WARSCHAU (Mirko Kaupat)–Der Ausgang der Parlamentswahlen in Polen ist einen Tag vor dem offiziellen Ende der Kampagne noch völlig offen. Sowohl die regierende PiS von Parteichef und Ex-Premier Jarosław Kaczyński sowie dem amtierenden Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki als auch die Opposition mit Donald Tusk haben Chancen, die nächste Regierung zu bilden. Tusk war von 2007 bis 2014 ebenfalls Ministerpräsident Polens, bevor er gleich anschließend bis 2019 als Präsident des Europäischen Rates eine der wichtigsten Funktionen in der EU innehatte. Nun kehrte er als Anführer der zentralistisch-progressiven, so genannten Bürgerkoalition, in die polnische Innenpolitik zurück, um der PiS nach nunmehr acht Jahren die Macht zu entreißen und in Polen wieder freiheitliche, demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien zu festigen. Nach allgemeiner Einschätzung internationaler und einheimischer Beobachter hat die PiS in ihrer Regierungszeit unermüdlich daran gearbeitet, offiziell unabhängige Institutionen wie das öffentlich-rechtliche Fernsehen sowie weitere Medien, Gerichte, Staatsanwaltschaften, Polizei und Unternehmen mit staatlichem Anteil so weit wie möglich unter ihre Kontrolle zu bringen. Privatisierungen wurden zurückgefahren, mehr „strategisch wichtige“ Konzerne verstaatlicht, Städte, Gemeinden und Landkreise zugunsten der Zentralregierung entmachtet und belastet. Das Verhältnis zur EU ist angespannt – Brüssel hält immer noch Dutzende Milliarden Euro an Strukturhilfen zurück, weil es die Rechtsstaatlichkeit in Polen durch die Justizreformen stark gefährdet sieht. Deutschland diente während des Wahlkampfs als altes und neues Feindbild, einer der schwersten polemischen Vorwürfe der PiS gegenüber Tusk bestand darin, dass dieser für deutsche statt für polnische Interessen stehe und während seiner Regierungszeit in Berlin und Moskau lieb Kind gemacht habe, anstatt für sein Heimatland zu kämpfen. Die neuesten Umfragen sehen einen knappen Wahlausgang voraus. Die PiS wird wohl stärkste Partei bleiben, was ihr nach dem geltenden Wahlrecht (d´Hondt) einige zusätzliche Sitze im Parlament bescheren würde. Derzeit schwanken ihre Werte um die 35-Prozent-Marke, während Tusks Bürgerplattform mit knapp 30 Prozent rechnen kann. Einen starken Wahlkampf machte der als Medienpersönlichkeit bekannte Journalist Szymon Hołownia, der für ein weltoffenes Polen, eine mittelfristige Euro-Einführung und wie ein großer Teil der Opposition für eine Trennung von Staat und Kirche eintritt. Er tritt im Verbund mit der in der politischen Mitte verorteten Bauernpartei PSL an und kann mit 10-15 Prozent rechnen, während auch die Linke – ein Bündnis mehrerer Linksgruppierungen – auf bis zu 10 Prozent kommen könnte. Die rechtsnationale Partei Konfederacja liegt aktuell bei unter 10 Prozent. Sollten sich diese Zahlen bestätigen, könnten KO, Hołownia und die Linke theoretisch eine Mitte-Links-Regierung bilden.
OID+: Historische Wahl kann in beide Richtungen gehen
WARSCHAU (Mirko Kaupat)–Der Ausgang der Parlamentswahlen in Polen ist einen Tag vor dem offiziellen Ende der Kampagne noch völlig offen. Sowohl die regierende PiS von Parteichef und Ex-Premier Jarosław Kaczyński sowie dem amtierenden Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki als auch die Opposition mit Donald Tusk haben Chancen, die nächste Regierung zu bilden.
Tusk war von 2007 bis 2014 ebenfalls Ministerpräsident Polens, bevor er gleich anschließend bis 2019 als Präsident des Europäischen Rates eine der wichtigsten Funktionen in der EU innehatte. Nun kehrte er als Anführer der zentralistisch-progressiven, so genannten Bürgerkoalition, in die polnische Innenpolitik zurück, um der PiS nach nunmehr acht Jahren die Macht zu entreißen und in Polen wieder freiheitliche, demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien zu festigen. Nach allgemeiner Einschätzung internationaler und einheimischer Beobachter hat die PiS in ihrer Regierungszeit unermüdlich daran gearbeitet, offiziell unabhängige Institutionen wie das öffentlich-rechtliche Fernsehen sowie weitere Medien, Gerichte, Staatsanwaltschaften, Polizei und Unternehmen mit staatlichem Anteil so weit wie möglich unter ihre Kontrolle zu bringen. Privatisierungen wurden zurückgefahren, mehr „strategisch wichtige“ Konzerne verstaatlicht, Städte, Gemeinden und Landkreise zugunsten der Zentralregierung entmachtet und belastet. Das Verhältnis zur EU ist angespannt – Brüssel hält immer noch Dutzende Milliarden Euro an Strukturhilfen zurück, weil es die Rechtsstaatlichkeit in Polen durch die Justizreformen stark gefährdet sieht.
Deutschland diente während des Wahlkampfs als altes und neues Feindbild, einer der schwersten polemischen Vorwürfe der PiS gegenüber Tusk bestand darin, dass dieser für deutsche statt für polnische Interessen stehe und während seiner Regierungszeit in Berlin und Moskau lieb Kind gemacht habe, anstatt für sein Heimatland zu kämpfen.
Die neuesten Umfragen sehen einen knappen Wahlausgang voraus. Die PiS wird wohl stärkste Partei bleiben, was ihr nach dem geltenden Wahlrecht (d´Hondt) einige zusätzliche Sitze im Parlament bescheren würde. Derzeit schwanken ihre Werte um die 35-Prozent-Marke, während Tusks Bürgerplattform mit knapp 30 Prozent rechnen kann. Einen starken Wahlkampf machte der als Medienpersönlichkeit bekannte Journalist Szymon Hołownia, der für ein weltoffenes Polen, eine mittelfristige Euro-Einführung und wie ein großer Teil der Opposition für eine Trennung von Staat und Kirche eintritt. Er tritt im Verbund mit der in der politischen Mitte verorteten Bauernpartei PSL an und kann mit 10-15 Prozent rechnen, während auch die Linke – ein Bündnis mehrerer Linksgruppierungen – auf bis zu 10 Prozent kommen könnte. Die rechtsnationale Partei Konfederacja liegt aktuell bei unter 10 Prozent. Sollten sich diese Zahlen bestätigen, könnten KO, Hołownia und die Linke theoretisch eine Mitte-Links-Regierung bilden.