Weltweit unterliegen circa 55.000 Personen und Körperschaften wirtschaftlichen und politischen Sanktionen. Allein im Kontext des Ukraine-Krieges wurden rund 15.000 Maßnahmen ergriffen, die den Kreml und seinen Verbündeten die finanziellen Möglichkeiten nehmen sollen. Davon profitieren vor allem die Länder Zentralasiens und des Südkaukasus, die sich als Alternativen für unterbrochene Lieferketten und verlorene Märkte profilieren können. Doch kommen immer wieder Gerüchte auf, dass die dortigen Geschäftsmöglichkeiten auch genutzt werden, um sanktionierte Waren an den Behörden vorbei nach Russland zu liefern. Dies stellt ein massives Risiko für die betroffenen Hersteller dar. Im Rahmen eines Online-Seminars des Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft erklärten verschiedene Unternehmer, welche Besonderheiten in diesen durchaus attraktiven Märkten vorliegen und wie sich deutsche Firmen absichern können. Gerade im Hinblick auf das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und die europäische Corporate Sustainability Due Dilligence Directive (CSDDD) müssen Firmen damit rechnen, dass auch im Sanktionsrecht zunehmend strafrechtliche Konsequenzen auf sie zukommen können, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten gegenüber ihren mittelbaren und unmittelbaren Zulieferern und Subunternehmen vernachlässigen, ganz zu schweigen von betriebsinternen Verstößen. Ein erster Schritt, um den Überblick über die eigene Lieferkette zu bewahren, ist laut Hannes Meissner von LM Political Risk and Strategy Advisory die Betrachtung des sowjetischen Erbes in den zentralasiatischen und kaukasischen Ländern. Viele der politischen Eliten haben den Grundstock ihres finanziellen und gesellschaftlichen Einflusses in die nationale Unabhängigkeit retten können. Dieser Einfluss zeichnet sich in informellen Netzwerken und einer State Capture ab: Etablierte Kräfte agieren oft im Rahmen von Klientel-Wirtschaft und informellen Praktiken, was durch die Förderung von Rechtstaatlichkeitsdefiziten möglich gemacht wird. Mit dem Ukraine-Krieg und den politischen Spannungen zwischen China und Russland entwickelt sich die Region immer weiter zu einer geopolitischen Kampfzone, mit den USA und der EU auf einer Seite und Russland und China auf der anderen. Dies stellt eine ambivalente Marktsituation für besagte Eliten und weitere lokale Wirtschaftsakteure dar, die zwar durchaus in der Vergangenheit von Handelsbeziehungen mit Russland profitiert haben, letztendlich aber ihre wirtschaftlichen Eigeninteressen verfolgen. Daraus folgt für ausländische Unternehmen, die in diesen Markt einsteigen wollen, sich unbedingt mit dem Habitus und Wünschen der heimischen Entscheidungsträger vertraut machen zu müssen, um eine Kooperationsmöglichkeit als „Win-Win-Situation“ verkaufen zu können. Hier entsteht aber auch das größte Risiko: So entstehen Sanktionsumgehungen primär durch verdeckte Interessen der lokalen Geschäftspartner, die beispielsweise durch weitverzweigte Netze von Sublieferanten den letztlichen Endverbraucher verschleiern können. Meissner empfiehlt daher eine proaktive kritische Prüfung des konkreten Geschäftsfalls unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten. Ein schablonenhaftes Compliance-Management führe nur zu Missverständnissen und im schlimmsten Fall zu falschen Anschuldigungen. Auch ein Code of Conduct könne helfen, eine für die geschäftlichen Partner und eigenen Mitarbeiter klare Richtlinie zu präsentieren, die der Orientierung hilft und Sicherheitsmechanismen implementiert. Auch Sascha Händler von Textima betont die Bedeutung der regelmäßigen Überprüfung der Geschäftspartner. So kontrolliere sein Unternehmen die Einhaltung der Sanktionen einmal zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, ein zweites Mal zum Auslieferungsdatum und ein letztes Mal am Rechnungsdatum, da die Zeitabstände zwischen diesen Daten zum Teil mehrere Monate oder Jahre betragen. Um den Überblick zu behalten, greife Textima auf tägliche Einspielungen von Datenbanken eines externen Anbieters zurück, da „man nicht alle Sanktionen (immer) auf Papier prüfen kann.“ Zudem ergänzt Händler, dass nicht alle russischen Investoren auf Möglichkeiten zur Sanktionsumgehung aus sind, sondern einige unabhängig von der eigenen Wirtschaft in Zentralasien oder im Kaukasus Kapital anlegen wollen. Auch diese Fälle müssen anhand des konkreten Kontextes geprüft werden. Einig sind sich alle: Auf keinen Fall sollen gesamtgesellschaftlich und politisch die Wachstumsraten der Region als klarer Beweis für Sanktionsumgehungen gewertet werden. Denn der Wunsch nach einer stärkeren Bindung an Europa sei in allen diesen Regionen spürbar vorhanden.
OID+: Sanktionsumgehungen vermeiden im Zentralasien-Handel
Weltweit unterliegen circa 55.000 Personen und Körperschaften wirtschaftlichen und politischen Sanktionen. Allein im Kontext des Ukraine-Krieges wurden rund 15.000 Maßnahmen ergriffen, die den Kreml und seinen Verbündeten die finanziellen Möglichkeiten nehmen sollen. Davon profitieren vor allem die Länder Zentralasiens und des Südkaukasus, die sich als Alternativen für unterbrochene Lieferketten und verlorene Märkte profilieren können. Doch kommen immer wieder Gerüchte auf, dass die dortigen Geschäftsmöglichkeiten auch genutzt werden, um sanktionierte Waren an den Behörden vorbei nach Russland zu liefern. Dies stellt ein massives Risiko für die betroffenen Hersteller dar.
Im Rahmen eines Online-Seminars des Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft erklärten verschiedene Unternehmer, welche Besonderheiten in diesen durchaus attraktiven Märkten vorliegen und wie sich deutsche Firmen absichern können.
Gerade im Hinblick auf das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und die europäische Corporate Sustainability Due Dilligence Directive (CSDDD) müssen Firmen damit rechnen, dass auch im Sanktionsrecht zunehmend strafrechtliche Konsequenzen auf sie zukommen können, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten gegenüber ihren mittelbaren und unmittelbaren Zulieferern und Subunternehmen vernachlässigen, ganz zu schweigen von betriebsinternen Verstößen.
Ein erster Schritt, um den Überblick über die eigene Lieferkette zu bewahren, ist laut Hannes Meissner von LM Political Risk and Strategy Advisory die Betrachtung des sowjetischen Erbes in den zentralasiatischen und kaukasischen Ländern. Viele der politischen Eliten haben den Grundstock ihres finanziellen und gesellschaftlichen Einflusses in die nationale Unabhängigkeit retten können. Dieser Einfluss zeichnet sich in informellen Netzwerken und einer State Capture ab: Etablierte Kräfte agieren oft im Rahmen von Klientel-Wirtschaft und informellen Praktiken, was durch die Förderung von Rechtstaatlichkeitsdefiziten möglich gemacht wird.
Mit dem Ukraine-Krieg und den politischen Spannungen zwischen China und Russland entwickelt sich die Region immer weiter zu einer geopolitischen Kampfzone, mit den USA und der EU auf einer Seite und Russland und China auf der anderen. Dies stellt eine ambivalente Marktsituation für besagte Eliten und weitere lokale Wirtschaftsakteure dar, die zwar durchaus in der Vergangenheit von Handelsbeziehungen mit Russland profitiert haben, letztendlich aber ihre wirtschaftlichen Eigeninteressen verfolgen.
Daraus folgt für ausländische Unternehmen, die in diesen Markt einsteigen wollen, sich unbedingt mit dem Habitus und Wünschen der heimischen Entscheidungsträger vertraut machen zu müssen, um eine Kooperationsmöglichkeit als „Win-Win-Situation“ verkaufen zu können. Hier entsteht aber auch das größte Risiko: So entstehen Sanktionsumgehungen primär durch verdeckte Interessen der lokalen Geschäftspartner, die beispielsweise durch weitverzweigte Netze von Sublieferanten den letztlichen Endverbraucher verschleiern können.
Meissner empfiehlt daher eine proaktive kritische Prüfung des konkreten Geschäftsfalls unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten. Ein schablonenhaftes Compliance-Management führe nur zu Missverständnissen und im schlimmsten Fall zu falschen Anschuldigungen. Auch ein Code of Conduct könne helfen, eine für die geschäftlichen Partner und eigenen Mitarbeiter klare Richtlinie zu präsentieren, die der Orientierung hilft und Sicherheitsmechanismen implementiert.
Auch Sascha Händler von Textima betont die Bedeutung der regelmäßigen Überprüfung der Geschäftspartner. So kontrolliere sein Unternehmen die Einhaltung der Sanktionen einmal zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, ein zweites Mal zum Auslieferungsdatum und ein letztes Mal am Rechnungsdatum, da die Zeitabstände zwischen diesen Daten zum Teil mehrere Monate oder Jahre betragen. Um den Überblick zu behalten, greife Textima auf tägliche Einspielungen von Datenbanken eines externen Anbieters zurück, da „man nicht alle Sanktionen (immer) auf Papier prüfen kann.“
Zudem ergänzt Händler, dass nicht alle russischen Investoren auf Möglichkeiten zur Sanktionsumgehung aus sind, sondern einige unabhängig von der eigenen Wirtschaft in Zentralasien oder im Kaukasus Kapital anlegen wollen. Auch diese Fälle müssen anhand des konkreten Kontextes geprüft werden.
Einig sind sich alle: Auf keinen Fall sollen gesamtgesellschaftlich und politisch die Wachstumsraten der Region als klarer Beweis für Sanktionsumgehungen gewertet werden. Denn der Wunsch nach einer stärkeren Bindung an Europa sei in allen diesen Regionen spürbar vorhanden.
Von Jasmin Drogat, Märkte Weltweit Medien