Tschebureki werden gerne als das erste Fastfood der Sowjetunion bezeichnet. Die frittierten Teigfladen mit Fleisch- oder Käsefüllung stammen aus der Küche der Krim-Tataren.
Der erste Tschebureki-Imbiss Moskaus soll 1957 eröffnet haben. Als Symbol für die Völkerfreundschaft, nachdem die Krim-Tataren ein Jahr zuvor vom Präsidium des Obersten Sowjets ihre vollen Bürgerrechte zurückerhalten hatten. In den folgenden Jahrzehnten entwickelten sich die sogenannten Tscheburetschnajas zu beliebten Anlaufstellen für eine schnelle Mahlzeit. Heute empfangen die schlichten Schnellrestaurants ihre Gäste mit Retro-Charme und niedrigen Preisen.
„Tscheburetschnaja SSSR“
Viermal gibt es die „Tscheburetschnaja SSSR“ in Moskau, wir haben die Filiale in der Uliza Sretenka nahe der Metrostation Sucharewskaja ausprobiert. Das Lokal versteckt sich im Keller, schon auf der Treppe wird der Gast von Vertretern des Arbeiter- und Bauernstaats begrüßt. „Freund, Genosse und Bruder“ steht auf dem Wandbild im typischen Stil des sozialistischen Realismus.
Drinnen geht es gleich so weiter. Stolowaja-Optik, schlichte weiße Holztische, eine Vitrine voller Vintage-Kram aus Sowjetzeiten schaffen eine etwas übertriebene Retro-Kulisse. „Dass es solche Läden überhaupt noch gibt“, staunt meine Moskauer Begleitung. Damit war weniger die Deko gemeint als die ganze Atmosphäre. Bestellt wird am Tresen, dann werden die Nummern zur Abholung ausgerufen. Manche Gäste sind nicht nur zum Essen da, sondern machen auch gleich noch eine Flasche Wodka dazu nieder. Das hat auch irgendwie Retro-Charme, wenngleich eher 1990er-Jahre als Sowjetunion.
Die Tschebureki sind mit 95 Rubel (etwa 1,15 Euro) ziemlich preiswert. Zwei Stück und man ist pappsatt. Und sie schmecken durchaus. Es gibt sie mit Rindfleisch, Lamm oder Huhn sowie vegetarische Varianten mit Käse oder Kartoffeln und Pilzen. Für 160 Rubel (ca. zwei Euro) bekommt man eine Suppe dazu, etwa Borschtsch oder Soljanka. Und das ist es, was ich an diesen Schuppen so schätze. Nichts mit Instantbrühe, hier wird richtig gekocht. Wer mag, bekommt auch noch einen Salat Olivier oder andere Klassiker dazu. Ebenfalls ziemlich retro ist, dass man hier nicht mit Karte bezahlen kann. In jedem Fall ein Erlebnis.
Tscheburetschnaja an der Belorusskaja
Etwas gediegener ist dieser Schuppen in der Nähe des Belorussischen Bahnhofs. In einem kleinen Häuschen an der 2-ja Brestskaja Uliza empfängt die namenlose Tscheburetschnaja ihre Gäste. Das Ambiente ist hier mehr Wohnzimmer als Kantine, dunkle Holztische, rote Vorhänge, eine hölzerne Garderobe, zahlreiche Zimmerpflanzen und historische Bilder an der Wand.
Die Speisekarte ist ähnlich. Neben den üblichen Tschebureki mit Fleisch gibt es auch noch welche mit georgischem Sulguni-Käse oder mit Feta. Die Preise liegen zwischen 80 und 100 Rubel (etwa 1 bis 1,20 Euro). Doch die Karte bietet noch vieles mehr aus der klassisch sowjetischen Küche, zum Beispiel Pelmeni oder Plow. Auch hier gibt es richtig gute Suppen für wenig Geld.
Die Tschebureki sind richtig lecker hier, mit frischem Koriander gewürzt. Bestellt wird an der Theke, doch die Mitarbeiterin bringt das Essen dann an den Platz. Auch hier ist man gut bedient, wenn man Bargeld dabei hat. Ein sehr angenehmer Ort.
„Druschba“
Im vergangenen Sommer ging ein Aufschrei durch die sozialen Medien. Nach Jahrzehnten hatte die Tscheburetschnaja „Druschba“ an der Metrostation die Pforten geschlossen. Weder der Zusammenbruch der Sowjetunion noch die Wirtschaftskrise in den 2000ern konnte dem Laden etwas anhaben, doch mit Corona war Schluss. So schien es. Doch mittlerweile hat die Kult-Institution wieder offen und es gibt wieder Tschebureki für 90 Rubel (etwa 1,10 Euro) an Stehtischen.
„Sowjetskije Wremena“
Hier gibt es wieder die volle Breitseite Sowjetunion. Das kleine Café an der Uliza Pokrowka nahe dem Gartenring wartet schon mit einem Lenin-Kopf im Schaufenster auf, dazu alte Radios und Fotoapparate. Die tiefroten Wände im Inneren sind geziert von Ikonen des Sozialismus, etwa Lenin mit ausgestreckter Hand. Eine weitere Filiale im gleichen Stil gibt es etwas außerhalb, an der Werchnjaja Krasnoselskaja Uliza.
Es läuft sowjetische Disco-Musik aus den 1980ern, hinterm Tresen prangt eine Speisekarte mit angegilbten Fotos der verschiedenen Gerichte. Für einen Tscheburek zahlt man 85 Rubel (etwa 1,05 Euro), es gibt jedoch auch hier zahlreiche andere Speisen wie Omelette, Plow oder Pelmeni.
Jiří Hönes
Der Beitrag erschien erstmals am 1. November in der Moskauer Deutschen Zeitung.
Geschäftsreise und Kultur: Fettbomben mit Sowjet-Charme: Tschebureki in Moskau
Tschebureki werden gerne als das erste Fastfood der Sowjetunion bezeichnet. Die frittierten Teigfladen mit Fleisch- oder Käsefüllung stammen aus der Küche der Krim-Tataren.
Der erste Tschebureki-Imbiss Moskaus soll 1957 eröffnet haben. Als Symbol für die Völkerfreundschaft, nachdem die Krim-Tataren ein Jahr zuvor vom Präsidium des Obersten Sowjets ihre vollen Bürgerrechte zurückerhalten hatten. In den folgenden Jahrzehnten entwickelten sich die sogenannten Tscheburetschnajas zu beliebten Anlaufstellen für eine schnelle Mahlzeit. Heute empfangen die schlichten Schnellrestaurants ihre Gäste mit Retro-Charme und niedrigen Preisen.
„Tscheburetschnaja SSSR“
Viermal gibt es die „Tscheburetschnaja SSSR“ in Moskau, wir haben die Filiale in der Uliza Sretenka nahe der Metrostation Sucharewskaja ausprobiert. Das Lokal versteckt sich im Keller, schon auf der Treppe wird der Gast von Vertretern des Arbeiter- und Bauernstaats begrüßt. „Freund, Genosse und Bruder“ steht auf dem Wandbild im typischen Stil des sozialistischen Realismus.
Drinnen geht es gleich so weiter. Stolowaja-Optik, schlichte weiße Holztische, eine Vitrine voller Vintage-Kram aus Sowjetzeiten schaffen eine etwas übertriebene Retro-Kulisse. „Dass es solche Läden überhaupt noch gibt“, staunt meine Moskauer Begleitung. Damit war weniger die Deko gemeint als die ganze Atmosphäre. Bestellt wird am Tresen, dann werden die Nummern zur Abholung ausgerufen. Manche Gäste sind nicht nur zum Essen da, sondern machen auch gleich noch eine Flasche Wodka dazu nieder. Das hat auch irgendwie Retro-Charme, wenngleich eher 1990er-Jahre als Sowjetunion.
Die Tschebureki sind mit 95 Rubel (etwa 1,15 Euro) ziemlich preiswert. Zwei Stück und man ist pappsatt. Und sie schmecken durchaus. Es gibt sie mit Rindfleisch, Lamm oder Huhn sowie vegetarische Varianten mit Käse oder Kartoffeln und Pilzen. Für 160 Rubel (ca. zwei Euro) bekommt man eine Suppe dazu, etwa Borschtsch oder Soljanka. Und das ist es, was ich an diesen Schuppen so schätze. Nichts mit Instantbrühe, hier wird richtig gekocht. Wer mag, bekommt auch noch einen Salat Olivier oder andere Klassiker dazu. Ebenfalls ziemlich retro ist, dass man hier nicht mit Karte bezahlen kann. In jedem Fall ein Erlebnis.
Tscheburetschnaja an der Belorusskaja
Etwas gediegener ist dieser Schuppen in der Nähe des Belorussischen Bahnhofs. In einem kleinen Häuschen an der 2-ja Brestskaja Uliza empfängt die namenlose Tscheburetschnaja ihre Gäste. Das Ambiente ist hier mehr Wohnzimmer als Kantine, dunkle Holztische, rote Vorhänge, eine hölzerne Garderobe, zahlreiche Zimmerpflanzen und historische Bilder an der Wand.
Die Speisekarte ist ähnlich. Neben den üblichen Tschebureki mit Fleisch gibt es auch noch welche mit georgischem Sulguni-Käse oder mit Feta. Die Preise liegen zwischen 80 und 100 Rubel (etwa 1 bis 1,20 Euro). Doch die Karte bietet noch vieles mehr aus der klassisch sowjetischen Küche, zum Beispiel Pelmeni oder Plow. Auch hier gibt es richtig gute Suppen für wenig Geld.
Die Tschebureki sind richtig lecker hier, mit frischem Koriander gewürzt. Bestellt wird an der Theke, doch die Mitarbeiterin bringt das Essen dann an den Platz. Auch hier ist man gut bedient, wenn man Bargeld dabei hat. Ein sehr angenehmer Ort.
„Druschba“
Im vergangenen Sommer ging ein Aufschrei durch die sozialen Medien. Nach Jahrzehnten hatte die Tscheburetschnaja „Druschba“ an der Metrostation die Pforten geschlossen. Weder der Zusammenbruch der Sowjetunion noch die Wirtschaftskrise in den 2000ern konnte dem Laden etwas anhaben, doch mit Corona war Schluss. So schien es. Doch mittlerweile hat die Kult-Institution wieder offen und es gibt wieder Tschebureki für 90 Rubel (etwa 1,10 Euro) an Stehtischen.
„Sowjetskije Wremena“
Hier gibt es wieder die volle Breitseite Sowjetunion. Das kleine Café an der Uliza Pokrowka nahe dem Gartenring wartet schon mit einem Lenin-Kopf im Schaufenster auf, dazu alte Radios und Fotoapparate. Die tiefroten Wände im Inneren sind geziert von Ikonen des Sozialismus, etwa Lenin mit ausgestreckter Hand. Eine weitere Filiale im gleichen Stil gibt es etwas außerhalb, an der Werchnjaja Krasnoselskaja Uliza.
Es läuft sowjetische Disco-Musik aus den 1980ern, hinterm Tresen prangt eine Speisekarte mit angegilbten Fotos der verschiedenen Gerichte. Für einen Tscheburek zahlt man 85 Rubel (etwa 1,05 Euro), es gibt jedoch auch hier zahlreiche andere Speisen wie Omelette, Plow oder Pelmeni.
Jiří Hönes
Der Beitrag erschien erstmals am 1. November in der Moskauer Deutschen Zeitung.