FH BFI Wien;
Managing Partner L&M Political Risk and Strategy Advisory