Einige Überraschungen nach unten hier, einige nach oben dort, aber das Gesamtbild bleibt unverändert. Da die Inlandsnachfrage unter dem Kaufkraftverlust leidet, befinden sich sowohl der ungarische Einzelhandel als auch die Industrie in einer Zwickmühle. Das berichtet die „think.ING.com“ in einer Analyse. Das Ungarische Statistische Zentralamt (HCSO) hat jetzt die Juni-Zahlen für den Industrie- und Einzelhandelssektor veröffentlicht. Während das Land im Mai eine positive Überraschung in der Industrie und eine negative bei den Einzelhandelsumsätzen erlebte, zeigen die Juni-Werte genau das Gegenteil. Nichtsdestotrotz haben beide Sektoren weiterhin mit der schwachen Inlandsnachfrage zu kämpfen, so dass die ING davon ausgeht, dass diese Bereiche das BIP-Wachstum im zweiten Quartal weiterhin belasten werden. Die Industrieproduktion hat im Juni im Vergleich zum Marktkonsens stark negativ überrascht, obwohl sie besser abschnitt als von der ING erwartet. Die Produktion fiel auf Monatsbasis um 0,9% (saison- und arbeitstäglich bereinigt). Dies entspricht einem Rückgang der Industrieproduktion um 6,1% gegenüber dem Vorjahr. Die Daten deuten darauf hin, dass die im Mai verzeichnete Belebung der Industrieproduktion nicht von Dauer war und dass die Industrieproduktion weiterhin einem stark negativen Trend folgt. Obwohl die Veröffentlichung detaillierter Daten noch aussteht, meldet das HCSO, dass alles unverändert ist. Während die meisten Teilsektoren zum Produktionsrückgang beigetragen haben, bleiben die Ausnahmen elektrische Ausrüstungen (EV-Batterieproduktion) und Kraftfahrzeuge. Im Wesentlichen sind nur noch die exportorientierten Sektoren, einschließlich der Segmente mit einigen Verbindungen zur Automobilindustrie, in der Lage, die Rückgänge in anderen Bereichen teilweise auszugleichen. Gleichzeitig spiegelt diese Zweiteilung die anhaltende Schrumpfung der Inlandsnachfrage in der ungarischen Wirtschaft wider, da die Sektoren, die für den heimischen Markt produzieren, in Ermangelung von Nachfrage nicht so viel herstellen müssen. Das Bild ist also eindeutig: Die Exportverkäufe sind in der Lage, die sehr schwache Leistung der für den Inlandsmarkt produzierenden Unternehmen bis zu einem gewissen Grad zu kompensieren. Mit Blick auf die Zukunft wird diese Zweiteilung wahrscheinlich fortbestehen, aber der positive Einfluss der Exporte könnte allmählich nachlassen. Auch die Auftragseingänge für den Export werden – zumindest den Umfragen zufolge – immer verhaltener. Und die Nachfrage der für den Auslandsmarkt produzierenden Unternehmen lässt ebenfalls nach. In dem Maße, in dem der in den letzten Jahren aufgebaute Auftragsbestand abgearbeitet wird, könnte auch dieses Industriesegment zu kriseln beginnen. Die Abschwächung des weltweiten verarbeitenden Gewerbes ist ein deutliches Zeichen für die sinkende Nachfrage nach Industriegütern, der sich auch die ungarische Wirtschaft nicht entziehen kann. Es bleibt allerdings die Hoffnung, dass ein Sinken der Inflationsrate und die Erholung der Kaufkraft in Ungarn möglicherweise schon im September den heimischen Industriesektoren positive Impulse verleihen könnte, welche die Probleme der Industrieexporte ausgleichen könnten. Für das Gesamtjahr rechnet ING jedoch weiterhin mit einer negativen Entwicklung der gesamten Industrieproduktion, also mit einem Unterschreiten des Produktionsniveaus von 2022. Dies bedeutet auch, dass die Landwirtschaft der einzige Retter des Wirtschaftswachstums bleiben könnte, da die besser als erwartet ausgefallenen Einzelhandelsumsätze noch längst nicht bedeuten, dass Ungarn sich an der Schwelle zu einer nachhaltigen Trendwende befindet. Die Leistung des Einzelhandelssektors im Juni war eine ziemlich starke positive Überraschung, welche die negativen Zahlen aus der Industrie ausglich. Nicht nur der Jahresindex verbesserte sich gegenüber dem Vormonat, sondern die Einzelhandelsumsätze stiegen auch auf Monatsbasis. Im Vergleich zum Vormonat zog das Verkaufsvolumen um 0,7% an, während sich der Index im Jahresvergleich auf -8,3% erholte. Die Verbesserung um 4 Prozentpunkte spiegelt auch die niedrige Basis des letzten Jahres wider. Ein genauerer Blick offenbart die Quelle der Überraschung. Einerseits stiegen die Umsätze im Lebensmitteleinzelhandel auf Monatsbasis erneut um 0,3%, was nicht außergewöhnlich ist, aber es ist sicherlich positiv, dass die Expansion nun schon seit drei Monaten anhält. Andererseits war die Entwicklung bei den Umsätzen mit Nicht-Lebensmitteln außergewöhnlich stark. Der monatliche Anstieg von 2,5% ist ein klarer Ausreißer: Das letzte Mal, dass dieses Segment einen höheren monatlichen Zuwachs verzeichnete, war im Februar 2022. Aufgeschlüsselt nach Teilsektoren gab es deutliche Zuwächse bei den Verkäufen von Fertigwaren, Möbeln und Elektroartikeln, aber auch bei den Verkäufen von Gebrauchtwaren wurde ein starkes Plus verzeichnet. Die größte Frage ist, ob dies der Beginn einer Trendwende oder nur eine einmonatige Schwankung ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es sehr schwer zu sagen, aber in den letzten drei Jahren gab es im Juni zweimal ein überraschend starkes Ergebnis im Non-Food-Einzelhandel. Dies deutet auf eine Art sich abzeichnende Saisonalität hin. Dass es um die Kaufkraft der Haushalte noch nicht zum Besten bestellt ist, zeigt der anhaltende Rückgang der Kraftstoffverkäufe, die im Monatsvergleich um 1,1% zurückgingen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Kraftstoffpreise bereits im Juni deutlich gestiegen waren, so dass der Rückgang der Verkaufsmenge hier weniger überraschend ist. Positiv zu vermerken ist jedoch, dass die Einzelhandelsumsätze ohne Kraftstoffe im Juni auf Monatsbasis gestiegen sind, nachdem sie acht Monate lang rückläufig waren. Mit Blick auf die Zukunft ist nicht zu erwarten, dass sich die positive Entwicklung vom Juni kurzfristig wiederholen wird. Allerdings könnte sich eine langsame Trendwende bei den Einzelhandelsumsätzen einstellen, da sich die Inflation abschwächt und die Kaufkraft voraussichtlich ab September wieder steigen wird. Dies dürfte jedoch nicht ausreichen, um das Gesamtjahr zu retten, so dass ING mit einem deutlichen Rückgang der Ergebnisse rechnet.
OID+: Industrie und Einzelhandel stark unter Druck
Einige Überraschungen nach unten hier, einige nach oben dort, aber das Gesamtbild bleibt unverändert. Da die Inlandsnachfrage unter dem Kaufkraftverlust leidet, befinden sich sowohl der ungarische Einzelhandel als auch die Industrie in einer Zwickmühle. Das berichtet die „think.ING.com“ in einer Analyse.
Das Ungarische Statistische Zentralamt (HCSO) hat jetzt die Juni-Zahlen für den Industrie- und Einzelhandelssektor veröffentlicht. Während das Land im Mai eine positive Überraschung in der Industrie und eine negative bei den Einzelhandelsumsätzen erlebte, zeigen die Juni-Werte genau das Gegenteil. Nichtsdestotrotz haben beide Sektoren weiterhin mit der schwachen Inlandsnachfrage zu kämpfen, so dass die ING davon ausgeht, dass diese Bereiche das BIP-Wachstum im zweiten Quartal weiterhin belasten werden.
Die Industrieproduktion hat im Juni im Vergleich zum Marktkonsens stark negativ überrascht, obwohl sie besser abschnitt als von der ING erwartet. Die Produktion fiel auf Monatsbasis um 0,9% (saison- und arbeitstäglich bereinigt). Dies entspricht einem Rückgang der Industrieproduktion um 6,1% gegenüber dem Vorjahr. Die Daten deuten darauf hin, dass die im Mai verzeichnete Belebung der Industrieproduktion nicht von Dauer war und dass die Industrieproduktion weiterhin einem stark negativen Trend folgt.
Obwohl die Veröffentlichung detaillierter Daten noch aussteht, meldet das HCSO, dass alles unverändert ist. Während die meisten Teilsektoren zum Produktionsrückgang beigetragen haben, bleiben die Ausnahmen elektrische Ausrüstungen (EV-Batterieproduktion) und Kraftfahrzeuge. Im Wesentlichen sind nur noch die exportorientierten Sektoren, einschließlich der Segmente mit einigen Verbindungen zur Automobilindustrie, in der Lage, die Rückgänge in anderen Bereichen teilweise auszugleichen. Gleichzeitig spiegelt diese Zweiteilung die anhaltende Schrumpfung der Inlandsnachfrage in der ungarischen Wirtschaft wider, da die Sektoren, die für den heimischen Markt produzieren, in Ermangelung von Nachfrage nicht so viel herstellen müssen.
Das Bild ist also eindeutig: Die Exportverkäufe sind in der Lage, die sehr schwache Leistung der für den Inlandsmarkt produzierenden Unternehmen bis zu einem gewissen Grad zu kompensieren. Mit Blick auf die Zukunft wird diese Zweiteilung wahrscheinlich fortbestehen, aber der positive Einfluss der Exporte könnte allmählich nachlassen. Auch die Auftragseingänge für den Export werden – zumindest den Umfragen zufolge – immer verhaltener. Und die Nachfrage der für den Auslandsmarkt produzierenden Unternehmen lässt ebenfalls nach. In dem Maße, in dem der in den letzten Jahren aufgebaute Auftragsbestand abgearbeitet wird, könnte auch dieses Industriesegment zu kriseln beginnen. Die Abschwächung des weltweiten verarbeitenden Gewerbes ist ein deutliches Zeichen für die sinkende Nachfrage nach Industriegütern, der sich auch die ungarische Wirtschaft nicht entziehen kann.
Es bleibt allerdings die Hoffnung, dass ein Sinken der Inflationsrate und die Erholung der Kaufkraft in Ungarn möglicherweise schon im September den heimischen Industriesektoren positive Impulse verleihen könnte, welche die Probleme der Industrieexporte ausgleichen könnten. Für das Gesamtjahr rechnet ING jedoch weiterhin mit einer negativen Entwicklung der gesamten Industrieproduktion, also mit einem Unterschreiten des Produktionsniveaus von 2022. Dies bedeutet auch, dass die Landwirtschaft der einzige Retter des Wirtschaftswachstums bleiben könnte, da die besser als erwartet ausgefallenen Einzelhandelsumsätze noch längst nicht bedeuten, dass Ungarn sich an der Schwelle zu einer nachhaltigen Trendwende befindet.
Die Leistung des Einzelhandelssektors im Juni war eine ziemlich starke positive Überraschung, welche die negativen Zahlen aus der Industrie ausglich. Nicht nur der Jahresindex verbesserte sich gegenüber dem Vormonat, sondern die Einzelhandelsumsätze stiegen auch auf Monatsbasis. Im Vergleich zum Vormonat zog das Verkaufsvolumen um 0,7% an, während sich der Index im Jahresvergleich auf -8,3% erholte. Die Verbesserung um 4 Prozentpunkte spiegelt auch die niedrige Basis des letzten Jahres wider.
Ein genauerer Blick offenbart die Quelle der Überraschung. Einerseits stiegen die Umsätze im Lebensmitteleinzelhandel auf Monatsbasis erneut um 0,3%, was nicht außergewöhnlich ist, aber es ist sicherlich positiv, dass die Expansion nun schon seit drei Monaten anhält. Andererseits war die Entwicklung bei den Umsätzen mit Nicht-Lebensmitteln außergewöhnlich stark. Der monatliche Anstieg von 2,5% ist ein klarer Ausreißer: Das letzte Mal, dass dieses Segment einen höheren monatlichen Zuwachs verzeichnete, war im Februar 2022.
Aufgeschlüsselt nach Teilsektoren gab es deutliche Zuwächse bei den Verkäufen von Fertigwaren, Möbeln und Elektroartikeln, aber auch bei den Verkäufen von Gebrauchtwaren wurde ein starkes Plus verzeichnet. Die größte Frage ist, ob dies der Beginn einer Trendwende oder nur eine einmonatige Schwankung ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es sehr schwer zu sagen, aber in den letzten drei Jahren gab es im Juni zweimal ein überraschend starkes Ergebnis im Non-Food-Einzelhandel. Dies deutet auf eine Art sich abzeichnende Saisonalität hin. Dass es um die Kaufkraft der Haushalte noch nicht zum Besten bestellt ist, zeigt der anhaltende Rückgang der Kraftstoffverkäufe, die im Monatsvergleich um 1,1% zurückgingen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Kraftstoffpreise bereits im Juni deutlich gestiegen waren, so dass der Rückgang der Verkaufsmenge hier weniger überraschend ist.
Positiv zu vermerken ist jedoch, dass die Einzelhandelsumsätze ohne Kraftstoffe im Juni auf Monatsbasis gestiegen sind, nachdem sie acht Monate lang rückläufig waren. Mit Blick auf die Zukunft ist nicht zu erwarten, dass sich die positive Entwicklung vom Juni kurzfristig wiederholen wird. Allerdings könnte sich eine langsame Trendwende bei den Einzelhandelsumsätzen einstellen, da sich die Inflation abschwächt und die Kaufkraft voraussichtlich ab September wieder steigen wird. Dies dürfte jedoch nicht ausreichen, um das Gesamtjahr zu retten, so dass ING mit einem deutlichen Rückgang der Ergebnisse rechnet.